Prenzlauer Berg ist um ein spannendes Frühstückslokal reicher: „The Breakfast Story“ bietet von früh bis abends die erste Mahlzeit des Tages. Dabei lassen sich auch neue kulinarische Entdeckungen machen.
Baked Beans mit Würstchen, Speck, gebratenen Tomaten und einer Scheibe Toastbrot? Eine Schale Reise mit geräuchertem Fisch? Oder einfach nur ein Croissant zum Kaffee? Die Frühstücksgewohnheiten rund um den Globus unterscheiden sich so wie die diversen Sprachen der Länder. Ganz gleich, ob Frühaufsteher oder Spätstarter, ob üppig oder einfach: Die erste Mahlzeit am Tag bestimmt, wie man den Tag angeht. Selbst wenn das eine oder andere Frühstück eigentlich eher ein Lunch oder ein Spätstück sein sollte. Diesen unterschiedlichen Rhythmen wird „The Breakfast Story“ in Prenzlauer Berg gerecht. In dem im Spätsommer neu eröffneten Café kann von morgens 8 Uhr bis abends um 18 Uhr gefrühstückt werden.
Das neue Lokal ist an der Sredzkistraße 26 gegenüber der Kulturbrauerei gelegen. Viele Jahre residierte dort noch das „Savannah“. Das eritreisch-äthiopische Restaurant fiel auf im gentrifizierten Kollwitz-Kiez. Seine Fassade im Zebramuster konnte niemand übersehen. „The Breakfast Story“ erzählt indes eine andere Geschichte. Frisch getünchtes, zurückhaltendes Cremeweiß dominiert jetzt die Häuserfassade, und die grüne Markise über den Außenplätzen versprüht frischen Kaffeehaus-Charme. Mit einladender Unaufdringlichkeit begegnet mir auch das puristische Ambiente, als ich das neue Café betrete. An den beiden kürzeren Wandseiten lugt jeweils ein großes, kunstvoll herausgearbeitetes Stück Natursteinmauer hervor. Die beiden anderen Wände sind in zartem Lindgrün gepinselt — in farblicher Harmonie zu den smaragdgrün bezogenen Stühlen und Bänken.
Einladende Unaufdringlichkeit
„Wir haben fast alles selbst renoviert, die Bänke selbst gepolstert, den Mikrozementboden gelegt“, erzählen mir der Gründer David Monnie und seine Geschäftspartnerin Nancy Kolodzik im Gespräch. Harmonie verbreiten auch die dezente Beleuchtung und die Töne, die aus den Lautsprecherboxen kommen. Die Musik im Jazz- und Bossa-Nova-Stil macht gute Laune und hat dabei genau die richtige Lautstärke: noch gut hörbar, aber nicht dominant und so austariert, dass man sich ungestört unterhalten kann.
David Monnie ist gebürtiger Berliner und sollte nach seinem Abitur an der renommierten amerikanischen John-F.-Kennedy-Schule eigentlich studieren. Das war zumindest der Wunsch seiner bildungsaffinen Familie. Doch David Monnie hatte seinen eigenen Kopf. „Ich mag Herausforderungen“, sagt der Entrepreneur, der seit Jahren auch passionierter Marathonläufer ist. So vermittelte ihm damals eine ehemalige Schulfreundin seinen ersten Job in der Gastronomie: als Tellerwäscher bei „TGI Friday’s“. Er arbeitete sich hoch, ging für eine Zeit lang ins Ausland und arbeitete als Food and Beverage Trainer für die Luxus-Hotelgruppe „Constance“ auf Mauritius. Zurück in Deutschland war er Bar-Chef in der „Julep’s New York Bar“ in der „Bar am Lützowplatz“ und später im „Hecht Club“ im Prater Garten.
Mitte der 2015er-Jahre eröffnete David Monnie erste eigene Lokale wie einen gehobenen Burger-Laden nebst angrenzender Eisdiele. Im Jahr 2016 hob er mit dem Küchenchef Christopher Kümper das „Schwein“ aus der Taufe. Das Charlottenburger Lokal war eine Wein-Bar, gepaart mit Fine-Dining-Küche – allerdings nicht, wie der Name vermuten lässt, mit dem Fokus auf Schweinefleisch. „In dem Wort Schwein steckt Wein drin, aber dieses Wortspiel haben viele nicht verstanden“, erinnert sich der Gastronom im Gespräch mit mir.
Einladende Unaufdringlichkeit
Solche verbalen Schnitzeljagden gibt es bei seinem Neuzugang in Prenzlauer Berg nun nicht mehr: Dank des Stichwortes „Breakfast“ wissen die Gäste sofort, in welche Richtung sie die kulinarische Fährte führt. Die Basics der englischen Sprache dürften für die vielen Zugezogenen in Prenzlauer Berg zumindest kein Problem darstellen. Gleichzeitig soll die Namensgebung auch Raum für eigene Geschichten lassen: „Jeder soll seine ganz eigene Breakfast-Story erleben“, findet Nancy Kolodzik.
Um den individuellen Bedürfnissen der Gäste gerecht zu werden, eignen sich nicht nur die großzügigen Öffnungszeiten des Frühstücks-Cafés. Auch die breite Auswahl an pflanzlichen Milchsorten sollte dem anspruchsvollen Publikum des Kiezes gerecht werden. Während man in vielen anderen Cafés der Gegend nur noch die Wahl zwischen Kuh- oder Hafermilch hat, gibt es an der Sredzkistraße 26 mehr Varianten: Je nach Vorliebe können die Gäste den Kaffee auch mit Sojamilch, Mandelmilch oder Kokosmilch genießen. Oder eben schwarz. Das entspricht ganz meinem Gusto, und zufrieden schlürfe ich an einem Latte Macchiato mit feinen Mandelaromen. Wer es weniger koffeiniert mag, kann in „The Breakfast Story“ seinen Tag auch bei einem Matcha oder einem Chai Latte beginnen. Oder bei einer heißen Schokolade. Möglicherweise ist das die beste Wahl, um die Stimmung gegen das Berliner Novembergrau, den ungemütlichen Schneeregen und die sibirisch anmutenden Temperaturen zu wappnen.
Bei meinem ersten Besuch war es noch nicht so fröstelnd und ich gönnte mir mit dem „Detox Me“ aus Sellerie, Apfel, Orange und Zitrone etwas Kaltes zum Trinken. Mein Gastgeber versichert mir, dass sämtliche Saftkreationen erst bei der Bestellung zubereitet werden. Mein Gaumen versteht die Mission des frisch Gepressten sofort und ich überlege wieder einmal, mein nächstes Honorar in einen Hochleistungsentsafter zu investieren. Es schmeckt einfach zu gut. Bis dahin kann ich ja noch hier einkehren, solange das Geld reicht. Schließlich hat David Monnie auch noch ein paar andere Sorten der schmackhaften Gesundheits-Booster in seinem Repertoire. Der „Green Blossom“ etwa überzeugt durch eine ausgewogene Kombination aus Apfel, Birne und Limette. „A Carrot“ hingegen besteht nicht nur aus Möhre, sondern entfacht seinen Twist durch die Beigabe von Apfel und Weintrauben.
Dass Qualität hier groß geschrieben wird, erfahre ich auch beim eigentlichen Schlemmen. Die Karte verspricht Süßes und Herzhaftes. Dabei ist sie entspannend übersichtlich. Mein Gastgeber empfiehlt mir, eine der Croast-Varianten zu kosten. Das gepresste und dann in der Pfanne geröstete Croissant kannte ich tatsächlich noch nicht. David Monnie hat die Idee von einem Besuch in London mitgebracht. Ich wähle ein Croast mit Burrata und Parmaschinken. Und ja: Es ist Liebe auf den ersten Biss! Der besondere Twist aus salzig und süß ist ebenso überzeugend wie die Melange der unterschiedlichen Texturen aus cremigem Käse und knusprigen, in Honig angebratenem Croissant.
Süßschnäbel kommen voll auf ihre Kosten
Äußerst raffiniert ist auch das vegetarische „Brrravo Peach“: Das getoastete Brot betört meine Geschmacksnerven durch seine Topping-Komposition aus Avocado, Burrata und flambiertem Pfirsich. Selten hat eine Aromenkomposition aus süß, säuerlich und salzig so gut geschmeckt. Wer mag, kann auch noch einige weitere Frühstücksvarianten schlemmen: mal mit pochierten Eiern, mal mit Lachs oder ganz und gar vegan.
Süßschnäbel kommen bei den glutenfreien und dabei überaus leckeren Kuchen wie New York Cheesecake und Carrot Cake auf ihre Kosten. Oder sie wählen ein Müsli wie meine Freundin aus dem Rheinland, die ich für meinen zweiten Besuch gleich hierher lotse. Sie ist überaus glücklich mit ihrer Wahl der veganen „Banana Break Overnight Oats“. Der kulinarische Dekonstruktivismus aus Bananenbrot und Haferflocken-Müsli ist dem Team David Monnie und Nancy Kolodzik absolut gelungen. Auch, wenn die Frühstückskarte übersichtlich ist, habe ich längst noch nicht alles probiert. Es wird Zeit für einen weiteren Besuch in Prenzlauer Berg.