Die Karriere des Poppunk-Quartetts Indecent Behavior mit Sänger Henrik Bergmann, Gitarrist Christian Noß, Denis Selzer am Bass und Florian Heintz am Schlagzeug begann als Schülerband in Merzig. Heute treten sie bei renommierten Festivals auf.
Henrik, was waren in Eurer Jugend prägende Bands für Euch?
Das waren einige. Für mich persönlich waren es vor allem Bands wie Billy Talent, Blink-182, Sum 41, Rise Against und NOFX. Wir kommen aber eigentlich alle aus verschiedenen Musikrichtungen, die wir allesamt mit in unsere Musik einbringen. Chris hat schon immer viel Metal gehört, Flo viel Hardcore und Denis viel Punkrock.
Wann hast Du zum ersten Mal ein Instrument in die Hand genommen und welches, beziehungsweise wann hast Du zu singen angefangen?
Bei mir hat’s mit der musikalischen Früherziehung im Kindergarten angefangen. Dort habe ich zuerst Glockenspiel gelernt, später Keyboard, und mit fünf Jahren fing ich an, Gitarre zu spielen. Mein Vater hat mich parallel zu Hause ans Schlagzeug gesetzt und mir ein paar Sachen beigebracht. Gesungen habe ich immer schon mit meinen Eltern und meinem älteren Bruder. Ich hatte eine ziemlich musikalische Kindheit. Das war immer extrem schön. Die anderen Jungs haben meines Wissens auch alle super früh angefangen.
Läuft bei Dir im Alltag viel Musik? Und wie konsumierst Du die: auf CD, Vinyl, per Streaming oder übers Radio?
Musik ist aus unserem Leben nicht wegzudenken. Ich persönlich habe eigentlich den ganzen Tag Musik an. Sollte das mal nicht der Fall sein, dann habe ich trotzdem gedanklich immer was im Kopf. CDs waren natürlich früher im ersten Auto das Medium überhaupt. Mittlerweile sind es eher Vinyl und Streaming. Öfters aber auch mal das Radio.
Wie kam es zur Gründung von Indecent Behavior?
Wir haben uns tatsächlich als Schülerband gegründet. Wir wollten schlichtweg alle Musik machen und auf die Bühne. Wir haben dann einfach nie aufgehört, obwohl es einige Besetzungswechsel über die Jahre gab.
Wie lange dauerte es, einen eigenen Sound zu finden? Und war von vornherein klar, in welche Richtung Ihr Euch musikalisch entwickeln wolltet?
Wir wollten immer Punkrock machen. Natürlich wird man immer älter und lernt neue Musikrichtungen, Bands, Künstler und Künstlerinnen kennen. Wir haben uns dann auch für viele Musikrichtungen geöffnet, die wir als Kids einfach nicht cool fanden. Daraus ist dann unser heutiger Sound entstanden. Das hat aber definitiv einige Jahre gedauert.
Im letzten Jahr ist Euer drittes Album „Therapy in Melody“ erschienen. Seitdem ist viel passiert. Ihr habt heute ein Management, eine Booking-Agentur, einen Promoter und für Euer viertes Album auch das Label Long Branch Records an der Hand. Da dürftet Ihr mehr als zufrieden sein, denn nur wenige schaffen es, sich ein solch professionelles Netzwerk aufzubauen.
Ja, wir sind total happy! Im letzten Jahr sind so viele verrückte Dinge passiert, von denen wir immer geträumt haben. Würden wir unseren 15-jährigen Ichs erzählen, wo wir heute stehen, würden wir uns das niemals glauben. (lacht) Wir sind aber auch total gespannt, was da noch alles kommt. So, wie es gerade läuft, darf es aber gerne weitergehen.
Könnt Ihr mal andeuten, wie viel Arbeit das dennoch für Euch ist? Wie viel Arbeit, die niemand sieht, steckt hinter einer Band? Manch einer denkt vielleicht, Ihr probt einmal die Woche und gut ist.
Es ist unglaublich viel Arbeit. Selbst in dem Stadium, in dem wir uns jetzt befinden, geht es schon Richtung Vollzeitjob. Es ist super viel Social-Media-Arbeit, Planung, Songwriting, viel, viel Zeit auf der Straße unterwegs sein und viele Konzerte. Dann kommen natürlich noch Dinge wie Fotoshootings, Musikvideodrehs, Social-Media-Content-Produktionen, Buchhaltung, Merchandise-Planung und -koordinierung, Konzertvorbereitungen, Proben und vieles weitere hinzu. Es passiert also definitiv sehr, sehr viel hinter den Kulissen.
Im Juni habt Ihr auf drei großen Festivals gespielt: Rock am Ring, Rock im Park und auf dem Full-Force-Festival. Was habt Ihr da erlebt? Wart Ihr nervöser als vor Euren eigenen Shows?
Es war der absolute Wahnsinn. Gerade von Rock am Ring und Rock im Park träumt man natürlich als kleines Kind. Beim Full Force waren wir auch schon mehrere Jahre als Besucher. Ich selbst war vor der Show bei Rock am Ring super nervös. Als wir im Shuttlebus hinter die Bühne gebracht wurden, hatte ich schon sehr krasses Lampenfieber. Das hat sich dann aber mit dem ersten Wort, das ich ins Mikro gesungen habe, sofort aufgelöst. Ab dann war es eine normale Show. Es hat aber definitiv gedauert, bis wir das alles realisieren konnten. Wir machen da aber auch keinen Unterschied, ob 5.000 oder fünf Menschen vor der Bühne stehen. Wir geben immer Vollgas und machen alles dafür, dass die Menschen vor der Bühne und wir selbst auf der Bühne eine gute Zeit haben.
Solche Festivalshows sind wichtig, um neue, vielleicht auch andere Fans zu erreichen. Habt Ihr im Nachgang einen positiven Effekt wahrnehmen können?
Ja, definitiv. Wir haben einfach diesen Sommer vor extrem vielen Menschen gespielt. Zu den Festivalshows kamen ja auch noch die beiden Tourneen mit den Bands Neck Deep und Zebrahead hinzu. Wir merken das natürlich beim Vorverkauf für unsere anstehenden eigenen Clubshows in diesem Jahr. (Das Konzert in der Saarbrücker Garage am 21.12. ist bereits ausverkauft; Anm. d. Red.) Aber auch auf den Social-Media-Kanälen bekommen wir mehr Rückmeldungen als zuvor. Es ist einfach super schön zu sehen, dass Menschen da draußen etwas mit unserer Musik verbinden. Wir haben uns das ja schließlich alles mal ausgedacht in verschiedenen Situationen unseres Lebens. Jede einzelne Rückmeldung, jedes Lob, jede Person, die uns unsere Texte live entgegenschreit oder einfach nur mitwippt, bedeutet für uns die Welt.
Mitte Juli ist das bereits erwähnte Album „Therapy in Melody“ auch auf Vinyl erschienen. Was hat Euch dazu bewogen, ein Jahr später noch eine Vinylversion anzubieten? Hat es sich gelohnt – Vinyl ist bekanntlich nicht billig in der Herstellung?
Wir wollten natürlich irgendwas Cooles zum Einstieg mit unserem neuen Label Long Branch Records machen und lieben das Medium Vinyl schon sehr lange. Wir haben auch schon sehr lange darüber nachgedacht, unsere Musik auf Vinyl zu veröffentlichen. Jetzt war genau der richtige Zeitpunkt, unseren Fans dieses Geschenk zu machen und die Platte erneut rauszubringen. Die Entscheidung war auch goldrichtig. Wir und unsere Fans lieben die Platte. Sie ist auch super, super schön geworden.
Auch wenn es schon ein Jahr alt ist: Kannst Du etwas zum Inhalt des Albums sagen? Der Titel lässt vermuten, dass es um die Verarbeitung persönlicher Probleme geht …
Die Platte war wie eine Art Therapie für uns. Wir mussten sehr mit der Zwangspause während der Coronapandemie kämpfen. Zum ersten Mal konnten wir einen riesigen und wichtigen Teil unseres Lebens nicht mehr ausleben. Das Schreiben der Songs hat uns in dieser Situation wirklich gut getan. Ich denke auch, dass es vielen Leuten in dieser Zeit ähnlich ging wie uns. Wir hoffen, dass die Platte auch anderen vielleicht so helfen kann, wie sie uns geholfen hat.
Wie weit sind denn die Arbeiten an Eurem vierten Album vorangeschritten?
Haha, das ist noch ein wohlgehütetes Geheimnis. Wir werden natürlich neue Musik veröffentlichen. Aber wann und wie, das verraten wir noch nicht.
Werdet Ihr wieder mit einem renommierten Produzenten wie Phil Gornell (All Time Low, Bring Me the Horizon) zusammenarbeiten, der „Therapy in Melody“ produzierte?
Das haben wir noch nicht final entschieden. Wir stecken noch mitten in der Planung und sind gespannt, ob sich etwas ergibt.
Ist denn schon abzusehen, inwiefern sich die neuen Songs von den älteren unterscheiden werden?
Es wird knallen, es wird melodisch und es wird nach Indecent Behavior klingen. Mehr verrate ich noch nicht.
Ihr habt Euch schon mit vielen bekannten Acts die Bühne geteilt. Wer steht noch ganz oben auf Eurer Wunschliste?
Blink-182, A Day to Remember, Donots, Enter Shikari, Rise Against … Die Liste ist sehr lang. Wir freuen uns immer über jede Möglichkeit, neue Bands kennenzulernen. Es macht immer total viel Spaß und man ist super schnell auf einer Wellenlänge. Das lieben wir auch so an der Musikszene. Es gibt kaum Konkurrenzdenken und man tickt total ähnlich. Oft ist es so, dass es sich anfühlt, als würde man sich schon ewig kennen.
Weitere Infos: www.indecent-behavior.com