Die 75. Internationalen Filmfestspiele Berlin zeigen vom 13. bis zum 23. Februar 19 Filme im Wettbewerb und viele mehr in den Sondervorstellungen.

Lars Edinger steht im Regen. Hinter ihm der Bahnhof Potsdamer Platz. Vor ihm eine Welt, die sich schnell dreht und ins Wanken geraten ist. Eine Welt, in der er mit seiner Familie lebt, eine „typisch deutsche Familie, eine Familie, die mehr nebeneinander als miteinander lebt und die nichts mehr zusammenhält“, wie es X-Verleih formuliert – die Firma, die diese Geschichte dorthin bringt, wo aus dem Alltag vieler Berlinerinnen und Berliner Magie wird: im Kino. Lars Eidinger ist Tim. Er, Milena (Nicolette Krebitz), die gemeinsamen Zwillinge Frieda (Elke Biesendorfer) und Jon (Julius Gause) sowie Milenas Sohn Dio (Elyas Eldridge)– das sind die Engels. Und da ist die Haushälterin Farrah (Tala Al-Deen) Die geheimnisvolle Frau aus Syrien stellt die Welt der Engels auf eine unerwartete Probe und bringt Gefühle zutage, die lange verborgen waren. Dabei verfolgt sie einen ganz eigenen Plan, der das Leben der Familie Engels grundlegend verändern wird.
Nach „Babylon Berlin“ nun wieder ein Spielfilm
„Das Licht“ hat der Regisseur Tom Tykwer seinen neuen Film genannt. Am 13. Februar werden die 75. Internationalen Filmfestspiele Berlin mit dieser deutsch-französischen Produktion als Weltpremiere eröffnet. „Als wir ,Das Licht‘ sahen, wussten wir sofort, dass wir damit die 75. Berlinale eröffnen wollen. Tom Tykwer findet Schönheit und Freude in unserer oft brüchigen und herausfordernden Welt. Er fängt die Essenz unseres heutigen Lebens auf magische Weise auf der Leinwand ein“, erklärt Berlinale-Intendantin Tricia Tuttle die Entscheidung.
Nach sieben Jahren und vier Staffeln mit der TV-Serie „Babylon Berlin“ hat Autor und Regisseur Tom Tykwer also wieder einen Film für die große Leinwand gedreht. „Nach einer ziemlich langen Zeit, die ich mit ‚Babylon Berlin’ in den rauschenden 20er-Jahren verbracht habe, darf ich mich endlich wieder unserer Gegenwart zuwenden. In ,Das Licht‘ wird gestritten, gerungen und gekämpft, aber es wird auch gelacht, gesungen und getanzt. Der Film will das Spektrum der Gefühle und die entsprechenden erzählerischen Möglichkeiten herausfordern. Und die Figuren sind mir sehr vertraut. So will ich versuchen, ihre Zerrissenheit und gleichzeitige Verbundenheit für das Publikum zu spiegeln und spürbar zu machen“, sagt Tykwer zu seinem Film. Im Wettbewerb ist der Film nicht.
19 andere Filme werden um den Goldenen und die Silbernen Bären konkurrieren, darunter ein Debütfilm und eine dokumentarische Form. Produktionen aus 26 Ländern sind vertreten. 17 Filme werden als Weltpremiere gezeigt. Bei acht Filmen haben Frauen Regie oder Co-Regie geführt. Neun der Filmemacherinnen und Filmemacher haben schon frühere Werke bei der Berlinale präsentiert. Soweit die von der Festivalleitung zusammengestellte Statistik.
„Wir sind sehr stolz auf die Filme im diesjährigen Wettbewerb. Sie zeigen die ganze Bandbreite des Kinos und bieten faszinierende Einblicke in verschiedene Leben und Orte. Es gibt intime Dramen, die uns dazu auffordern, unsere menschlichen Schwächen und Stärken zu verstehen. Es gibt sanfte Komödien, aber auch die schärfsten, schwärzesten Satiren; es gibt Filme, die Filmgrößen huldigen, und solche, die die Kunstform voll ausschöpfen. Jedes dieser einzigartigen Werke zeigt Filmemacherinnen und Filmemacher auf dem Höhepunkt ihres Könnens. Wir sind gespannt, was Todd Haynes Jury aus diesen verdienten Reihen als Gewinnerinnen und Gewinner des Goldenen und der Silbernen Bären der Berlinale auswählen wird“, sagt die Intendantin.
Ein Preis steht schon fest: Die schottische Schauspielerin Tilda Swinton bekommt den Goldenen Ehrenbären für ihr Lebenswerk. Der Preis wird im Rahmen der Eröffnungsgala im Berlinale Palast verliehen. Auch hierzu liefert Tricia Tuttle eine Erklärung: „Die Bandbreite von Tilda Swintons Werk ist atemberaubend. Sie bringt so viel Menschlichkeit, Mitgefühl, Intelligenz, Humor und Stil ins Kino und erweitert durch ihre Arbeit unsere Vorstellungen von der Welt. Tilda ist eines unserer modernen Filmidole und seit Langem auch Teil der Berlinale-Familie.“
Von der Jury-Präsidentin zur Ehrenpreisträgerin

Die Berlinale sei das erste Filmfestival, das sie je besucht habe, sagt Tilda Swinton selbst und schwärmt: „Das war 1986 mit Derek Jarmans ,Caravaggio‘, meinem ersten Film überhaupt. Dies war mein Eintritt in die Welt, in der ich mein bisheriges Lebenswerk geschaffen habe– der Welt des internationalen Filmemachens – und ich habe nie vergessen, was ich ihr schulde. Nun auf diese Weise von diesem besonderen Festival geehrt zu werden, berührt mich zutiefst: Es ist mir ein Privileg und eine Freude, einmal mehr diesen inspirierenden Ort zu feiern, der immer wunderbare und anregende Begegnungen ermöglicht.“
Die oscarprämierte Schauspielerin ist seit vielen Jahren eng mit der Berlinale verbunden. 2009 war sie Präsidentin der Jury. Sie spielte in 26 Filmen mit, die auf dem Festival gezeigt wurden. Das Wettbewerbsprogramm wird unter anderem ergänzt durch das „Berlinale Special“. In diesem Jahr umfasst es 21 Filme aus 16 Ländern, darunter vier dokumentarische Formen, 16 Spielfilme und eine Serie. 15 Titel werden als Weltpremiere gezeigt.
Im Programm ist auch eine Vorführung von Peter Wollens „Friendship’s Death“ zu Ehren von Tilda Swinton. „Das ,Berlinale Special‘ ist eine der vielfältigsten Sektionen des Festivals. Wir denken bei unserer Auswahl sehr genau über die verschiedenen Publikumsgruppen nach. Es gibt wunderbare populäre Formen – von Genrefilmen bis hin zu solchen, die sich die Starpower und das Charisma bekannter Talente zunutze machen. Ebenso gibt es Dokumentar- und Spielfilme, die zum Dialog über Themen wie die globale Gesundheitskrise einladen oder uns auffordern, über die Bedeutung der Erinnerung als Schutz vor Gewalt und Hass nachzudenken. ‚Berlinale Special‘ ist eine Einladung an unser vielfältiges Publikum, das Vergnügen und die Provokationen zu erleben, die das Kino bieten kann“, erklärt Intendantin Tricia Tuttle.
Wem die Berlinale zu viel Trubel oder das Ergattern von Karten zu schwierig ist, der kann sich zumindest Tom Tykwers „Das Licht“ auch ganz normal im Kino anschauen. Der Start ist für den 20. März geplant.