Den amerikanischen Schauspieler und Entertainer Billy Crystal kennt man vor allem aus Komödien wie „Harry und Sally“, „City Slickers“ und „Reine Nervensache“. Jetzt hat er einen Abstecher ins Gänsehaut-Genre gewagt. In „Before“ spielt er einen Kinderpsychiater, der von unheimlichen Visionen heimgesucht wird.
In einem verlassenen Hallenbad steht ein Mann auf einem Sprungbrett, starrt ins leere Schwimmbecken unter ihm – und stürzt sich in den Tod. Und das immer und immer wieder. Nacht für Nacht hat Eli (Billy Crystal) diesen wiederkehrenden Albtraum. Seit dem Selbstmord seiner Frau Lynn (Judith Light) ist er in einem besorgniserregenden seelischen Zustand. Dumpf vor sich hin brütend verbringt Eli seine Tage und denkt sogar daran, seine Praxis als Kinderpsychiater aufzugeben. Da steht plötzlich ein kleiner Junge namens Noah (Jacobi Jupe) vor seiner Wohnung, der sich die Fingerspitzen an der Wand blutig gekratzt hat. Eli will dem extrem verstörten Jungen helfen, weiß aber nicht genau wie. Denn Noah spricht kein einziges Wort.
Ein Patient, der nicht spricht
Als Noah eines nachts in Elis Schlafzimmer kommt und nicht mehr gehen will, hat Eli die dunkle Vorahnung, dass zwischen ihnen eine geheimnisvolle Verbindung besteht. Er beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen, und erfährt, dass Noah mit seiner Ziehmutter Denise (Rosie Perez) ganz in der Nähe wohnt. Denise kümmert sich liebevoll um Noah, steht seinen scheinbar unmotivierten Wutausbrüchen aber hilflos gegenüber. Und auch Elis Versuch, Noah behutsam zu therapieren, ist alles andere als erfolgreich. Mit der Zeit werden Noahs neurotische Störungen und exzessive Wahnvorstellungen so schlimm, dass er schließlich in der Psychiatrie landet.
Der Psycho-Thriller „Before“ entfaltet nur langsam seinen traumatischen Sog. Und verstört durch visionäre Bilder: Vögel knallen aus dem Nichts an Fensterscheiben und fallen tot zu Boden. Ohne Erklärung und scheinbar ohne weitere Folgen. Lynn liegt tot in einer Badewanne voller Blut. Schwarze Schlacke, die von der Decke über die Wände fließt und Personen in Noahs Nähe befällt. Mysteriöse Zeichnungen von Lynn, auf die Noah panisch reagiert. Noahs Zeichnungen, die denen von Lynn erschreckend ähnlich sehen. Rätselhafte Würmer in Noahs Körper, die unter der Haut in Richtung Auge kriechen. Und dann ist da auch noch das rätselhafte Foto von einem einsamen Farmhaus …
Psycho-Terror, albtraumhafte Halluzinationen
Die amerikanische Horror-Spezialistin Sarah Thorp (zum Beispiel die TV-Serie „Damien“, die auf dem Film „Das Omen“ basiert) bedient sich bei „Before“ auch wieder aus dem reichen Schrecken-Arsenal albtraumhafter Halluzinationen, kollektiver Hysterie, unheilvoller Menetekel und böser Omen. Dabei verzichtet Thorp – zum Glück – fast vollständig auf abgenudelte Schock- und Gore-Effekte. Der Terror von „Before“ wirkt dort, wo er stattfindet: in der Psyche. Billy Crystal, der sonst in eher komischen Rollen glänzt, geht diesmal ganz und gar in der Rolle eines tieftraurigen Mannes auf. Und spielt Eli als jemanden, der durch tragische Verwicklungen den Boden unter seinen Füßen zu verlieren droht. Elis rationales, wissenschaftlich fundiertes Weltbild beginnt durch Noahs Visionen immer mehr zu bröckeln. Schließlich muss er sich die schmerzhafte Frage stellen, inwieweit er vielleicht sogar den Selbstmord von Lynn zu verantworten hat.
Die TV-Serie „Before“ ist ein Horror-Slowburner für Fans von Movies wie „The Sixth Sense“, „Das Omen“, „Ring“ und „The Grudge“.