Gegen Schlusslicht Havelse erkämpft sich der FCS ein 2:2. Die spielerische Darbietung lässt Mannschaft und Trainer mit einem seltsamen Gefühl in die Winterpause gehen.
20 Spiele, 34 Punkte und einen Platz besser als der große Rivale 1. FC Kaiserslautern: Rein von den Zahlen her könnte der 1. FC Saarbrücken ein geruhsames Weihnachtsfest feiern. Doch das 2:2-Unentschieden gegen das abgeschlagene Schlusslicht TSV Havelse zum Rückrunden-Auftakt war ein Spiegelbild der Vorrunde. Der FCS sammelt eifrig Punkte, überzeugend spielen tut er aber nur selten. Eine missratene Freistoßvariante, die Tobias Jänicke mit einem Verlegenheitsschuss ins Tor lupfte (38.Minte) und eine scharf gewordenen Freistoßflanke von Julian Günther-Schmidt (79.) reichten für zwei Treffer. Davor und dazwischen herrschten spielerische Armut und taktische Magerkost vor. Es spricht Bände, dass die Mannschaft ihre beste Phase nach dem Ausgleich hatte und sich quasi im Minutentakt Chancen erarbeitete. Dies hing aber auch maßgeblich mit den Einwechslungen von Justin Steinkötter und Maurice Deville zusammen.
Zuvor hatte die aufgrund der Sperre Uwe Koschinats von Co-Trainer Bernd Heemsoth gecoachte Mannschaft ihr Heil wie gewohnt mit langen Bällen auf den überspielt wirkenden Adriano Grimaldi gesucht. Warum sich der Torjäger, der sich nach zehn Minuten erstmals und danach gefühlt alle weiteren zwei Minuten an die Leiste griff, 67 Minuten durschleppen musste, war ebenso diskussionswürdig wie die Nominierung von Angreifer Sebastian Jacob auf dem rechten Flügel. Zwar agierte der Saarlouiser dort besser als zuletzt der gesperrte Robin Scheu, eingespielt wirkte die Variante aber nicht. „Ich hab das eigentlich nur in meinem ersten Aktivenjahr in Kaiserslautern während ein oder zwei Testspielen gespielt, es war schon ungewohnt, aber ganz okay“, sagte der 28-Jährige. Warum der formstarke Deville wieder auf der Bank Platz nehmen musste und nicht auf seiner Lieblingsposition randurfte, steht allerdings auf einem anderen Papier.
Als fatal erwies sich die Einwechslung von Nick Galle, der nach einer halben Stunde für den verletzten Mario Müller kam und die Nerven offenkundig nicht im Griff hatte. Einem Sammelsurium an Fehlpässen und Stockfehlern setzte er beim Stand von 1:1 quasi als Krönung noch einen Einwurf direkt zum Gegner drauf. Urplötzlich führten die taktisch und spielerisch durchaus gefälligen, aber im letzten Drittel bis dato harmlosen Gäste durch einen Doppelschlag von Fynn Lakenmacher mit 2:1. „Mir fehlen die zwei besten Leute vorne. Angesichts unserer Möglichkeiten haben wir uns hier exzellent verkauft“, bilanzierte der aus Zweibrücken stammende TSV-Trainer Rüdiger Ziehl und haderte mit einer Szene in der Nachspielzeit, als der völlig indisponierte Galle TSV-Angreifer Julian Rufidis im Strafraum über den Haufen rannte, die Pfeife von Schiri Marc-Philip Eckermann aber stumm blieb. „Da hat dem jungen Mann offenbar der Mut gefehlt. Für uns ist das ganz, ganz bitter“, sagte Ziehl, gestand aber ein: „Wir hätten nach dem Ausgleich auch das dritte Tor kassieren können. Da hat der FCS richtig Druck gemacht.“ Der 44-Jährige, der mit einem Etat von wenigen hunderttausend Euro auskommen muss, hat die Schießbude der Liga halbwegs konkurrenzfähig gemacht. „Wir müssen uns in jedem Spiel sehr strecken, vor allem weil uns auch noch die Alternativen ausgehen. Aber wir verkaufen uns teuer“, sagte der Pfälzer, der sich um seine Zukunft wohl keine Sorgen machen muss. Für ihn soll es bereits jetzt mehrere Interessenten aus zweiter und dritter Liga geben. Kurioserweise verabschiedete sich das Schlusslicht mit einem besseren Gefühl in die Winterpause als das vermeintliche Spitzenteam.
„Wir sind enttäuscht, wir hatten uns mehr vorgenommen. Aber 34 Punkte sind in Ordnung. Vielleicht tut uns die Rolle des Jägers ganz gut“, sagte Günther-Schmidt. Doch der Frust, über den verpassten Sprung auf einen Aufstiegsplatz war nicht nur in der Mannschaft spürbar. Schon beim Stande von 1:1 kamen Pfiffe auf, zudem wurde der bemitleidenswerte Galle im Laufe des Spiels bei jedem Ballkontakt verhöhnt. „So was habe ich noch nie erlebt. Ich habe mich gefragt, was in einem vorgehen muss, wenn man in der Situation ist“, sagte der Ex-Saarbrücker Kianz Froese sichtlich schockiert. Die grenzwertige Reaktion des Publikums brachte auch Ersatz-Kapitän Daniel Batz in Wallung, der sich nach Schlusspfiff eine hitzige Diskusison mit dem eigenen Anhang lieferte. „Da muss ich mich vor den Spieler stellen. Man tritt nicht auf jemanden, der am Boden liegt“, sagte der Torwart. Gesprächsbedarf gibt es also genug. Schon vor dem Spiel gegen das Schlusslicht hatte Trainer Koschinat wohl eine Vorahnung. „Inhaltlich müssen wir einige Dinger besser machen, wollen wir dieselbe Ausbeute in der Rückrunde noch einmal erzielen“, sagte er während der Pressekonferenz am Freitag. Die Darbietung seiner Mannschaft einen Tag später dürfte ihn bestätigt haben.