Nach dem zweiten 1:1 hintereinander schwinden die Aufstiegschancen des 1. FC Saarbrücken. Aufgeben will dennoch niemand. Schon am Samstag geht es weiter.
Beim 1. FC Saarbrücken geht es zu, wie bei vielen Traditionsvereinen. Vielleicht noch ein bisschen heftiger. Gewinnt „de FC“ ist alles super. Ist das Ergebnis enttäuschend, dann werden in Schuldige gesucht. In aller Regel ist das der Trainer. An den Tresen der Stadt versichern sich die „Hobbytrainer“ dann gegenseitig, dass sie die richtigen Auswechslungen getätigt hätten. Social Media tut sein Übriges dazu. „Ich bin jetzt eineinhalb Jahre hier, ich kann das einordnen“, sagt Trainer und Manager Rüdiger Ziehl: „Es gibt keinen Platz für Zwischentöne. Es ist ein Entweder-oder. Damit müssen wir umgehen können.“ Nach dem 1:1 gegen Rot-Weiss Essen herrscht gefühlt wieder eine Stimmung, als habe eine ehrenlose Söldnertruppe gerade den Abstieg besiegelt. Die Wahrheit ist eine andere: Der FCS hat die Möglichkeit, die Aufstiegsränge aus eigener Kraft zu erreichen, erst einmal verspielt. Dass es überhaupt so weit gekommen ist, ist aller Ehren wert. Spricht für die Moral der Mannschaft und die Belastungssteuerung durch den Trainerstab. Gegen Essen waren zum ersten Mal Zeichen der Ermüdung sichtbar. Ein Teil der Wahrheit ist auch, dass kein Drittligist so viele Pflichtspiele absolviert hat wie der FCS. Hinzu kommt gravierendes Verletzungspech, das oft geschilderte Rasendrama und die Mehr-Belastung durch den DFB-Pokal. Glück mit den Schiedsrichter-Entscheidungen hatten die Blau-Schwarzen gerade in Heimspielen auch nicht.
Was viele „Stammtischphilosophen“ allerdings vergessen, ist die Tatsache, dass immer noch ein Gegner auf dem Platz steht. Und der war am Mittwoch richtig gut. „Das war die beste Halbzeit einer Gastmannschaft in dieser Saison“, lobte der verletzte FCS-Stürmer Sebastian Jacob nach 45 Minuten. Da führten die Gäste aus dem Ruhrpott verdient mit 1:0. Sascha Voelcke traf mit einem abgefälschten Distanzschuss. „Wir waren da nicht nah genug am Mann. Sie kommen zweimal zum Schluss, am Ende ist natürlich auch Pech dabei“, sagte Sturmtank Kai Brünker, der einräumte: „In der ersten Halbzeit mussten wir sehr leiden. RWE hat die Räume geschickt genutzt, die Bälle gut verteilt. Wir waren früh am Pumpen wie die Maikäfer, es war brutal anstrengend.“
Gefühlt war der FCS zur Pause mit dem Ein-Tore-Rückstand noch gut bedient. „Wir haben vieles richtig gemacht, aber waren nicht konsequent genug auf das zweite Tor“, monierte RWE-Trainer Christoph Dabrowski, der zwei unterschiedliche Halbzeiten sah: „Nach dem Wechsel war es ein anderes Spiel, da hatten wir Probleme gegen einen bärenstarken Gegner.“
Sechs, sieben hochkarätige Chancen hatte der FCS, doch er erzielte nur ein Tor durch den eingewechselten Kasim Rabihic nach 69 Minuten. Wobei wir wieder beim Schwarz-Weiß-Denke geben. Nach seinem schwachen Auftritt in München wurde der sensible Techniker in den sozialen Medien teilweise wüst beschimpft. „Ich denke, er hat heute die richtige Antwort gegeben“, sagte Ziehl, der sich über den einen Punkt nicht freuen konnte: „Wir haben viel investiert, sind volles Risiko gegangen und hatten genügend Chancen. Leider hat es nicht gereicht.“
Am Ende stand das 14. Unentschieden. Eine Ausbeute, die Mentalitätsspieler Brünker zum Nachdenken brachte: „Es entsteht das Gefühl, dass ein bisschen was fehlt.“ Es ist nicht greifbar, aber wir waren in den meisten Spielen besser. Mal spielen wir nicht zu null, mal vergeben wir viele Chancen. Moral und Leidenschaft stimmen immer, aber ein paar Prozent fehlen wohl.“
So geht es am Samstag gegen den Abstiegskandidaten Hallescher FC weiter. „Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist“, postete der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Meiko Palm nach dem Spiel bei Facebook. Es gibt sie also auch: die wohltuenden, differenzierenden Stimmen. „Die Mannschaft hat jede Unterstützung verdient“, brach Brünker eine Lanze für sein Team: „Wenn es am Schluss nicht ganz reicht, lag es sicher nicht an der Einstellung.“
FORUM-Einzelkritik:
Tim Schreiber: Beim Gegentor machtlos, ansonsten wenig gefordert. Note 3
Calogero Rizzuto: Auf links nicht so wirkungsvoll. Musste verletzt raus. Note 3-
Dominik Becker: Nicht fehlerfrei, aber solide. Note 3
Manuel Zeitz: Aufmerksam und robust. Note 2-
Boné Uaferro: Ein, zwei Abspielfehler. Ansonsten ordentlich. Note 3
Lukas Boeder: Auf rechts ungewohnt unsicher und mit vielen Abspielfehlern. Note 4-
Patrick Sontheimer: Ganz, ganz schwache erste Halbzeit. Danach steigerte er sich, aber ungewohnt viele Fehler. Note 4
Luca Kerber: Hängt gefühlt ein bisschen durch. Motiviert, aber ohne Fortüne. Note 3-
Tim Civeja: In Halbzeit Eins ein Lichtblick, aber etwas zu umständlich. Note 3
Simon Stehle: Wirkte schläfrig und gedanklich langsam. Nach der Pause wurde es besser. Note 4-
Kai Brünker: Warf sich in jeden Ball, aber ohne Glück beim Abschluss. Note 4
Amine Naifi: Kam nach einer Stunde und brachte Kreativität und Mut. Note 2
Kasim Rabihic: Nach seiner Einwechslung sofort da. Guter Auftritt. Note 2