In zwei aktuellen Studien konnten drei am meisten Erfolg versprechende Hilfsmittel zur Rauchentwöhnung nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich in zwei Fällen um pharmazeutische Produkte mit Vareniclin und Cytisin sowie um die nicht unumstrittenen E-Zigaretten.
Aus dem Land der Marlboro-Cowboys stammt ein vielzitierter Spruch des Schriftstellers Mark Twain: „Mit dem Rauchen aufzuhören, ist kinderleicht. Ich selbst habe es schon hundertmal geschafft.“ Dieses satirisch-ironische Statement beschreibt ziemlich genau das Dilemma, dem jene Menschen ausgesetzt sind, die sich endlich für einen Abschied vom süchtig machenden Glimmstängel entschieden haben. Der spontane Entschluss zur Rauchentwöhnung ohne jegliche Hilfsmittel oder begleitende Therapiemaßnahmen mündet nur ganz selten in eine längerfristige Abstinenz. Laut netdoktor.de schaffen das gerade mal ein bis fünf Prozent der Raucher. Dem Datenportal des Bundesdrogenbeauftragten zufolge sind die meisten Rauchstopp-Versuche ohne Unterstützungsmaßnahmen von vornherein zum Scheitern verurteilt, bis zu 95 Prozent der hiesigen Raucher greifen demnach bereits nach einem Jahr wieder zur Zigarette. Laut dem „Deutschen Ärzteblatt“ versuchen es mehr als 70 Prozent der Suchtgeplagten zunächst auf eigene Faust, wovon lediglich drei bis sieben Prozent auch nach Ablauf eines Jahres noch immer die Finger von den Zigaretten lassen können. „Mit professioneller Unterstützung“, so das Blatt, „lässt sich die Erfolgsquote auf bis zu 40 Prozent steigern.“ Es gibt jedoch auch Untersuchungen, wonach selbst bei Inanspruchnahme von Entwöhnungsseminaren die Rückfallquoten bei 70 bis 80 Prozent liegen. Laut der „American Cancer Society“ ist die Rückfallrate beim Rauchen generell ziemlich hoch, je nach Studie und dieser zugrundeliegenden Methodik zwischen 80 und 95 Prozent. Wobei die wenigen Glücklichen auf dem Weg zum finalen Erfolg mehrere Anlaufversuche benötigen.
Rauchen kostet etwa zehn Jahre Lebenszeit
Rauchen gilt weltweit seit Jahrzehnten als das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko. Schätzungen zufolge sterben jährlich global rund acht Millionen Menschen an den direkten Folgen des Tabakkonsums. Für das ganze 20. Jahrhundert waren es schätzungsweise bis zu 100 Millionen. Rauchern kostet die Sucht durchschnittlich zehn Jahre Lebenszeit. Dass Rauchen extrem gesundheitsschädlich ist, dürfte jedem modernen Erdenbewohner längst bewusst sein. Bis zu 90 Prozent der Lungenkrebsfälle können darauf zurückgeführt werden, dazu weitere Krebsarten, Herzinfarkte, Hirnschläge, Arteriosklerose oder Atemwegserkrankungen wie die Chronisch Obstruktive Lungenerkrankung (COPD). In Deutschland sterben jährlich mehr als 127.000 Bundesbürger an den Folgen der Nikotinsucht, jede vierte Minute ein Todesfall. Laut Angaben des „Deutschen Ärzteblatts“ unternahmen zuletzt nur rund 85 Prozent der hiesigen aktiven Raucher mindestens einen Rauchstopp-Versuch pro Jahr, wobei als „Goldstandard für die erfolgreiche Tabakentwöhnung eine Kombination aus verhaltenstherapeutischer und pharmakologischer Intervention“ anzusehen sei.
Was die Therapien und den Einsatz von Nikotinersatzpräparaten oder Anti-Raucher-Medikamenten betrifft, so liegt in Deutschland noch immer vieles im Argen. „Deutschland ist Entwicklungsland in Sachen professioneller, medizinisch unterstützter Suchttherapie für Raucher. Für ambulante wie für stationäre Maßnahmen verweigern die Krankenkassen beharrlich die Kostenerstattung. Unterstützende Pharmaka gelten zu Unrecht als Lifestyle-Medikation.“ Dieses Statement des „Deutschen Ärzteblattes“ stammt zwar aus dem Jahr 2018, ist aber immer noch weithin aktuell. Auch wenn sich viele Krankenkassen inzwischen zumindest durch entsprechende Zuschüsse an den Kosten für Raucherentwöhnungskurse beteiligen. Doch obwohl längst durch Untersuchungen etwa des renommierten Forschungsnetzwerks Cochran belegt werden konnte, dass die kassenärztliche Kostenerstattung eine elementare Bedeutung für die Effektivität der Rauchentwöhnung hat, werden hierzulande sämtliche Arzneimittel zur Raucherentwöhnung, von Nikotinpflastern über Nikotinkaugummis bis zu speziellen Medikamenten, unter die sogenannten Lifestyle-Arzneimittel wie Präparate zur Gewichtsreduktion oder Faltenglättung eingeordnet. Mit der Begründung, dass sie letztlich nur zu einer Erhöhung der Lebensqualität führen würden und daher nicht in den Leistungskataloge der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden können. Nur bei „schwerer Tabakabhängigkeit“ könnte bald die einmalige Kostenerstattung für Präparate mit den Wirkstoffen Vareniclin und Nikotin (in Form von Kaugummi, Spray oder Lutschtabletten) gesetzlich beschlossen werden.
E-Zigaretten sind nur „weniger schädlich“
Da es nur die wenigsten Raucher ohne unterstützende Hilfsmittel oder Therapiemaßnahmen zur Zigaretten-Abstinenz schaffen, gibt es in den Medien oder im Internet eine Vielzahl von Tipps, die von Hausmitteln wie Ingwer, Zitronen, Kräutertees oder Eukalyptusöl über Akupunktur oder Hypnose bis hin zu Verhaltenstherapien, Nikotinersatztherapien oder Anti-Raucher-Medikamenten reichen. Welche Strategien den meisten Erfolg versprechen, hatte ein Forschungsteam aus Mitarbeitern der University of Oxford und der University of Massachusetts in einer im September 2023 im Fachmagazin „Cochrane Database of Systematic Reviews“ veröffentlichten Meta-Studie klar aufgezeigt. Nach Auswertung von 300 klinischen Studien mit über 150.000 Probanden waren die Wissenschaftler zu dem Ergebnis gekommen, dass mit drei Hilfsmitteln die höchste Erfolgsquote erzielt werden konnte: zwei medizinische Präparate mit den Wirkstoffen Vareniclin und Cytisin, die beide die Nikotinrezeptoren im Gehirn aktivieren und dadurch die Aktivierung dieser Rezeptoren durch das Nikotin verhindern können, sowie E-Zigaretten.
Da die Resultate dieser Studie absolut identisch mit denen einer aktuelleren Untersuchung sind, werden die Details weiter unten ausführlich beschrieben. „Diese Studie zeigt, dass elektronische Zigaretten, Vareniclin und Cytisin wirksame Hilfsmittel zur Rauchentwöhnung sind“, so die Forscher, „Doppelt so viele Menschen schafften es, mit dem Rauchen aufzuhören, wenn sie eine dieser Hilfen benutzten.“ 14 Prozent der rauchenden Probanden schafften mit einem dieser drei Hilfsmittel eine Abstinenz von mindestens sechs Monaten, ohne diese Hilfsmittel lag die Erfolgsquote nur bei sechs Prozent. Als zweitwirksamste Strategie hatte das britisch-amerikanische Forscherteam eine Kombination aus zwei Arten von Nikotinersatztherapien ermitteln können, beispielsweise eine Kombi von Nikotinpflastern mit Nikotinkaugummis oder Nikotinpastillen. Hierbei lag die Erfolgsquote bei zwölf Prozent, während bei Beschränkung auf nur eine Nikotinersatztherapie der Wert lediglich bei neun Prozent gelegen hatte.
Auch für die zweite aktuelle, im September 2024 im Fachmagazin „Addiction“ publizierte Metastudie bezüglich der effektivsten Hilfsmittel zum Rauchstopp zeichneten unter der Federführung von Jonathan Livingstone-Banks, einem bekannten Spezialisten im Bereich Tabakkontrolle, wieder Forscher der University of Oxford verantwortlich. Das Team wertete dafür 14 Studien zur Rauchentwöhnung aus den Jahren 2021 bis 2023 aus, die von der gemeinnützigen Cochrane Tobacco Addiction Group veröffentlicht worden waren. Es kam zu der Erkenntnis, dass es Rauchenden am leichtesten fällt, auf Zigaretten zu verzichten, wenn sie stattdessen ein Ersatzprodukt verwenden beziehungsweise einnehmen. Als die drei wirksamsten Hilfsmittel konnten die Forscher den verschreibungspflichtigen Wirkstoff Vareniclin und den in den meisten europäischen Ländern rezeptfrei erhältlichen Wirkstoff Cytisin ausmachen, der in Deutschland allerdings weiter verschreibungspflichtig ist. Beide Wirkstoffe binden im menschlichen Körper an dieselben Rezeptoren an wie Nikotin.
Das dritte und laut der Studie sogar effektivste Hilfsmittel sind die E-Zigaretten. Womit womöglich ein Übel durch ein anderes ersetzt wird, sprich eine Form der Nikotin-Abhängigkeit wird von einer anderen abgelöst, auch wenn nach derzeitigem Wissensstand durch E-Zigaretten weniger gesundheitsschädliche Stoffe in den Körper gelangen als beim Rauchen von Tabak. Auch die Oxford-Studienautoren merkten an, dass Probanden, die die E-Zigaretten zur Rauchentwöhnung nutzen, diese Gewohnheit anschließend beibehielten. Sie wechselten daher von einer zu einer anderen Nikotinquelle über. In ihrem Blut ließen sich in der Folge allerdings weniger Hinweise auf gesundheitlich bedenkliche Substanzen nachweisen. Von daher seien E-Zigaretten zwar nicht gesund, aber zumindest weniger schädlich. Diese Aussage wird allerdings durch diverse neuere Studien in Frage gestellt, vor allem weil die in E-Zigaretten enthaltenen Aromastoffe nicht nur das Suchtpotenzial erhöhen können, sondern weil wegen des tieferen Inhalierens die Aufnahme toxischer Substanzen womöglich sogar gesteigert werden könnte. „Es gibt eine Reihe wirksamer Formen der Unterstützung bei der Rauchentwöhnung“, so Livingstone-Banks, „Cytisin, Vareniclin und E-Zigaretten erhöhen jeweils gleichermaßen die Chancen der Menschen, erfolgreich mit dem Rauchen aufzuhören“. Die Erfolgsquote lasse sich zudem durch begleitende Beratungen oder Verhaltenstherapie noch erhöhen. „Diese Programme helfen dann am besten“, so das Team, „wenn sie die Menschen dafür belohnen, dass sie mit dem Rauchen aufhören.“