Hertha 03 trotzt in seiner ersten Regionalliga-Saison frühen Rückschlägen und sichert sich mit starkem Schlussspurt den Klassenerhalt. Ein Kraftakt mit Höhen, Tiefen und einem Trainer, der die Nerven behielt.

Ob Robert Schröder wirklich in der Stunde der Wahrheit seiner Routine des fußballfreien Tages nachgegangen ist, war nicht zu klären. „Ich werde erst mit meiner Frau zusammen eine Tasse Kaffee trinken und danach zum Sport ins Studio gehen“, hatte der Trainer des FC Hertha 03 entwaffnend Anfang Mai nach dem 5:1-Sieg gegen Viktoria Berlin erklärt. Die drei Punkte und das aufgebesserte Torverhältnis hatten den Neuling in der Regionalliga Nordost zwei Spieltage vor Schluss jedenfalls in die Lage versetzt, einen Tag später den Klassenerhalt „auf dem Sofa“ erleben zu können – wenn Konkurrent FSV Luckenwalde die Partie in Erfurt verlieren sollte.
Klassenerhalt „auf dem Sofa“ erlebt
Doch der A-Lizenz-Inhaber traf den Nagel auch mit seiner Prognose auf den Kopf: „Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn wir das jetzt nicht schaffen – ob nun morgen, nächste oder übernächste Woche.“ Das Warten sollte dann aber bereits 18 Stunden später de facto vorüber sein nach der Niederlage der Luckenwalder – und für die größten Skeptiker gab es einen Tag später Entwarnung, als der ohnehin praktisch schon gerettete Drittligist Erzgebirge Aue seinerseits den Klassenerhalt sicherte. Denn ein Absteiger aus dem Bereich des Nordostdeutschen Fußball-Verbands hätte bedeutet, dass auch der drittletzte Platz in der Regionalliga noch keine absolute Sicherheit gegeben hätte.
Dabei wird es bei Hertha 03 wohl allen gleichgültig gewesen sein, dass man das große Ziel letztlich nur als Zuschauer erleben durfte – denn der Schlauch einer Saison mit bis dahin 32 Spielen hatte gehörig Tribut gefordert. Doch der FC Hertha 03 bewies nach einem Traumstart (13 Punkte nach sieben Spielen, Platz drei) in die neue Spielklasse und einer folgenden, langen Durststrecke (vier Punkte aus 13 Partien, Platz 15) Comebackqualitäten, die letztlich den Ausschlag für den Klassenerhalt gaben.
Mit viel Euphorie war der Verein aus dem Berliner Südwesten dabei in das Abenteuer Regionalliga Nordost gestartet, auch wenn man nicht im heimischen Ernst-Reuter-Sportfeld spielen durfte, sondern wegen fehlender Rahmenbedingungen dort ins Stadion Lichterfelde umziehen musste. Doch die ersten drei „Heimspiele“ an fremder Stätte konnte der wackere Neuling alle für sich entscheiden – der zu Beginn noch recht unkonventionelle, offensive Stil sollte aber auch zu einer 2:6-Pleite in Jena führen.
Durch die sahen sich wiederum die Experten bestätigt, die die „Halbtagsprofis“ aus Berlin bald im Tabellenkeller erwarteten, um dort den Anschluss zum Rest zu halten. „Zu Beginn der Saison hatten wir totale Euphorie, sind super in der Liga angekommen, hatten da aber auch in einigen Situationen etwas mehr Glück als im weiteren Verlauf“, erklärte Schröder dazu rückblickend in einem Interview mit dem Internetblog „Fußballamateur-Berichterstattung“.
Ab Mitte September kam es dann zu einer sich stetig ausweitenden Ergebniskrise, die auch mit der sehr kurzen Pause nach dem Aufstieg im Sommer 2024 zusammenhing – die Spieler stießen körperlich an ihre Grenzen und mussten dazu psychologisch den Abwärtstrend verkraften. Hier war der Pädagoge Schröder gefordert – der 36-Jährige ist von Beruf Lehrer und ging dieser Tätigkeit ebenfalls weiterhin nach –, und er brachte sein Team dazu, nicht in Hoffnungslosigkeit zu verfallen.
Doch in der Winterpause kam weiteres Ungemach dazu, denn einige Spieler orientierten sich anders: Mit Serhat Polat (neun Tore, zum Halleschen FC) und Abdulkadir Beyazit (fünf Tore, zur VSG Altglienicke) folgten etwa auch die beiden besten Schützen des ersten Halbjahrs dem Lockruf der Konkurrenz. So wurden einige neue Spieler vor allem für die Offensive geholt, von denen sich besonders einer noch als absoluter Volltreffer erweisen sollte: Bocar Baró, 26-jähriger Portugiese, den die Zehlendorfer beim VfB Germania Halberstadt (NOFV-Oberliga Süd) ausfindig gemacht hatten.
Denn auch wenn die Negativserie im neuen Jahr zunächst auf 13 Partien ohne Sieg ausgebaut wurde, kam beim 4:1-Sieg im „Sechs-Punkte-Spiel“ gegen Luckenwalde die Wende. In insgesamt elf Spielen konnte man dabei 15 Zähler einfahren und schwamm sich in der Gefahrenzone wieder frei. So entschied man das Spiel beim Tabellenletzten VFC Plauen für sich, nahm gegen Greifswald, Jena sowie Erfurt auch mal einen unverhofften Punkt mit und verblüffte mit Heimsiegen gegen Chemnitz und den Ligaprimus Lok Leipzig.
Schröder hört nach zehn Jahren auf

Bocar Baró (Vertrag bis 2026) avancierte dabei mit elf Treffern in 13 Einsätzen zur „Lebensversicherung“ des FC Hertha 03. Dazu entschied sich Robert Schröder im Winter zu einer Änderung des taktischen Ansatzes: „Auf Grundlage der Erfahrungen der Hinrunde haben wir den Spielstil mehr auf Regionalliga-Fußball angepasst – heißt: mehr Fokus auf defensive Struktur und Umschaltmomente.“ Das sei, „verbunden mit der unermüdlichen Bereitschaft der Spieler, ausschlaggebend für die Trendwende“ gewesen.
Selbst Schröders in der Phase der nahenden Rettung öffentlich gemachter Entschluss, kommende Saison nach zehn Jahren als Spieler und Trainer in Zehlendorf aufzuhören, konnte das Team nicht mehr aus der Bahn werfen. Nun gilt es, die Weichen für 2025/26 zu stellen: Mit Steffen Israel (39, aktuell FC Carl Zeiss Jena U17) wurde bereits ein Nachfolger für Trainer Schröder vorgestellt, dazu der Vertrag mit Sven Reimann (31) verlängert. Der Routinier kam 2023 als Führungsfigur zu Hertha 03 und erfüllte die Erwartungen angesichts der gelungenen Missionen „Regionalligaaufstieg“ und nun „Klassenerhalt“ voll und ganz.
Neben dem jungen Torwart Jasper Kühn (zum FSV Zwickau) dürften sich auch die im Sommer ablösefreien Gabriel Figurski Vieira (Typ „torgefährlicher Achter“) und Louis Wagner (rechte Außenbahn) interessant für neue Ziele gemacht haben. Der Vertrag des zuletzt treffsicheren Jonas Hartl läuft ebenfalls zum 30. Juni aus – der allerdings gehört zu der nicht gerade kleinen Gruppe von Eigengewächsen im Kader, die man sich anderswo als in Zehlendorf kaum vorstellen kann.
(Ex-)Trainer Robert Schröder jedoch könnte seinen Rückzug für den nächsten Karriereschritt nutzen: Die bisherigen Statements zu seiner Zukunft mit dem Tenor „Warten wir erst mal ab, was nach Saisonende passiert“ lassen jedenfalls vermuten, dass er schon 2025/26 wieder bei Hertha 03 auf der Bank Platz nehmen könnte – diesmal allerdings nur einmalig auf der, die für den Gastverein bestimmt ist.