Viele möchten umwelt- und klimafreundlicher leben, doch der größte Hebel bleibt dabei oft ungenutzt: das eigene Geld. Mittlerweile gibt es zahlreiche Möglichkeiten, nachhaltig zu investieren.

Eine Bauernhofidylle in Ostwestfalen: Auf dem Biohof Strotdrees grunzen die Schweine zufrieden vor sich hin. Trotz des Regens liegen sie draußen vor ihrem Stall im Stroh. Vor dem Hofladen nebenan weisen bunte, handgemalte Schilder den Weg zu Bullen, Kälbern, Pferden, Schweinen. Und zum Hofladen. Dort verkauft Landwirtin Steffi Strotdrees den hofeigenen Käse, Fleisch und Wurst von ihren Tieren und die Bioladen-üblichen Lebensmittel anderer Hersteller. Die Direktvermarktung hilft dem kleinen Betrieb, über die Runden zu kommen.
Familie Strotdrees wirtschaftet nach den Regeln des Biolandbau-Verbands Bioland. Ihre 40 Kühe sind – wenn immer möglich – auf der Weide. Wenn das Gras nicht reicht, bekommen die Rinder Heu, das die Landwirte vor allem in regenreichen Zeiten trocknen müssen. Dazu haben die Strotdrees eine drei Stockwerke hohe Heutrocknungsanlage gebaut. Einfacher wäre ein Silo gewesen. „Aber wir wollten nicht so viel Fläche versiegeln“, sagt Bäuerin Steffi Strotdrees. Außerdem blieben die Nährstoffe wertvoller Wiesenkräuter für die Kühe erhalten, wenn das Heu getrocknet wird, statt als Silage zu enden.
Gutes Gewissen mit Nachteil

350.000 Euro hat die Heutrocknungsanlage gekostet, so viel wie ein Einfamilienhaus in einer größeren Stadt. Leisten konnten sich die Strotdrees das nur dank eines Kredits der GLS-Bank. Die in Bochum ansässige Bank hat zahlreiche Auszeichnungen für ihr nachhaltiges Wirtschaften erhalten. Die genossenschaftlich organisierte GLS finanziert zum Beispiel Wind- und Solarparks, Kindergärten, soziale Wohnprojekte und Bio-Landwirtschaft. Ihre Ausgründung Bioboden kauft Land, um es an Bio-Bauern zu verpachten. So kommen diese an Ackerland, das sie sich sonst nicht leisten könnten. Geld bekommt die Bank von ihren Kunden, die es dort anlegen oder als Genossen mit einer Einlage Eigenkapital beisteuern.
Ähnlich arbeiten andere Nachhaltigkeitsbanken wie die Ethikbank, die als Aktiengesellschaft organisierte Umweltbank oder die niederländische Triodos. Der Unterschied zu herkömmlichen Banken: Sie finanzieren nur Vorhaben, die dem Klima- und Umweltschutz oder dem sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft dienen. Investitionen in Öl, Gas, Kohle, Waffen und andere moralisch fragwürdige Geschäfte sind ausgeschlossen. Das gute Gewissen der Anleger hat hier nur einen Nachteil: Sie bekommen etwas weniger Zinsen als bei herkömmlichen Großbanken. Relativ sicher ist das Geld hier wie da. Der deutsche Staat haftet für Einlagen bis zu 100.000 Euro je Kunde. Manche sind zusätzlich noch Mitglied im Einlagensicherungsfonds der Banken.
Wer eine rentablere Anlage sucht, kann sich an Genossenschaften beteiligen, die zum Beispiel Solar- oder Windparks bauen.

Die Rentnerin Margret Bergmeier hat sich Anteile der Bürgerwind-Energiegenossenschaft Westfalen in Paderborn gekauft. Die baut mit dem Geld ihrer Genossinnen und Genossen Windräder. Bergmeier sieht hier eine Möglichkeit, „mitzugestalten und sich einzubringen“. Ihre Generation habe viel Raubbau betrieben. Nun möchte die 68-Jährige dazu beitragen, „den nachfolgenden Generationen nicht so eine 100-Prozent-Katastrophe zu hinterlassen“.
Christian Klein leitet an der Universität Kassel den Fachbereich nachhaltige Finanzwirtschaft. Der Finanzwissenschaftler hält Bürger-Energiegenossenschaften für eine gute Idee: „Wenn Sie wollen, dass ihr Geld einen Beitrag leistet, dass die Welt ein bisschen schöner wird, dann sind solche Konzepte sehr spannend.“ Menschen, die vielleicht gegen Windkraftanlagen protestiert haben, können nun damit Geld verdienen. „Dann plötzlich stehen Sie vor dem Windrad, wissen, ein Teil davon gehört Ihnen, und Sie freuen sich, wenn es sich dreht.“
Auch Martin Wessel hat in die Bürgerwind-Genossenschaft Westfalen investiert. Er vertraut dem Unternehmen, weil er es „schon lange von außen kennt, es in der Region aktiv ist und seit Langem stabil funktioniert“. Bei einer Bank dagenen wisse er nicht, was sie mit seinem Geld macht.
Wirtschaftlich investieren

Als Beteiligte an einer Genossenschaft sind Anleger Mitunternehmer und haften mit ihrer Einlage. Bei einer Pleite ist das Geld wahrscheinlich weg. Die Bürgerwind Westfalen gilt jedoch als wirtschaftlich stabil und hat ihren Genossen bisher jedes Jahr fünf Prozent Dividende ausgezahlt. Vorständin Catharina Hoff hält das Risiko für überschaubar. „Wir sehen uns die Projekte ganz genau an und investieren nur, wenn wir von Wirtschaftlichkeit und Laufzeit überzeugt sind.“ Das Risiko streue man, indem man das Geld der Anlegerinnen und Anleger in viele verschiedene Projekte an unterschiedlichen Standorten investiere und auch eigene Anlagen betreibe. Das Geld für fremde Projekte vergibt die Genossenschaft als Darlehen mit fester Laufzeit und festem Zinssatz. Allerdings sind auch schon Bürger-Energiegenossenschaften pleite gegangen. 2023 meldeten die „Energiegewinner“ in Köln Insolvenz an. Hier ist unklar, ob Anleger ihr Geld zurückerhalten.
Wer einzelne Vorhaben gezielt fördern will, kann sein oder ihr Geld über Crowd-Investing-Plattformen im Internet verleihen. Plattformen wie „Ecoligo“, „Exporo“, „Ökozinsen“ oder „WiWin“ versprechen Zinsen von bis zu acht Prozent, manchmal sogar mehr. Das Risiko ist jedoch hoch. Die meisten Verträge sind sogenannte Nachrangdarlehen. Geht das Projekt oder Unternehmen in die Insolvenz, erhalten die Nachrang-Anleger ihr Geld – wenn überhaupt – als Letzte zurück. Ihre Ansprüche auf Zins oder Rückzahlung können sie bereits dann nicht mehr geltend machen, wenn die Zahlung das Unternehmen finanziell überfordern würde.
Experte Christian Klein warnt: Start-ups seien ganz junge Unternehmen, von denen 90 Prozent in den ersten Jahren nach der Gründung pleitegehen. „Und da spielt es überhaupt keine Rolle, ob das jetzt grün oder braun oder nachhaltig oder ganz normal ist.“
ETF mit Siegel für Nachhaltigkeit

Sehr beliebt sind inzwischen börsennotierte Aktien-Indexfonds, kurz ETF. Weil sie nur einen Aktienindex abbilden, brauchen sie keine Manager. Deshalb sind sie mit einer Kostenquote von meist unter 0,5 Prozent deutlich günstiger zu haben als herkömmliche Aktienfonds.
Aktienfonds und ETF gibt es inzwischen auch mit Nachhaltigkeits-Siegel wie SRI (Socially Responsable Investment), ESG (Environment, Social, Governance, also Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung) oder „Paris Aligned“, also klimafreundlich entsprechend den Vorgaben des Pariser Klimaabkommens von 2015. Die Anbieter der Fonds versprechen damit, dass sie das Geld der Anlegerinnen und Anleger in nachhaltig wirtschaftende Unternehmen investieren.
Wie zahlreiche Tests etwa im Online-Magazin „ecoreporter.de“ belegen, schummeln sie dabei häufig. Wer es genauer wissen will, sollte vorher Tests lesen und nachsehen, ob der jeweilige Fonds hält, was er verspricht. Auch festverzinsliche Anleihen gibt es an der Börse gebündelt in gemanagten Fonds oder in ETF. Der Vorteil wie bei Aktienfonds: Die Betreiber streuen das Geld in viele verschiedene Anlagen. Geht eine davon pleite, fangen oft die anderen den Verlust auf.
Wer (wie auch immer) Geld nachhaltig anlegt, leistet nicht nur einen Beitrag zur Energiewende oder einer nachhaltigeren Landwirtschaft. Man verbindet finanzielle Beteiligung mit ökologischer Verantwortung und einem Beitrag zu einer zukunftsfähigen Wirtschaft.