Zu den Top-IT-Standorten Deutschlands zählen nicht nur Berlin, Hamburg und die Rhein-Main-Region. Auch Sachsen rund um Dresden und Leipzip mausert sich zum „Silicon Saxony“.
Berlin, Hamburg und München gehören zu den Top-Ten-IT-Standorten in Europa. Das geht aus einer aktuellen Studie des Meinungsforschungsinstituts „Forrester Research“ hervor. Demnach liegt die deutsche Kapitale sogar auf Platz vier hinter Helsinki, Stockholm und Kopenhagen.
„Mit Blick auf Berlin lässt sich sagen, dass die Stadt natürlich durch ihre Start-up-Branche geprägt ist“, sagt Lorenz Vossen, ein Sprecher des IT-Verbandes Bitcom, gegenüber FORUM. „Trotz Abschwung konnte Berlin seine Position als Start-up Hauptstadt im vergangenen Jahr verteidigen.“ Nach Angaben der Wirtschaftsförderagentur „Berlin Partner“ wollten Unternehmen im zweiten Halbjahr 2022 rund 573,7 Millionen Euro in den Standort Berlin investieren. Das entspricht einem Plus von 26 Prozent gegenüber dem Halbjahr 2021. „Berlin Partner“ kümmert sich vor allem um Firmen, die sich neu in der Hauptstadt ansiedeln, die investieren wollen in Berlin und die Innovationen befördern. Laut einem Bericht des „Tagesspiegels“ habe die Wirtschaftsförderungsagentur 130 dieser Projekte betreut und abgeschlossen. 6.661 neue Arbeitsplätze seien dadurch in Berlin entstanden. Positiv entwickelt hätten sich vor allem die Investitionen in Forschung und Entwicklung: Dort gab es mit 72,9 Millionen Euro ein Plus von 45 Prozent gegenüber 50,2 Millionen Euro. Vor allem die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), die Medien- und Kreativwirtschaft (mit 34,34 Millionen Euro) und die Optik und Photonik (mit 18,95 Millionen Euro) hätten davon profitiert.
Tausende neue Arbeitsplätze
„Berlin ist immer noch der wohl attraktivste Standort für Start-ups – und zieht dank seiner Kulturszene und der hohen Lebensqualität viele gut ausgebildete potenzielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Europa und der ganzen Welt an“, sagt Maxim Nohroudi, Bitkom-Landessprecher Berlin-Brandenburg. „Für die Zukunft gilt, dass Berlin den Schatz innovativer Ideen der Gründerinnen und Gründer besser nutzen sollte, um Antworten auf die drängenden Probleme unserer Zeit zu finden. Hierzu sollte insbesondere die öffentliche Verwaltung verstärkt mit Start-ups zusammenarbeiten und die Kriterien für die öffentliche Vergabe Start-up-freundlich gestalten.“
In den vergangenen Jahren hat der Datenverkehr deutlich zugenommen, was durch die Corona-Pandemie zusätzlich befeuert wurde. Ob Homeoffice, Streaming, Künstliche Intelligenz oder smarte Lösungen für die Industrie: Die Digitalisierung fast aller Lebens- und Wirtschaftsbereiche hat zu einem starken Wachstum der Leistung von Rechenzentren geführt. Laut Angaben von Bitkom sind die Kapazitäten, gemessen an der IT-Leistung von 2010, bis 2020 um 84 Prozent gestiegen. In den Folgejahren bis 2025 werden sie voraussichtlich noch einmal um etwa ein Drittel anwachsen, prognostizieren Experten des Verbandes. „Rechenzentren und Telekommunikationsnetze sind das Rückgrat der Digitalisierung“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. Das Wachstum der Rechenzentrums-Kapazitäten ist Bitkom zufolge vor allem auf den zunehmenden Ausbau von Cloud Computing zurückzuführen. Laut einer Bitkom-Studie werden bereits jetzt wichtige Standorte in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Dabei weist Hessen mit der Rhein-Main-Region die höchste Dichte an Rechenzentren in Deutschland auf. Gemessen an der IT-Leistung pro Einwohner kommt Hessen auf einen mehr als dreimal höheren Wert als die Stadtstaaten Hamburg und Berlin. „Insbesondere die deutsche Hauptstadt wird aber eine wachsende Bedeutung als Standort für Rechenzentren haben, ebenso wie München, Hamburg sowie die Regionen Köln/Düsseldorf und Leipzig/Dresden“, heißt es weiter.
Geht es um den Fortschritt in puncto Digitalisierung (Smart City Index), war im Jahr 2022 die Hansestadt Hamburg Bitkom zufolge führend. „Hamburg konnte seinen Titel zum vierten Mal in Folge verteidigen, aber der Vorsprung ist so knapp wie nie“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. Der Stadtstaat an der Elbe hat 86,1 von 100 möglichen Punkten im Ranking erreicht. Unmittelbar dahinter liegt nun erstmals München mit 85,3 Punkten auf Rang 2. Auf Platz 3 mit 81,6 Punkten liegt Dresden.
Dresden: Smart City Auf Platz 3
„Erfolgsfaktoren für eine Smart City sind ein engagiertes Rathaus, eine Digitalstrategie, klare Strukturen, ein starkes lokales Netzwerk und das Engagement der Bevölkerung. Das gilt gerade angesichts der aktuellen Herausforderungen von Pandemiefolgen und Energiepreissteigerungen, zu deren Lösung digitale Technologien einen zentralen Beitrag leisten können“, so der Bitkom-Chef. Unabhängig von der Größe und der Finanzkraft sei es entscheidend, dass Politik und Verwaltung anpacken. „Es braucht den Willen und die Fähigkeit, in der gesamten Stadt Begeisterung für die Digitalisierung auszulösen.“
Dass Dresden so weit vorn im Ranking liegt, wundert wenig, wenn man sich Sachsen als digitale Drehscheibe näher anschaut: Das sogenannte „Silicon Saxony“ gilt als Europas größter Mikroelektronik-Cluster und der fünftgrößte weltweit. Jeder dritte in Europa produzierte Chip trägt den Aufdruck „Made in Saxony“ – hergestellt in Sachsen. Unternehmen wie Globalfoundries, Infineon Technologies und die Siltronic AG haben sich in dem Bundesland niedergelassen. Rund 2.500 Unternehmen mit etwa 70.000 Mitarbeitern sind in Sachsen auf allen Stufen der IKT-Wertschöpfungskette aktiv: Sie entwickeln, fertigen und vermarkten integrierte Schaltkreise oder dienen der Chipindustrie als Material- und Equipmentlieferanten, produzieren und vertreiben elektronische Produkte und Systeme auf der Basis integrierter Schaltungen oder entwickeln und vermarkten Software.
Als neues Digital Hub erlebt der Standort Leipzig eine neue Gründerzeit mit aktuell schätzungsweise 150 bis 200 Start-ups, die dort arbeiten. Während sich in der Stadt zunächst Start-ups im Bereich E-Commerce ansiedelten, sind später Branchen wie Big Data – etwa Data-Virtuality, Webdata Solutions, ApiOmat und Solution Engine – sowie Start-ups im Bereich von Infrastruktur, Energie und Mobilität hinzugekommen.