Nach einem Jahr Pause kehrt Philipp Kessler als Trainer von Handball-Drittligist HG Saarlouis zurück. Der Sportlehrer soll die junge Mannschaft nach oben führen.
Ein Jahr lang sei er „relativ weit weg vom Handball“ gewesen, gesteht Philipp Kessler. Diese Zeit ist nun vorbei. Der frühere Trainer der HG Saarlouis (2017 bis 2022) kehrt nach einem Sabbatjahr zur kommenden Spielzeit auf den Trainerstuhl des Handball-Drittligisten zurück. „Kessis“ neuer Vertrag läuft bis 2025. Branimir Koloper, der vor der vergangenen Saison kurzfristig zum Spielertrainer umfunktioniert wurde und eigentlich noch bis 2024 unter Vertrag stand, wurde von seinen Aufgaben freigestellt.
„Natürlich habe ich mir ab und an mal ein Spiel angeschaut, aber ich wollte ganz bewusst ein bisschen Abstand finden“, erklärt Kessler. Der 38-jährige Inhaber der Trainer-A-Lizenz war 2022 mit hörbaren Nebengeräuschen aus dem Traineramt ausgeschieden. Nach Unstimmigkeiten mit der Vereinsführung stand er für eine Weiterführung der Zusammenarbeit nicht zur Verfügung. Dass sich dies nach nur einem Jahr geändert hat, erklärt sich wohl auch mit einigen personellen Veränderungen an der Vereinsspitze. Im Rahmen der Mitgliederversammlung am 6. Juni finden auch Neuwahlen statt. Hier werden Dr. Steffen Freichel als Nachfolger von Präsident Arnulf Willkomm und Dr. Daniel Müller als Nachfolger von Franz Josef Hoffmann als zweiter Vorsitzender kandidieren. Sie wollen nach Vereinsangaben „gemeinsam mit dem ersten Vorsitzenden Dr. Holger Groß Verantwortung an führender Stelle übernehmen“. Vorausgesetzt, sie werden von den Mitgliedern auch gewählt. Darüber hinaus werden sich mit Stefan Schneider und Tobias Stemmler auch zwei frühere Spieler in die Vereinsarbeit einbringen. Gemeinsam und in enger Abstimmung mit Trainer Kessler sollen nach dem Rückzug von Mathias Ecker auch die Aufgaben der sportlichen Leitung übernommen werden.
„HGS ist für mich eine Herzensangelegenheit“
„Die HG Saarlouis ist für mich eine Herzensangelegenheit“, sagt Philipp Kessler. Während seiner Auszeit hatte der Wirtschafts- und Sportlehrer seine junge Familie in den Vordergrund gestellt und Anfragen aus der Großregion Absagen erteilt. Es dauerte jedoch nicht lange, bis die Lust am Handball zurückkam: „Ich konnte mir so um die Jahreswende herum schon wieder vorstellen, irgendwie aktiv zu werden. Nur war mir noch nicht ganz klar, wie das in Kombination mit der Familie und meinem Beruf funktionieren kann“, blickt er zurück: „Es gab daraufhin einige Gespräche, aber eines war mir natürlich klar: Wenn ich das wieder auf einem höheren Level machen möchte, also mindestens in der Dritten Liga, gibt es nicht so viele Optionen, die zeitlich mit Familie und Beruf vereinbar sind.“ Eigentlich nur eine: „Als dann über das neue Präsidium die Anfrage aus Saarlouis kam, sind wir in Gespräche eingestiegen und ich habe schnell festgestellt, dass meine Ideen und Vorstellungen auf offene Ohren gestoßen sind. Es sind nun einige Leute im Boot, die ich schon lange kenne und mit denen ich selber schon zusammengespielt habe.“
Auch im Trainerteam wird es Veränderungen geben: So bekommt Kessler mit Michael Lehnert einen erfahrenen Co-Trainer an seine Seite, der früher in gleicher Funktion unter Trainer Steffen Ecker schon bei Drittligist TuS Dansenberg und Oberligist HF Illtal tätig war. „Michael wird mich sicherlich in den Bereichen der Statistik und Videoanalyse in der Spiel-Vor- und Nachbereitung unterstützen“, sagt Kessler. Darüber hinaus wird sich Lehnert auch verantwortlich um die Anschlussförderung von Jugendspielern während des Übergangs in den Aktivenbereich kümmern. „Hier wollen wir strukturierter arbeiten und die Jungs individuell besser entwickeln, um sie auf ihrem Weg in den Leistungsbereich einfach besser zu begleiten“, betont Kessler, der künftig Entwicklungspläne für jeden Spieler aufstellen und regelmäßige Entwicklungsgespräche durchführen will. „Wir sind immer noch das Aushängeschild des saarländischen Handballs und haben eine breite Nachwuchsbasis. Wir wollen aber auch für alle saarländischen Handballer, die den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung machen wollen, die erste Anlaufstelle sein.“
Seine Vorstellung sieht neben guten Trainern im Jugend- und Aktivenbereich und individuellem Monitoring auch vor, die schulische und berufliche Laufbahn seiner Schützlinge im Auge zu behalten. „Das gehört heutzutage dazu und das wollen wir den Jungs und ihren Eltern anbieten“, sagt der Pädagoge. Unterstützt wird er dabei vom neuen Teammanager Daniel Altmeyer – ein weiterer Ex-Spieler, der auch schon mit Kessler auf dem Feld stand. Er wird zwischen Mannschaft, sportlicher Leitung und Vereinsführung agieren und auch einen Draht zur Jugendabteilung haben. „Michael Lehnert, Daniel Altmeyer und ich werden viele wichtige, strategische Fragen eng zusammen abarbeiten. Wir sind ein gutes, breit aufgestelltes Team, das auf Augenhöhe zusammenarbeitet und Entscheidungen gemeinsam trifft – auch in Sachen Neuverpflichtungen“, kündigt Kessler an und betont: „Mir ist es ganz wichtig, dass ich auch mit Charakteren zusammenarbeite, die selbst als Handballer schon einiges erlebt haben.“
Zweite Liga als Spieler und Trainer erlebt
Erlebt hat Kessler beispielsweise wie es ist, mit der HG Saarlouis in der 2. Bundesliga zu spielen. Und zwar als Spieler und auch als Trainer – zuletzt im Abstiegsjahr 2018. Kann der Wiederaufstieg in nächster Zeit anvisiert werden? „Das ist der große Traum – da wollen wir alle gerne wieder hin. Aber bis die genannten Maßnahmen Früchte tragen, braucht seine Zeit“, weiß Kessler: „Dafür brauchen wir Jugendspieler, die den Sprung in die Erste Mannschaft packen können und immer auch ein, zwei erfahrene Spieler, die wir dazuholen – oder, wie im Fall Weissgeber, zurückholen müssen.“ Erst, wenn ein guter Mix aus Talenten und gestandenen Spielern gefunden und eingespielt sei, könne die HG wieder „oben angreifen.“ Vorausgesetzt, die Staffelzugehörigkeit gibt diese Möglichkeit auch her. Noch steht nämlich nicht fest, gegen wen die Saarlouiser in der nächsten Spielzeit überhaupt antreten müssen. Je nach Zuteilung kann es schwerer oder leichter sein, in der Tabelle nach oben zu klettern.
So oder so: Kontinuität im Kader und in den Leistungen müssen her. Aber auch Qualität. Derzeit kommt mit Eigengewächs Lars Weissgerber (von Erstligist HSG Wetzlar) nur ein Neuzugang aus einer höheren Liga. Ob weitere folgen, ist unklar. Klar ist hingegen das Saisonziel: einen attraktiveren Handball zu spielen als im Jahr davor und eine bessere Platzierung zu erreichen. Die vergangene Spielzeit schloss Saarlouis nämlich mit einem negativen Punktekonto als Siebter im tabellarischen Niemandsland ab.