Am Sonnabend steigt das letzte Topspiel der Regionalliga Nordost 2023/24 – gegen Energie Cottbus geht es für den BFC Dynamo um den Erhalt seiner Aufstiegschance.
Klaus-Dieter Wollitz bedient sich in seinen Aussagen auch mal des Pathos, wenn es um seine Ziele geht: „Ich glaube an Karma und daran, dass es einen Fußballgott gibt, der weiß was zu tun ist“, erklärte der Trainer von Energie Cottbus so nach dem 2:1-Sieg im Topspiel gegen den Greifswalder FC Mitte April und der vorübergehenden Eroberung der Tabellenführung. Tags darauf verpasste dann der BFC Dynamo durch ein 1:3 bei Viktoria, sich seinerseits die Spitzenposition zu schnappen, die dieses Jahr turnusgemäß den direkten Aufstieg in die Dritte Liga garantiert. Bezeichnend für diese Phase der Saison: Denn während Dynamo nach dem folgenden 2:2 gegen Erfurt nur zwei seiner letzten sechs Partien hatte gewinnen können (bei sieben Zählern), waren es im selben Zeitraum beim Team von „Pele“ Wollitz vier Siege (insgesamt 13 Punkte). Zwar ist diese Cottbusser Bilanz auch nicht überragend, aber sie reichte eben – inklusive des Siegs gegen den direkten weiteren Rivalen aus Greifswald (ein Punkt zurück) – angesichts der Schwächeperiode des BFC aus, um in der Tabelle vier Spieltage vor Schluss vier Zähler zwischen sich und die Berliner zu bringen. Der 31. Spieltag am vergangenen Wochenende (siehe Kurzmeldungen) hielt für das Top-Trio dabei Partien der Kategorie „Pflichtaufgabe“ bereit – bevor an diesem Sonnabend das letzte Spitzenspiel der Regionalliga Nordost 2023/24 über die Bühne geht. Dabei empfängt der BFC den FC Energie im heimischen Sportforum (16 Uhr) – die Berliner haben allerdings durch die Punktverluste zuvor nun den Druck, gewinnen zu müssen, um überhaupt mit den Lausitzern wieder in unmittelbare Konkurrenz treten zu können. Dazu fehlen dem BFC Dynamo verletzungsbedingt mehrere wichtige Spieler, allen voran Torjäger Rufat Dadashov (14 Saisontore) sowie mit Karim Al Abed, David Kamm Al-Azzawe, Dominic Duncan und Steffen Eder sämtliche Innenverteidiger. Aufgrund der „Dreierkonstellation“ an der Spitze wird Energie aber trotz des Vorsprungs im direkten Duell bei Dynamo auch nicht auf Unentschieden spielen können.
Schwächeperiode beim BFC
Ein „Ost-Klassiker“ wie zahlreiche andere Begegnungen in dieser Staffel ist das Duell dabei nicht – zu DDR-Zeiten waren die Cottbusser nach ihrem ersten Aufstieg in die Oberliga 1973 eher eine „Fahrstuhlmannschaft“ und meist chancenlos gegen die Berliner, die dann ab Ende der 70er mit zehn Titeln in Folge zum Rekordmeister wurden. In den Wendejahren zeichnete sich auch eine Änderung der sportlichen Verhältnisse ab: Im August 1990 – Dynamo hieß nun FC Berlin – gab es gegen Energie die erste Niederlage überhaupt, insgesamt kam es in den beiden Jahren 1989 und 1990 in vier Aufeinandertreffen schon zu keinem BFC-Sieg mehr. Ab 1991 dann ging man wieder getrennte Wege – diesmal allerdings in umgekehrter Form. Für den finanziell schwach aufgestellten FC Berlin folgte der Niedergang bis vorübergehend in die Verbandsliga, während die Lausitzer auf einer Welle der Euphorie zeitweise bis in die Bundesliga vorstießen. Erst Mitte der 10er-Jahre glichen sich die „Leistungskurven“ beider Vereine wieder an – für Energie war es hinab bis in die viertklassige Regionalliga Nordost gegangen, wohin sich der BFC Dynamo wieder unter altem Namen hinaufgearbeitet hatte. Das über die Jahre zuvor entwickelte Kräfteverhältnis schlug sich zunächst in den gemeinsamen Duellen pro Energie nieder: In sechs Begegnungen ab 2016 konnten die Hauptstädter nicht gewinnen (fünf Niederlagen, ein Remis). Seither aber haben sich die Berliner wieder auf Augenhöhe in den direkten Vergleichen herangekämpft: Nicht nur die Bilanz der letzten fünf Aufeinandertreffen mit drei Siegen und zwei Unentschieden kann den Weinrot-Weißen dabei Mut für den „Hit“ am Sonnabend machen.
Bereits im Mai ein Hochsicherheitsspiel
Auch das Hinspiel im November 2023 in Cottbus konnte man gewinnen – und das hatte seinerzeit für Dynamo ebenfalls eine besondere Bedeutung, denn nach zuvor drei Ligapartien ohne Sieg und dem frühen Aus im Berliner Pokal (1:2 beim BAK) stand der BFC ebenfalls gehörig unter Druck. In der hitzigen Partie war dann einmal mehr auf Dadashov Verlass, der das Tor des Tages zum 1:0-Sieg erzielte. Dabei hatten zu Beginn der Partie Anhänger des BFC Dynamo mit dem Werfen von Böllern zunächst für eine Unterbrechung gesorgt – zwar gibt es keine aus der Tradition herrührende Rivalität, aber mittlerweile eben doch eine innige Feindschaft zwischen beiden Fanlagern. Die geht zurück auf einen Angriff nach einem Heimspiel der Berliner im Januar 2023 gegen Lichtenberg 47 – ein Dynamo-Fan wurde von Unbekannten vor seiner Wohnung abgepasst, verprügelt und ihm Utensilien der „Ultras BFC“ geraubt. Die Vermutung, dass es sich bei den Tätern um Energie-Fans handelte, sollte sich später erhärten – weshalb schon das Duell im Mai 2023 in Cottbus zum Hochsicherheitsspiel erklärt wurde. Dabei waren im Vorfeld Fahnen im Stadion verboten worden – um zu verhindern, dass die Energie-Fans die erbeuteten Banner im Stadion demonstrativ verbrennen würden. Die allerdings fanden einen anderen Weg: am Tag vor der Partie drangen sie in Dynamos Heimspielstätte im Sportforum ein und verbrannten dort die Fahne der „Ultras BFC“ – damit war deren Ende besiegelt (inzwischen als „Banda Invicta“ neu gegründet). Seither besteht jedenfalls eine Rivalität, die auch vor dem Aufeinandertreffen am Sonnabend (16 Uhr) die Sicherheitskräfte zumindest rund um den Spielort in Hohenschönhausen in Atem halten dürfte.
Was das von Energie-Trainer Wollitz bemühte „Karma“ angeht, so nimmt er dieses wegen des Scheiterns in den Aufstiegsspielen vergangenen Sommer gegen die SpVgg Unterhaching für sich und sein Team in Anspruch. Dabei kann der BFC Dynamo ebenfalls auf dieses Schicksal verweisen, als Meister der Staffel Nordost nicht direkt aufsteigen zu dürfen und erst in den Qualifikationsspielen zur Dritten Liga gescheitert zu sein. Am Ende der Saison 2021/22 waren es die Berliner, die in den Aufstiegspartien zur Dritten Liga an Nord-Meister VfB Oldenburg scheiterten und denen damit die Krönung für eine eigentlich hervorragende Saison verwehrt blieb. Umso größer natürlich das Begehren beider Vereine, in diesem Jahr die Chance zu nutzen und direkt auf die nationale Fußballebene vorzustoßen. Also auch, wenn Energie Cottbus in der besseren Position vor dem Spitzenspiel am Sonnabend sein sollte: Spannend dürfte es allemal im Sportforum werden.