1983 wurde sie mit 18 Jahren jüngste Weitsprung-Weltmeisterin, holte danach noch zwei olympische Goldmedaillen und fünf Europameistertitel. Die 59-Jährige ist heute als Kampfrichterin tätig, arbeitet im Gesundheitsmanagement und hält Fachvorträge.
Zuletzt war Heike Drechsler in einem eher ungewohnten Umfeld zu sehen: Anfang Mai beriet sie in drei Folgen der Vorabendserie „Rote Rosen“ eine junge Siebenkämpferin bei ihren Olympia-Vorbereitungen. Die Produktionsfirma habe ihre Mitarbeit angefragt, weil eine solche Geschichte gut ins Olympiajahr passe. In der Weihnachtszeit 2023 wurden die drei Folgen gedreht: „Das ist eine ganz andere Welt“, erklärte Drechsler der „Bild“-Zeitung. „Wie das hinter den Kulissen abläuft, die lebensechten Studios, das war für mich sehr beeindruckend.“ Die zweifache Olympiasiegerin kann sich auch weitere Schauspielauftritte gut vorstellen, möchte aber nicht immer nur sich selbst spielen, sondern gerne auch mal in eine andere Rolle schlüpfen. Drechsler hatte zuvor bereits in den TV-Serien „In aller Freundschaft“ und „Nikola“ erste Erfahrungen als Gast-Darstellerin gemacht. Auch in der Show „Ewige Helden“ oder in „Die große Pro7-Völkerball-Meisterschaft“ stand sie 2016 schon vor der Kamera.
Drechsler hält sich seit dem Ende ihre Karriere 2005 weiterhin regelmäßig fit und bleibt ihrer Sportart bis heute treu. Nicht nur, dass sie gelegentlich als Expertin für einen Sportsender tätig ist: 2017 absolvierte sie einen Kampfrichter-Lehrgang und ist seitdem öfter mal als Kampfrichterin im Einsatz, so etwa auch 2018 bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Berlin.
Diverse Schauspielauftritte
Drechsler, die sowohl für die DDR als auch für das vereinte Deutschland jeweils eine olympische Goldmedaille holte, sah sich als junge Athletin mit Dopingvorwürfen konfrontiert: 1991 tauchten DDR-Medikamentenlisten auf, die regelmäßige hohe Doping-Gaben an die damals 18-jährige Weitspringerin dokumentierten. Es sei ein Schock für sie gewesen, zu erfahren, dass Ärzte ihr ohne ihr Wissen leistungssteigernde Mittel verabreicht haben, distanzierte sich Drechsler später klar von solchen Praktiken. Von einem Verdacht, sie habe als inoffizielle Mitarbeiterin für die „Stasi“ gearbeitet, wurde Drechsler 2018 durch ein Gutachten entlastet.

Die „Weltsportlerin des Jahres 1986“ arbeitet heute bei der Barmer Ersatzkasse, wo sie Repräsentantin für Bewegung, Ernährung und betriebliches Gesundheitsmanagement ist. Ihren Einsatz für die Gesundheit bewies Drechsler auch gerade erst im Juni, als sie Teilnehmer der „Sportabzeichen-Tour 2024“ trainierte. Zudem ist sie eine gefragte Vortragsrednerin. „In meinen Vorträgen und Seminaren stelle ich Strategien zur Motivation, zur Zielerreichung und zum Umgang mit Druck und Krisen vor“, beschreibt die Weitsprung-Legende die Inhalte, zu denen auch Prävention, Zeitmanagement oder Work-Life-Balance gehören. 2010 hat Drechsler gemeinsam mit Monika Zilliken den Ratgeber „Fit mit Kids – Bewegungsspaß für die gesamte Familie“ veröffentlicht.
In vielen Projekten ist Drechsler auch ehrenamtlich engagiert: Seit 2016 ist sie Botschafterin der Deutschen Rheuma-Liga, setzt sich im Myelin-Projekt als Schirmherrin im Kampf gegen Multiple Sklerose und Leukodystrophien ein und hilft in der Organisation „Komen Deutschland“ mit, Aufklärungskampagnen über Brustkrebs und deutsche Heilungsprojekte zu finanzieren. Im Vorstand der „Stiftung Hänsel+Gretel“ setzt sich Drechsler für die Bekämpfung von Kindesmissbrauch und sexueller Gewalt in der Familie ein. „Ich möchte mit meiner Unterstützung eine noch größere Wertigkeit des Kinderschutzes erreichen“, beschreibt sie ihre Zielsetzung. Bis zu deren Einstellung 2021 hatte sie sich auch für die „Bildungsprämie“ stark gemacht, weil sie aus eigener Erfahrung wisse, wie wichtig Weiterbildung ist. Auch sie habe sich nach ihrer Ausbildung als Feinmechanikerin und einem Pädagogik-Studium häufig umorientieren und weiterqualifizieren müssen, um ihre heutige Tätigkeit im Gesundheitsmanagement ausüben zu können.
„Mehr Gelder, bessere Trainer“
Kritisch beobachtet Drechsler die aktuellen Entwicklungen in der Leichtathletik. Von der ins Gespräch gebrachten Abschaffung des Absprungbalkens im Weitsprung hält sie wenig. Weil gerade die letzte Phase des Anlaufs eine Rhythmusphase sei, in der man sich auf einen bestimmten Absprungpunkt fokussieren müsse, lehnt sie eine größere Absprungzone ab: „Das wäre ja so, als würde man beim Tennis das Netz weglassen“, scherzte sie kürzlich bei Sport1.
Dass Deutschland bei der zurückliegenden Leichtathletik-WM keine einzige Medaille holen konnte, führt Drechsler auch auf interne Probleme des Verbandes zurück: „Wir haben unten keine Breite mehr! Es sind zu wenige, die oben ankommen“, kritisiert sie. Man müsse daher mehr Gelder und bessere Trainer für den Nachwuchsbereich zur Verfügung stellen, so dass dem Nachwuchs bessere Perspektiven aufgezeigt würden und „es sich für junge Athleten lohnt, die Kraft und Energie da reinzustecken.“ Für die laufenden olympischen Spiele in Paris hofft Drechsler auf ein besseres Abschneiden der deutschen Teilnehmer und drückt natürlich Weitsprung-Favoritin Malaika Mihambo ganz besonders die Daumen.