In „Don’t Worry Darling" (seit 22. September im Kino) leben die Hausfrauen ein banales und luxuriöses Leben, die Männer gehen einer geheimen Arbeit nach. Dass diese Gesellschaft nur zum Schein ideal ist, zeigt Regisseurin und Schauspielerin Olivia Wilde.

Was waren die 1950er-Jahre noch schön. Die Aufgaben zwischen Mann (geht zur Arbeit) und Frau (macht den Haushalt) waren geklärt, Ärger um Gleichberechtigung gab es nicht, Emanzipation war ein Fremdwort. In dieser scheinbar makellosen Dekade spielt die Geschichte von „Don’t Worry Darling". Der Film ist ein bizarrer Psycho-Thriller, mal atemberaubend spannend, mal komplex und verwirrend.
Der schöne Schein der Rollenverteilung trügt
Alice (Florence Pugh) lebt friedlich mit ihrem Mann Jack (Harry Styles) in einer Eigentumswohnung in der Gemeinschaft von Victory, einer Firmenstadt, in der die Männer für das geheime Victory-Projekt arbeiten. Es sind die 1950er-Jahre, und Alice führt ein Leben, das hauptsächlich aus Putzen, Kochen und luxuriösen Partys am Abend mit der Nachbarschaft besteht. Die Idylle scheint perfekt, denn die Bedürfnisse aller Bewohner werden von der Firma und ihrem CEO Frank (Chris Pine) erfüllt. Alles, was er im Gegenzug verlangt, ist bedingungsloses Engagement für die Sache von Victory. Doch Alice spürt, dass ihr paradiesisches Leben Risse bekommt und dass sich hinter der attraktiven Fassade etwas viel Unheimlicheres verbirgt. Alice forscht nach, was genau die Männer in Victory tun und warum. Die Geschichte von „Don’t Worry Darling" erscheint vor allem in der ersten Hälfe wie eine Neuverfilmung von „Die Frauen von Stepford". In der Satire aus dem Jahr 1975 geht es ebenfalls um einen abgeschirmten Ort, in dem sich Superhausfrauen ihren Männern unterwerfen, bis die neuzugezogene Joanna dieser fragwürdigen Gesellschaft auf den Grund geht. Was Alice in „Don’t Worry Darling" aber erlebt, wird wesentlich beängstigender inszeniert. Alice merkt, dass sie nicht in einem unschuldigen Wunderland lebt und die Idylle ihren Preis hat. Da stürzt in der Nähe ein Flugzeug ab, was aber niemanden zu interessieren scheint. Und als Alice erstmals einfach mal in der Straßenbahn sitzen bleibt, statt wie gewünscht mit allen anderen Frauen auszusteigen, erlebt sie etwas völlig Unvorhergesehenes.

In ihrem Kampf für die Wahrheit unterscheidet sie sich von Joanna, die in Stepford scheitert und zum Schluss eine willenlose Puppe ist. In „Don’t Worry Darling" hat Regisseurin Olivia Wilde für ihre Hauptfigur einen anderen Weg vorgesehen. Alice ist eine Kämpferin, die sich weder von den Drohungen der Männer einschüchtern lässt noch von ihren eigenen Ängsten, die sich durch immer düster werdende Träume und Visionen zeigen. Beim Fensterputzen scheint Alice von der Glasscheibe erdrückt zu werden, und auch andere einfache Haushaltsdinge wie eine Frischhaltefolie nehmen Alice zunehmend die Luft zum Atmen.
Spannung vereint mit Gesellschaftskritik

Regisseurin Olivia Wilde orientiert sich in der zweiten Hälfte von „Don‘t Worry, Darling" an modernen und zeitkritischen Werken wie „Inception" (2010), „The Truman Show" (1998) und der TV-Serie „Twin Peaks" (1990 bis 2017), lässt ihrer Heldin aber genug Raum für eigene Wege. Alice stößt immer wieder auf neue Rätsel und lässt nicht locker, sie zu lösen. Das Finale ist zeitgemäß und absolut überraschend, aber einen reibungslosen Sieg fährt Alice trotz einiger Tricks nicht ein. Florence Pugh (bekannt aus „Black Widow", 2021, und „Midsommar", 2019) spielt die neugierige Alice mal elegant, mal ängstlich, mal widerspenstig – und immer überzeugend. Als ihr Ehemann ist Harry Styles zu sehen. In seiner ersten Hauptrolle nach „Dunkirk" (2017) lässt der Musiker sein Image als einstiger Mädchenschwarm und „One-Direction"-Sänger hinter sich. Chris Pine („Star Trek") macht aus seiner Rolle als schmierig-glatter Victory-Chef eher einen Sekten-Führer, in dessen Fassade sich zunehmend mehr Risse zeigen. Einen kuriosen Auftritt hat zudem Burlesque-Künstlerin Dita Von Teese, deren Szene schon zu Anfang des Films andeutet, wie künstlich und gesteuert das Leben der Frauen von Victory ist. „Don’t Worry Darling" ist ein spannender Thriller mit gesellschaftskritischen Ansätzen und einem Finale, das nach dem Abspann bei den Zuschauern für Diskussionen sorgen wird.