Die EU verhängt Strafen gegen Meta, die US-Regierung will Google aufspalten. Für die mächtigen Tech-Konzerne, die als Monopolisten nahezu unangreifbar scheinen, sind dies ungewöhnliche Widerstände. Die kommende Trump-Administration aber will vor allem eines: deregulieren.
Es sind derzeit ungemütliche Zeiten für die US-Tech-Giganten. Die EU-Kommission verhängte jüngst gegen den Facebook-Mutterkonzern Meta eine Strafe von 797,72 Millionen Euro. Denn: „Meta hat seinen Online-Kleinanzeigendienst Facebook Marketplace mit seinem persönlichen sozialen Netzwerk Facebook verknüpft und anderen Anbietern von Online-Kleinanzeigendiensten unfaire Handelsbedingungen auferlegt“, kritisierte die zuständige Kommissarin Margrethe Vestager in einer Mitteilung. Meta habe seinem eigenen Dienst Facebook Marketplace Vorteile verschaffen wollen, die andere Anbieter von Online-Kleinanzeigendiensten nicht ausgleichen könnten. Der Marketplace ist ein Online-Marktplatz für die Nutzer von Facebook, Wettbewerber sind etwa die US-Firma Ebay oder kleinanzeigen.de, das seit 2021 dem norwegischen Adevinta-Konzern gehört. Die EU-Kommission kritisiert, dass durch die Verknüpfung des Online-Kleinanzeigendienstes Facebook Marketplace mit dem sozialen Netzwerk Facebook alle Facebook-Nutzer automatisch Zugang zum Marketplace hätten und dies – ob sie es wünschten oder nicht – auch regelmäßig angezeigt werde. Wettbewerber von Facebook Marketplace würden auf diese Weise vom Markt ausgeschlossen.
Fast 800 Millionen Euro Strafe
Meta teilte mit, die Realität sei, dass „die Menschen Facebook Marketplace nutzen, weil sie es wollen, nicht weil sie es müssen“. Die Kommission habe keine Beweise gefunden, dass Verbraucherinnen und Verbraucher geschädigt worden seien. Der Konzern will gegen die Entscheidung vorgehen. Nach Angaben der Kommission wurde bei der Höhe der Geldbuße berücksichtigt, wie lange und wie schwer Meta gegen EU-Recht verstoßen habe. „Die Kommission hat auch den Gesamtumsatz von Meta berücksichtigt, um eine ausreichende Abschreckungswirkung auf ein Unternehmen zu erzielen, das über so große Ressourcen wie Meta verfügt.“ Schon 2023 musste Meta aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes die Nutzungsbedingungen von Instagram ändern. Nutzer können sich zwischen einem kostenpflichtigen, aber werbefreien Account und einem Account mit Werbung, darunter auch personalisierte Werbung, entscheiden. Für letzteren „zahlen“ die User dann mit ihren Daten.
Meta ist nicht der erste amerikanische Tech-Konzern, den die EU-Wettbewerbshüter unter die Lupe nehmen. Im März hatte die EU-Kommission bereits eine Wettbewerbsstrafe von 1,8 Milliarden Euro gegen den Tech-Giganten Apple verhängt. Dem US-Unternehmen wurde vorgeworfen, seine marktbeherrschende Stellung für den Vertrieb von Musik-Streaming-Apps an iPhone- und iPad-Nutzer über seinen App Store zu missbrauchen. Auch gegen Google sind Bußgelder in Milliardenhöhe verhängt worden.
Zentraler Punkt: der Vertrag über die Arbeitsweise der EU, der zu den Gründungsverträgen der Union gehört. Freier und fairer Wettbewerb ohne Monopolisierung spielt in darin eine große Rolle. Eine marktbeherrschende Stellung sei nach dem EU-Kartellrecht nicht grundsätzlich verboten, heißt es seitens der Kommission. Allerdings trügen marktbeherrschende Unternehmen „eine besondere Verantwortung, denn sie dürfen ihre starke Marktstellung nicht missbrauchen, indem sie den Wettbewerb auf dem beherrschten Markt oder auf anderen Märkten einschränken“. Die sanktionierten US-Konzerne gelten auf ihren Gebieten als Quasi-Monopolisten, die international nur wenige Gegner fürchten müssen: Meta bei sozialen Medien über seine Plattformen Facebook und Instagram, Apple über die Plattform iTunes beim Musikstreaming, Google in Sachen Suchmaschinenplattform und beim Bewegtbild über seine Plattform Youtube.
Milliardenstrafe gegen Apple
In den USA hat die erste Trump-Regierung wegen ihrer damaligen harten Kritik an den US-Tech-Plattformen einen ähnlichen Wettbewerbsprozess gegen Google angestrengt. Das Justizministerium unter Präsident Joe Biden führte die Klage weiter. Laut Berichten des US-Wirtschaftsnachrichtendienstes Bloomberg will das Ministerium nun vorschlagen, dass sich Googles Mutterkonzern Alphabet von seinem Browser Chrome trennt – eine geradezu historische Entscheidung der US-Justiz, die, anders als die EU-Regulatoren, keine Geldstrafen als Hebel verwendet, sondern in die Konzernstruktur und seine Arbeitsweise direkt eingreift.
Der Richter hatte in dem Verfahren bereits im August geurteilt, dass Google ein Monopol bei der Internet-Suche habe und es mit unlauteren Mitteln gegen Konkurrenz verteidige. Jetzt geht es um die Konsequenzen. Das Justizministerium wolle unter anderem auch fordern, dass Google verpflichtet wird, Konkurrenten Zugang zu einigen Daten zu gewähren und es Betreibern von Websites zu erleichtern, der Verwendung ihrer Informationen zum Training Künstlicher Intelligenz zu widersprechen. Eine Entscheidung des Richters über die Maßnahmen steht erst im kommenden Jahr an.
Chrome ist der meistgenutzte Browser zum Surfen im Web mit einem Marktanteil von rund 60 Prozent in den USA und etwa zwei Dritteln weltweit. Ein Argument der Wettbewerbshüter könnte dem Bericht zufolge sein, dass über Chrome viele Nutzer auf Googles Suchmaschine kämen. Wer darüber etwas sucht, landet häufig bei anderen Google-Plattformen und -Produkten, die bevorzugt angezeigt werden und dadurch Wettbewerber benachteiligen.
Der Google-Fall ist nur einer von mehreren Prozessen in den USA gegen die Tech-Giganten, unter anderem vonseiten der US-Wettbewerbsaufsicht Federal Trade Commission (FTC) gegen Apple und Amazon. Gemeinsam mit der Kartellabteilung des Justizministeriums hatte die FTC seit Amtsübernahme der Biden-Administration Dutzende von Deals blockiert, weil sie befürchtete, dass eine stärkere Konsolidierung den Wettbewerb untergräbt und es Unternehmen erleichtert, Preise in die Höhe zu treiben und Arbeiter auszubeuten.
Ob die neue Administration und eine neue FTC-Leitung ähnlich hart regulieren werden, darf bezweifelt werden. Vivek Ramaswamy und Elon Musk, die als externe Berater Vorschläge für einen schlankeren US-Staat ausarbeiten sollen, haben in einem gemeinsamen Statement mehr Deregulierung angekündigt. In einem Tweet auf seiner Plattform X hat Elon Musk Lina Khan, der leitenden Behördenchefin der Federal Trade Commission, bereits den Rauswurf angedroht– die Behörde ermittelt unter anderem gegen die Plattform X. Auch die Absicht der EU, gegen die nahezu schrankenlose Hassrede auf der Plattform vorzugehen, könnte künftig aus den USA torpediert werden. Der kommende Vizepräsident J. D. Vance deutete an, die USA könnten aus der Nato aussteigen, sollte die EU künftig weiterhin X regulieren wollen.