Neben der kürzlich entstandenen Podologie-Schule überzeugt das Medicus-Gesundheitszentrum Quierschied mit neuen Bildungsschwerpunkten. Welche das sind, und was das Freiwillige Soziale Jahr damit zu tun hat, weiß Rüdiger Linsler, Geschäftsführer bei der Victor’s Group.
Herr Linsler, das jüngste Kind, was Schulen auf dem Medicus-Gesundheitszentrum Quierschied anbetrifft, ist die Europäische Fachschule für Podologie. Würden Sie die neue Bildungseinrichtung kurz vorstellen?
Vor drei Jahren hat die Victor’s Group von der SHG-Bildung die Podologie-Schule mit angeschlossener Praxis übernommen und am 1. Februar 2021 von den Saarterrassen, ihrem letzten Standort, zusammen mit der angeschlossenen Praxis auf das Medicus-Gesundheitszentrum Quierschied in das Wirtschaftsgebäude zwei verlegt. Dabei handelt es sich um das ehemalige Geburtshaus des ehemaligen Knappschaftsklinikums, welches für diesen Zweck sehr aufwendig und denkmalschutzaffin saniert wurde. Im Erdgeschoss des Gebäudes haben wir hälftig einmal die podologische Praxis mit Kassenzulassung mit insgesamt zwölf podologischen Einheiten eingerichtet. Die podologische Praxis dient gleichzeitig auch als Ausbildungspraxis für die Schule, in der die Schüler ihre praktischen Erfahrungen unter Aufsicht von examinierten Podologen sammeln können. In der zweiten Hälfte des Erdgeschosses wurde die staatlich anerkannte Schule untergebracht, in der die angehenden Podologen ihren theoretischen Unterricht erhalten.
Wird die Schule staatlich gefördert?
Leider ist es so, dass es im Saarland für eine Podologie-Schule als staatlich anerkannte Schule im Gegensatz zu anderen Schulen für Gesundheitsfachberufe keine staatlichen Fördermittel gibt. Die Podologie ist in den letzten Jahrzehnten von der Politik immer vernachlässig worden. Dabei ist es alles andere als ein Nischenprodukt. Vielmehr werden Podologen händeringend gesucht.
Dies sieht man auch an der Auslastung. So machen wir über die Praxis beispielsweise viele Hausbesuche und haben bereits jetzt eine lange Warteliste für Hausbesuchspatienten. Darüber hinaus haben wir auch viele trägerübergreifende Senioreneinrichtungen, die wir versorgen.
Der Punkt ist: Es werden im Saarland einfach viel mehr examinierte Podologen gebraucht, als es der Markt aktuell hergibt. Und da es keine Fördermittel für die Podologie gibt, kostet das Vorhalten einer Schulstruktur den Träger viel Geld.
Daher müssen wir, wie auch der ehemalige Träger SHG, Schulgeld erheben. Allerdings haben wir die Summe stark reduziert und zwar auf 200 Euro monatlich, um den Beruf einfach attraktiver zu machen und um den Zugang zu der Ausbildung zu erleichtern.
Aber letztendlich ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Man kann sich vorstellen, dass es den Träger wesentlich mehr Geld kostet, die Schule zu unterhalten. Auch wenn wir Einnahmen über die Praxis haben, kompensieren diese letztendlich nicht die Kosten für die Bereitstellung eines Schulbetriebes, einer Praxis, die auch als Ausbildungspraxis dient und allen damit verbundenen Kosten. Deswegen hoffe ich, dass es in naher Zukunft auch noch dazu kommen wird, dass wir als staatlich anerkannte Schule auch mit Fördermitteln seitens des Landes ausgestattet werden, was das Ganze dann zu einem tragfähigeren Konzept machen würde.
Warum hat Victor’s Group die Schule mit angeschlossener Praxis überhaupt übernommen, wenn das nur Geld kostet?
In allen Regionen in Deutschland werden händeringend Podologen gesucht. Unser Ziel ist es, über die Podologie-Schule, irgendwann, wenn wir uns auch personell breiter aufgestellt haben, auch über das Saarland hinaus, Bewerber für die Ausbildung ansprechen zu können. Das kommt dem ganzen Markt zugute. Somit war das eine bewusste Unternehmensentscheidung mit Hinblick auf das große Ganze und nicht nur der Baustein Podologie-Schule als solche.
Wie wird die Schule angenommen?
Wir haben schon jetzt ganz viele Schüler aus Rheinland Pfalz, die entweder in Teilzeit oder Vollzeit täglich oder mehrmals die Woche den Weg nach Quierschied finden, um die Ausbildung zu machen. Das liegt unter anderem auch daran, dass wir mit unserem Schulgeld von 200 Euro gegenüber anderen Schulen günstig sind und es im Saarland und auch angrenzenden Region keine Schule mehr gibt, die eine podologische Ausbildung anbieten.
Es sind oft Menschen, die sich für die Podologie-Ausbildung entscheiden, die finanziell nicht so gut ausgestattet sind. Wir haben sehr viele alleinerziehende Mütter, die sich im Zuge einer Umschulung für die Podo-Ausbildung entscheiden. Und letztendlich scheitert der Ausbildungswunsch auch oft selbst an diesen 200 Euro Schulgeld, weil sich Ausbildungswillige diesen Betrag nicht leisten können, was im Ergebnis sehr schade ist. Deswegen hoffen wir auch im gesamtgesellschaftlichen Interesse, dass wir auf das Schulgeld irgendwann verzichten können und die Auszubildenden wie in anderen Fachberufen sogar eine Ausbildungsvergütung erhalten können. Das würde mit Sicherheit auch dazu führen, dass sich viel mehr Menschen für diesen Beruf entscheiden und auch die Nachfrage insgesamt in dieser Sparte auf dem Gesundheitsmarkt befriedigt werden kann.
Wie gestaltet sich die Ausbildung?
Derzeit bieten wir eine Voll- und Teilzeitausbildung an. Die Teilzeitausbildung dauert drei Jahre, die Vollzeitausbildung ist vom Gesetz her auf zwei Jahre ausgerichtet. Wir bieten im Rahmen der Ausbildung auch Unterricht am Samstag an. Was den Vorteil hat, dass die Schüler während der Teilzeitausbildung noch die Möglichkeit haben anderweitig Geld dazu zu verdienen. Da haben wir uns auch an der Nachfrage orientiert.
Und wie sieht es mit der technischen Ausstattung der neuen Schule aus?
Wenn man sich die Praxis ansieht, fällt auf, dass wir sehr neu und sehr schön ausgestattet sind. Das haben wir unter anderem unserem Kooperationspartner, der Firma Ruck, zu verdanken, die in Baden-Württemberg ihren Sitz hat. Die Firma Ruck ist ein enger Kooperationspartner von uns, über den wir auch die „Hardware“ beziehen, dazu zählen die Kabinen und Gerätschaften.
Sie wechselt auch alle zwei Jahre die ganzen Podo-Kabinen aus, so dass wir durchgehend immer eine sehr schöne und ansprechende podologische Praxis haben und das sollte auch der Anspruch sein.
Wir legen einen sehr hohen Wert auf die Qualität der Ausbildung. Das ist auch unser Maßstab in der Praxis. Im Vordergrund unserer podologischen Praxis steht nicht das wirtschaftliche Interesse, sondern in erster Linie die Ausbildungsqualität der Schüler. Das heißt, wir versuchen nach bestem Wissen und Gewissen und nach höchsten Qualitätsstandards den Schülern in der Praxis auch durch unsere erfahrenen Podologen vorzuleben, wie sie später in Zukunft – die meisten machen später eine eigene Praxis auf, wenn sie mit der Ausbildung fertig sind – ihre Maßstäbe setzen sollten.
Wir hoffen natürlich, dass sie diese vermittelten Qualitätsmaßstäbe dann auch, wenn sie sich selbstständig machen, in ihrer Selbstständigkeit umsetzen.
Dabei bleibt die Europäische Podologieschule nicht das einzige Novum auf dem Areal. Auch in der Europäischen Fachschule für Pflege (EFSA Quierschied gGmbH) hat sich einiges geändert …
Was früher die Altenpfleger-Ausbildung war, das gibt es ja nicht mehr. Inzwischen wurden die Altenpflege, die Krankenpflege und die Kinderkrankenpflege zu einer generalistischen Ausbildung zusammengefasst. Mit dem Ergebnis, dass man nach der absolvierten Ausbildung nicht mehr Altenpfleger/Altenpflegerin, Krankenpfleger/Krankenpflegerin oder Kinder-Krankenpfleger/Kinder-Krankenpflegerin ist, sondern Pflegefachmann und Pflegefachfrau, weil diese drei Ausbildungen zu einer Ausbildung verschmolzen sind.
Das ist sehr erfreulich, weil zum einen die Qualität der Ausbildung natürlich stark angehoben worden ist. Zum anderen auch hinsichtlich der Förderung der Pflegeschule. Zuletzt gab es in der Altenpflege lediglich 330 Euro pro Schüler pro Monat, was natürlich auch nicht die Kosten einer qualifizierten Schule widerspiegelt beziehungsweise abdeckt und die Förderung wurde im Zuge der neuen Ausbildung angepasst.
Würden Sie die EFSA kurz vorstellen?
Die EFSA ist eine international ausgerichtete Pflegeschule. Dabei ist im Hauptgebäude nicht nur die Schule angesiedelt, sondern auch ein Internat mit bis zu 150 Plätzen, wo die Schüler auch untergebracht werden. Hier in Quierschied absolvieren sie auch ihre theoretische Ausbildung. Zurzeit haben wir rund 27 verschiedene Nationen an der Schule. Das ist übrigens auch der Schwerpunkt unserer Pflegeschule vor dem Hintergrund der Gründung im Jahr 2016, indem wir gesagt haben: Wir wollen hier eine Pflegeschule im Saarland gründen, die eine internationale Ausrichtung hat. Das heißt, wir sprechen dabei Schüler und Interessenten aus der ganzen Welt an, die dann über ein Ausbildungsvisum hier zur Schule gehen und gleichzeitig im Rahmen ihrer praktischen Ausbildung in die Senioreneinrichtungen in ganz Deutschland geschickt werden.
„Unser Ziel ist es jungen Menschen im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres eine Orientierung zu bieten“
Was wir weiterhin machen sind sogenannte Onboarding-Kurse. Das heißt, es werden aus unserem Unternehmen und auch von Kooperationspartnern ausländische Pflegefachkräfte, die in Deutschland noch keine Anerkennung als Pflegefachkraft haben und nach Deutschland kommen, in diesen Onboarding-Kurs auf den Beruf in Deutschland vorbereitet. Dabei führen wir den Vorbereitungskurs durch und die sogenannte Kenntnisprüfung, mit deren Ablegen man in Deutschland als examinierte Fachkraft arbeiten darf, nimmt die SHG-Bildung als unser Kooperationspartner ab.
Wie hat sich EFSA seit ihrer Gründung entwickelt? Gibt es neue Schwerpunkte?
Wo wir in letzter Zeit nach und nach mehr Schwerpunkte setzen, ist der Weiterbildungs- und Fortbildungsbereich. Da haben wir schon vor einiger Zeit über das Landesamt für Soziales auch die Anerkennung eines Weiterbildungskurses Praxisanleiter beantragt und erhalten. Das heißt, wir bieten hier vor Ort in Quierschied die Ausbildung zur Praxisanleitung an. Sie richtet sich an examinierte Pflegefachkräfte, die bereits oft schon in Einrichtungen arbeiten und diese Weiterbildung berechtigt dazu, Schüler in den Einrichtungen anzuleiten. Die Praxisanleiter-Ausbildung ist ein wichtiger Baustein im Hinblick darauf, dem Fachkräftemangel in der Pflege entgegenzuwirken: Ohne Pflegeausbildung, keine künftigen Fachkräfte. Ohne Praxisanleiter in der Pflege, ist keine Pflegeausbildung möglich.
Gerade sind wir dabei diesen Fort- und Ausbildungsbereich weiter auszubauen und suchen derzeit noch qualifiziertes Personal und Dozenten. Von daher, können sich die Interessenten gerne bei uns bewerben.
Perspektivisch angedacht sind auch Weiterbildungskurse wie Wundmanagement und Palliative Care, für Betreuungskräfte in Einrichtungen und so weiter.
Ziel ist es, dass wir auf dem Medicus Gesundheitszentrum Quierschied mit seinen angesiedelten Schulen und Stärkung seiner Struktur vor Ort ein Zentrum für Fort- und Weiterbildungen anbieten und dabei auch gerne junge Menschen mit ins Boot holen.
Haben Sie schon eine Idee, wie man das umsetzen könnte?
Unser Ziel ist es jungen Menschen, die sich für Gesundheitsfachberufe interessieren, nach ihrem Schulabschluss im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) eine Orientierung anzubieten. Deshalb werden wir auch beim zuständigen Ministerium die Zulassung für FSJler beantragen.
Dabei wollen wir folgende Inhalte mit in das Jahr hineinpacken: Pflegeaspekte im Sinne eines Pflegebasiskurses, in dem die Grundzüge der Pflege in Theorie und Praxis vermittelt werden. In das FSJ sollten auch Elemente des Gesundheitsfachberufes Podologie integriert werden. Weitere Bausteine wären Erfahrungen in der Physiotherapie und Ergotherapie mit einem praktischen Anteil in den kooperierenden Praxen.
Damit die jungen Menschen dann nach einem Jahr für sich persönlich nach der Orientierung feststellen können, welches der vier Berufsbilder Podologe, Ergotherapeut, Physiotherapeut oder Pflegefachkraft ihnen am meisten zusagt und sie vielleicht sogar einen Beruf in dieser Sparte ergreifen möchten.
Klingt sehr zukunftsträchtig, vor allem wenn man bedenkt, dass die Bevölkerung immer älter wird …
Und es sind letztendlich alles Mangelberufe in denen dringend Fachkräfte gesucht werden. Bei manchen, wie beispielsweise bei der Pflege ist das bekannt. Jeder weiß, dass in Deutschland ein Pflegefachkraftmangel vorherrscht. Bei der Podologie weiß man das zum Beispiel weniger. Somit wäre ein solches Freiwilliges Soziales Jahr die ideale Möglichkeit in Mangelberufe hineinzuschnuppern und sich eine persönliche Meinung zu bilden.