Daniel Sträßer spielt Adam Schürk, einen der Hauptkommissare im Saar-„Tatort“. Im Interview haben wir ihn zu seinen saarländischen Wurzeln und zur Zusammenarbeit mit seinem Kollegen Vladimir Burlakov befragt.
Herr Sträßer, wie haben Sie sich – als gebürtiger Saarländer – gefühlt, als Sie für den Saarland-„Tatort“ als Kriminalhauptkommissar Adam Schürk gecastet wurden?
Zuerst einmal bin ich aus allen Wolken gefallen, weil mich die Anfrage völlig überrascht hat. Dann habe ich mich natürlich sehr darüber gefreut. Und noch mehr gefreut, als ich mit Vladimir Burlakov zusammen gecastet werden sollte. Beim Casting mit unserem Regisseur Christian Theede merkten wir nämlich schnell, dass da eine sehr gute Energie zwischen Vladimir und mir entstand.
Sie leben schon längere Zeit in Berlin. Was haben Sie denn noch für einen Bezug zum Saarland? Haben Sie dort Familie?
Meine Familie ist auch schon vor längerer Zeit nach Berlin gezogen, aber ich habe noch einige Freunde in Saarbrücken. Allerdings sind meine Besuche in Saarbrücken mittlerweile eher beruflicher Natur. Wenn wir dort drehen, gibt es natürlich immer wieder auch Orte, an denen ich mich als Kind und Jugendlicher herumgetrieben habe … So zum Beispiel die Völklinger Hütte, die sich sehr gut als Schauplatz für den vorletzten Tatort „Die Kälte der Erde“ geeignet hat. Ich bin ja zwischen Völklingen und Saarbrücken aufgewachsen.
Und wo hängen Sie nach den Dreharbeiten am liebsten ab?
Wir drehen die meisten „Tatorte“ im Frühsommer, und da zeigt sich Saarbrücken ja von der schönsten Seite. Wir sind dann nach getaner Arbeit am liebsten im Biergarten. (lacht) Vladimir und ich haben in Saarbrücken auch ein Lieblingsrestaurant, nämlich „La Bastille“. Gerne besuchen wir auch „Tante Anna“, ein sehr schönes Café in unmittelbarer Nähe des St. Johanner Marktes.
War Ihnen die Rolle des Adam Schürk ganz und gar vorgegeben oder hatten Sie auch Einfluss auf die Gestaltung, auf den Charakter?
Es gab eine sehr detaillierte Background-Story für die beiden Hauptkommissare, die Hendrik Hölzemann, der Autor der ersten drei „Tatorte“, geschrieben hat. Er hat außerdem ganz präzise Figuren-Bibeln erstellt. Das ist für jeden Schauspieler natürlich ein totales Pfund – weil man sich daraus bedienen und die Rolle durch die eigene Interpretation gestalten kann. So wird daraus schnell eine Figur aus Fleisch und Blut. Innerhalb der vorgegeben Struktur konnte ich mir also viele Freiheiten nehmen, was mir natürlich viel Freude gemacht hat.
„Wir sind die jungen sexy Kommissare mit Talent“, hat Vladimir Burlakov mal gesagt. Wollen sie diesem Statement noch etwas hinzufügen?
(lacht) Ich glaube schon, dass wir talentierte Schauspieler sind, wie übrigens auch alle anderen um uns herum. Ob das Ganze dann sexy wirkt – das zu entscheiden überlasse ich gerne den Zuschauern.
Sie sind mit 20 von Saarbrücken nach Salzburg gegangen und dann nach Wien. War Ihnen das Saarland zu klein?
Ach, ich bin eben zum Schauspielstudium nach Salzburg gegangen und dann 2011 ans Burgtheater in Wien. Dort war ich eine Zeit lang festes Ensemblemitglied, und ich fühle mich diesem Haus nach wie vor fest verbunden. Ich kann mir auch gut vorstellen, dort wieder einmal zu gastieren. Aber mittlerweile lebe ich in Berlin, habe Familie und mache eben viel beim Film und Fernsehen.
Sie haben in relativ kurzer Zeit eine steile Karriere hingelegt. Wie haben Sie das geschafft?
Ich mag das Wort „Karriere“ eigentlich nicht so gern … Aber wenn man als Schauspieler erfolgreich sein will und zwar in verschiedenen Disziplinen, sei es beim Theater, Fernsehen oder Film, braucht es schon etwas Glück und ein gutes Timing. Es gibt viele sehr talentierte Kollegen, die niemals die Aufmerksamkeit bekommen haben, die sie eigentlich verdient hätten. Ich habe mit Sicherheit Talent und bin auch immer noch ein sehr fleißiger Mensch. Aber natürlich muss man zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. So wie ich, als ich damals auf dem Radar des Burgtheaters aufgetaucht bin, als sie dort einen neuen Romeo suchten. Ich war damals eben ein Mann in diesem Alter, bereit dafür, nach Wien zu ziehen und einen Zweijahresvertrag zu unterschreiben. Ich war eben auch präsent, als sich unser Autor Hendrik Hölzemann neue „Tatort“-Kommissare ausgedacht hat und meinte, dass ich wohl einer der beiden sein könnte. Und natürlich muss ich beim Vorsprechen meine Sache dann auch gut gemacht haben, sonst hätte ich die Rolle als Adam nicht bekommen.
Viele Schauspieler in Deutschland können von ihrer Arbeit kaum oder gar nicht leben. Sie haben trotzdem diesen sehr unsicheren Beruf gewählt. Wie kam es dazu?
Ich verspürte in mir eine große Spielfreude und eine große Neugier, was es denn eigentlich bedeutet, Schauspieler zu sein. Was hat es denn mit diesen uralten Texten von Shakespeare, Aischylos, Goethe oder Schiller so auf sich? Die sind ja wahnsinnig alt, warum werden die heute immer noch gespielt? Das hat mich wirklich beschäftigt. Und ganz ehrlich: Auch weil ich sie damals nicht richtig verstanden habe.
Dann habe ich mich auf der Schauspielschule intensiv mit diesen Texten beschäftigt und gemerkt, dass das ja Konflikte sind, die uns alle angehen. Es sind allgemeingültige Dramen, die sich vor 2.000 Jahren oder vor 500 Jahren ereignet haben und auch noch heute relevant sind. Auch beim „Tatort“ gehen die Konflikte, die wir da behandeln, doch letztlich uns alle an – auch wenn sie nicht gerade auf der Höhe eines Shakespeare- oder Tschechow-Stückes sind.
Was schätzen Sie an Vladimir Burlakov am meisten? Was nervt sie manchmal an ihm?
(lacht) Das ist tatsächlich ein und dasselbe. Ich schätze an ihm besonders seine Akribie. Er ist nicht nur ein Ermittler und Detektiv in seiner Rolle, sondern auch als Schauspieler. Jede Ungenauigkeit im Text fällt ihm extrem auf. Er hat ein irrsinniges Talent, da den Finger in die Wunde zu legen. Das ist eine große Stärke. Das kann unter Umständen aber auch eine Schwäche sein und zu dem werden, was mich dann etwas nervt. Aber das weiß er auch. Wir sind ja auch privat befreundet und ich wohne sogar in seiner Nähe. Was im großen Berlin gar nicht selbstverständlich ist.
Selbstzweifel, Selbstüberschätzung, Narzissmus – was ist der größte Feind für einen guten Schauspieler?
Selbstzweifel sind kein Hindernis für einen guten Schauspieler, sondern das tägliche Brot. Es ist ein trockenes Brot, aber je länger man kaut, desto weicher wird es. Jeder, der sich intensiv mit sich selbst beschäftigt, muss sich doch auch hinterfragen, sollte seine eigenen Fähigkeiten testen und selbstkritisch sein. Und dazu gehören eben auch Zweifel an einem selbst. Narzissmus hingegen ist gefährlich, aber nicht nur für Schauspieler sondern für jeden Menschen. Eine übersteigerte Selbstliebe ist auf jeden Fall viel gefährlicher als Selbstzweifel.
Und was sind die besten Qualitäten eines Schauspielers?
Ein Schauspieler braucht natürlich eine gewisse Präsenz. Die Selbstzweifel muss man dann schon überwinden, um strahlen zu können. Mut gehört sicher auch dazu. Mut, auch Fehler zu machen und falsch zu liegen. Mut, auch eine Rolle mal gegen den Strich zu bürsten, damit dann vielleicht etwas Neues entsteht. Ich will ja nicht nur die Worte aufsagen, die man mir in den Mund gelegt hat.
Haben Sie einen Lieblingsschauspieler, der Sie bei Ihrem Werdegang beeinflusst hat?
Natürlich habe ich Schauspieler und Schauspielerinnen, die ich immer wieder sehr gerne sehe. Was mich aber fasziniert, was ich wirklich liebe, sind Verwandler. Weil ich mich auch selber als solchen sehe. Es gibt Typen, die sind so cool, die sind immer nur sie selber. Das finde ich großartig. Da fällt mir Moritz Bleibtreu ein. Der ist irgendwie immer er selbst, aber dem schaut man auch immer gerne zu. Oder Josef Bierbichler. Das sind Typen, die sind wie gespuckt. Die sind fantastisch. So cool werde ich niemals sein. Aber ich glaube, meine große Stärke liegt darin, dass ich mich verwandeln und von Rolle zu Rolle sehr unterschiedlich sein kann. Deshalb finde ich einen Verwandlungs-Schauspieler wie zum Beispiel Edward Norton ganz großartig. Da braucht man sich nur anzuschauen, wie er als schmächtige Figur in Filmen wie „Zwielicht“ oder „Fight Club“ auftritt. Und dann in „American History X“ mit gestählter Brust diesen Nazi spielt.
Wie halten Sie sich denn körperlich und mental fit?
Körperlich halte ich mich fit, indem ich ins Fitnessstudio gehe …
… Vladimir hat erzählt, dass er fünfmal die Woche ins Fitness-Studio geht. Sie etwa auch?
(lacht) Nein. Vladimir und ich gehen zwar ins selbe Fitnessstudio, aber er lebt dort – und ich bin schon froh, wenn ich es zwei- oder dreimal ins Fitnessstudio schaffe. Ich habe mittlerweile drei kleine Kinder, mit denen ich sehr gerne viel Zeit verbringe. Und für meine mentale Gesundheit ist meine Familie sehr verantwortlich. Der familiäre Rückhalt – ich lebe mit meiner Partnerin in einer Patchwork-Familie –, dieser Rückzugsort Familie, dieser beschützte Ort, ist mir sehr, sehr wichtig.
Bitte beschreiben Sie sich doch noch mit vier Worten.
Ich bin glücklich, zuverlässig, hilfsbereit und manchmal launisch.