Die 2. Bundesliga hatte auch in diesem Jahr wieder einige Überraschungen zu bieten. FORUM beleuchtet die größten Gewinner dieser Hinserie.
So eng war die zweite Liga noch nie! Ein Satz, der gefühlt mittlerweile in jeder Saison zu hören ist – doch dieses Mal stimmt diese Aussage sogar. Zwischen den Plätzen 1 und 12 liegen gerade einmal 9 Punkte Unterschied, hinter Tabllenprimus 1. FC Köln (31 Punkte) und den Karlsruher SC (29) folgen gleich vier Teams mit je 28 Punkten. Zwei Drittel der Zweitligisten gehören somit zur absoluten Spitzengruppe – nicht zuletzt auch aufgrund prägender Einzelcharaktere. Wir werfen einen Blick auf sie:
Gerhard Struber
Cheftrainer, 1. FC Köln
Ende Oktober schien der 1. FC Köln verloren, doch der Trainer hat es geschafft, mit klaren Entscheidungen die Wende herbeizuführen. In Gerhard Strubers Vertrag steht dem Vernehmen nach, dass der Trainer sich den Maßgaben der Sportlichen Leitung zu „unterwerfen“ habe, was mindestens seltsam klingt. Diese Unterwerfung führte dazu, dass der FC nach dem zehnten Spieltag auf Rang 12 stand. Mit dem Ergebnis, dass im Fall eines weiteren Auftritts mit Viererkette nicht nur der Trainer Geschichte gewesen wäre. Schon nach dem 1:5 in Darmstadt hatte Gerhard Struber hinter verschlossenen Türen das neue System einstudiert, durfte es aber offenbar gegen Paderborn noch nicht spielen lassen. Ein 1:2 später hatte der Trainer dann freie Bahn. Seitdem hat Köln acht Pflichtspiele in Serie nicht verloren, steht im Pokal-Viertelfinale. Und seit Sonntag auf einem Aufstiegsplatz. Neben den Systemfantasien hatte Struber auch die Kader-Unwucht auf der Torwartposition mit in die Saison geschleppt. Dass er dennoch die Wende geschafft hat, spricht für die Führungsstärke des Trainers: Struber ist bereit, unter höchstem Druck harte Entscheidungen zu treffen. Das zählt mehr als jeder taktische Geniestreich.
Florian Kohfeldt
Cheftrainer, SV Darmstadt 98
Der SV Darmstadt 98 scheint in einen von Florian Kohfeldt gebrauten Zaubertrank gefallen zu sein. Seit er das Team übernommen hat, gab es 9 Liga-Spiele in Serie ohne Niederlage. Nach dem Fehlstart in der 2. Bundesliga waren die Befürchtungen am Böllenfalltor groß, dass das Team sogar direkt in die 3.Liga absteigen könnte. Jetzt ist mit Trainer Florian Kohfeldt der Abstand zur Abstiegszone stark angewachsen – und der Anschluss nach oben mehr als nur hergestellt. Bei Werder Bremen früher als größte deutsche Trainerhoffnung gefeiert, schien sein Stern nach Misserfolgen in Wolfsburg und Eupen bereits verglüht. Beim SV Darmstadt 98 zeigt der mittlerweile 42-Jährige jedoch wieder, warum ihm die Herzen einst zuflogen. Kohfeldt hat seine Spielidee der hohen Intensität und dem physischen Spiel der 2. Bundesliga angepasst. Durch das richtige Zusammenarbeiten der Mannschaftsteile klappen Pressing und Umschaltspiel in Darmstadt viel besser als noch in Wolfsburg oder Eupen. Außerdem liegt ein größeres Augenmaß auf den Standardsituationen. Zurück zu den Wurzeln sozusagen. Offensichtlich genau der richtige Weg – für die „Lilien“ und ihren Coach.
Rayan Philippe
Stürmer, Eintracht Braunschweig
Anfangs hatte es Rayan Philippe bei Eintracht Braunschweig nicht leicht. Inzwischen ist der Franzose zum unersetzlichen Fixpunkt im Sturm des Zweitligisten geworden. Frisch aus Luxemburg fiel es ihm sichtlich schwer, sich an Tempo und Niveau in der 2. Bundesliga zu gewöhnen. Zwar kam Rayan Philippe im Sommer 2023 mit dem Empfehlungsschreiben von 33 Saisontoren und 28 Vorlagen zu Eintracht Braunschweig. Dass zwischen der ersten luxemburgischen Liga und Deutschlands zweithöchster Spielklasse eine große Lücke klafft, wurde aber auch ihm direkt klar. Der Durchbruch gelang ihm dann unter Daniel Scherning. Das begann in der vergangenen Saison und geht jetzt weiter. Der 24-Jährige sticht heraus, ist regelmäßig der beste Braunschweiger auf dem Platz und schier unersetzlich. Deswegen gilt auch für Scherning: Ist Philippe fit, spielt er. Neun Tore hat er in dieser Saison bereits auf dem Konto. Die Interessenten stehen so langsam Schlange. Aktuell will Philippe aber noch nicht an einen Abschied denken. Zumindest einen Winterwechsel schloss er kategorisch aus. „Das möchte ich nicht, das ist nicht mein Ziel. Ich habe hier noch einen Job zu erledigen“, sagt Philippe, dessen Vertrag im Sommer 2025 ausläuft.
Fisnik Asllani
Stürmer, SV Elversberg
Erst Ende Juli verpflichtet, schlug der 1,91 Meter große Mittelstürmer direkt ein. Mit zehn Toren ist der 22-Jährige derzeit der zweitgefährlichste Angreifer und der beste Scorer der Liga. Hatten ihn vor der Saison lediglich Experten auf dem Radar, ist Asllani derzeit in aller Munde. Asllani soll bei Borussia Mönchengladbach, Werder Bremen, dem SC Freiburg und VfB Stuttgart auf dem Zettel stehen. Bislang lief der 22-Jährige zehnmal im deutschen Oberhaus für die TSG auf, die ihn 2020 aus der U19 von Union Berlin in die zweite Mannschaft holte und anderthalb Jahre später zu den Profis beförderte. Um Spielpraxis zu sammeln, wurde Asllani in der vergangenen Saison an den FK Austria Wien und für die aktuelle nach Elversberg verliehen. In Österreich spielte er zwar regelmäßig, aber vier Tore und eine Vorlage in der Liga reichten nicht für den Durchbruch. In Elversberg gelang es ihm. Zudem empfahl er sich für die kosovarische Nationalmannschaft, bei der er im September debütierte und bis dato fünf Einsätze in der Nations League bestritt.
Kenan Karaman
Stürmer, FC Schalke 04
Trainer Kees van Wonderen adelt seinen Schlüsselspieler: „Kenan führt das Team an und zeigt seine Bedeutung mit den Toren, die er erzielt. Das erste Tor war unglaublich von ihm. Die Mannschaft braucht ihren Kapitän zum richtigen Zeitpunkt. Er geht voran.“ Karaman hat in seinen zweieinhalb Jahren auf Schalke inzwischen 69 Pflichtspiele bestritten und war an 37 Treffern (25 Tore und 12 Vorlagen) beteiligt. In dieser Saison werden seine Führungsqualitäten ebenfalls deutlich. Erst kürzlich wurde ein Video in den sozialen Medien verbreitet, dass Karaman bei seiner Kabinenansprache vorm Spiel gegen Paderborn zeigte. Zusätzlich traf er in diesem Spiel doppelt und zeigte, warum er für die Schalker so wichtig ist. Nicht nur als Torjäger, sondern als Führungsspieler und Anker in diesem unruhigen Umfeld.
Marvin Wanitzek
Top-Vorlagengeber, Karlsruher SC
Der 31 Jahre alte Dauerbrenner ist „Mr. Underrated“ der 2. Bundesliga. „Einer der Top-Spieler“ der Liga, attestierte Trainer Christian Eichner mit Blick auf seinen Schützling, der mit Teamkollege Budu Zivzivadze bis dato das Scorer-Ranking im Unterhaus anführt. Wanitzeks Leistungsdaten in der laufenden Spielzeit sind allerdings weit mehr als eine Momentaufnahme. Seit 2017 in Diensten des KSC und seit 2019 mit den Badenern in der 2. Liga unterwegs, liefert der Mittelfeldspieler beständig ab – wodurch er seinen besonderen Stellenwert innerhalb der Mannschaft längst zementierte und seit Sommer auch die Kapitänsbinde trägt. „Mein erster Blick geht immer zu ihm. Das zeigt schon, was für eine Bedeutung er für mich hat“, sagte Kollege Leon Jensen und fügte an: „Er ist für das Team absolute Leitfigur auf und neben dem Platz – ein absolut wichtiger Spieler und Anker.“
Muhammed Damar
Spielmacher, SV Elversberg
Nachdem das Leihgeschäft zu Hannover 96 mit mageren 58 Einsatzminuten weniger gut für Hoffenheims Muhammed Damar verlief, startet der 20-Jährige in der aktuellen Spielzeit bei der SV Elversberg durch. Allein aus den letzten vier Partien stehen fünf Treffer zu Buche, insgesamt war er in 15 Ligaeinsätzen an sieben Treffern der Saarländer beteiligt. Während Elversberg sich in den Spitzenkreis der 2. Bundesliga gespielt hat, weckt Damar mit seinen Leistungen offenbar Begehrlichkeiten im Oberhaus. So berichtet die „Bild“-Zeitung, dass sowohl Union Berlin, der VfL Wolfsburg als auch Borussia Mönchengladbach den offensiven Mittelfeldspieler für einen Transfer auf dem Zettel haben. Damars Vertrag beim Stammklub im Kraichgau läuft 2026 aus. Geht die Leistungskurve des 1,85 Meter großen Profis weiter so steil nach oben, könnte die TSG im kommenden Sommer Kasse mit dem Talent machen.