Das „Bistro Krempels" in St. Ingbert ist seit vielen Jahren eine gute Adresse. Das hat sich auch unter Oliver Muskalla nicht geändert, der das Bistro inzwischen führt. Ganz im Gegenteil.
Ich liebe gute Bistros. Sie sind manchmal wie Wohnzimmer, mit einem enormen Wohlfühlfaktor. Wenn ich morgen nach Paris, Lyon, Straßburg, Nancy oder Metz käme, wüsste ich sofort, welches dieser Kleinrestaurants ich zur Mittagszeit ansteuern würde. Da brauche ich in kein Buch zu schauen, die Adressen habe ich im Kopf.
Auch das „Bistro Krempels" kenne ich schon seit Jahrzehnten. Anfang des Jahres hörte ich, Oliver Muskalla habe dort übernommen. Er renovierte etwas länger, und jetzt wird es Zeit für mich, ihm mal einen Besuch abzustatten. Ein Gasthaus gab es an dieser Stelle schon gefühlte 100 Jahre. Der Name „Krempels" tauchte dann 1995 erstmals auf. Enno Kräuter, ein Kommunikationsdesigner, hatte diese hervorragende Idee. Es war wohl eine der ersten sogenannten Konzept-Gastronomien im Saarland. Damals waren ja noch Bier, Pils und Gespritztes üblich in hippen Kneipen.
Kräuter allerdings wollte mehr. Er pachtete diese alte Kneipe in einem wunderschönen Jugendstilhaus, und er verpasste dem Laden eine Geschichte und eine Story. Enno Kräuter verfasste sogar eine schriftliche Story über jenen Alois Krempel, der einst nach Amerika auswanderte. Die Intention des Kommunikationsdesigners war es, hier ein französisches Bistro zu eröffnen. Die Bierschilder an den Wänden etwa erstand er in dieser Zeit auf dem Metzer Flohmarkt. Damals bekam man diese in Frankreich für einen Appel und ein Ei. Irgendwann übernahm dann Peter Potdevin. Mit ihm lernte ich „Krempels" damals kennen. Er blieb 20 Jahre und war sehr erfolgreich. Krankheitsbedingt ist er dann leider ausgeschieden. Er verkaufte das Haus an Oliver Muskalla, und dieser sagt, dass es sein größter Lebenstraum gewesen sei, hier zu übernehmen.
Oliver Muskalla ist schon viele Jahre Koch und Gastronom. Er hatte Läden in St. Ingbert, die „Tante Maja" in Saarbrücken fünf Jahre lang. In Sengscheid war er fünf Jahre im „Gasthaus Fath" und dann acht Jahre im „Sudhaus" in St. Ingbert. Er überlässt nichts dem Zufall, das spürt man sofort auch hier. Oliver Muskalla ist ein Tausendsassa, einer, der für die Gastronomie geboren wurde. Er ist ein positiv „Gastro-Bekloppter", denn Ideen sprudeln regelrecht aus ihm heraus.
Vor ein paar Jahren, 2017, fing Oliver Muskalla an, Bier zu brauen. Seine Craftbeer-Brauerei heißt „Herz und Heimat". Er braut fünf Biersorten, die es natürlich alle bei „Krempels" gibt: Das Helle heißt „Weisgerber", das Bernstein-Weizen „Ludwig", das Pale Ale „Kronprinz", das extraherbe Pils „Niko’s", eine Verbeugung vor Nico Becker, der damals sein Pils „Extra" nannte. Das letzte aus dem Hause Muskalla ist ein aromatisches Dunkles und heißt „Anton". Neben dem „Krempels" betreibt Muskalla in der Fußgängerzone von St. Ingbert die „Glasbier-Metzgerei", seine Flagship Bar in der Ludwigstraße 1. Hier gibt es neben Bieren von ihm und ausgewählten Gins auch Burger, Wurst und Salad Bowls.
Hier wird alles von Hand gemacht
Um es vorwegzunehmen: Ich habe bei „Krempels" hervorragend gegessen! Eine tolle Küche vom Meister und ein hervorragender Service zweier junger Frauen. Die Bierauswahl habe ich ja eben beschrieben, und auch die Weinkarte kann sich sehen lassen. Oliver Muskalla und seine Crew machen das sehr gut, und ich werde sicher sehr bald wieder dort auftauchen. Seine Küche ist wohldurchdacht, und die Produkte sind frisch. Hier wird alles handgemacht – ein unschlagbares Argument, dort einmal vorbeizuschauen. Muskalla ist ein Produktfanatiker, der alles frisch macht. Die kleine Karte bietet vier Vorspeisen, sechs Hauptgerichte und drei Nachspeisen. Kein Chichi, es geht schlicht ums Produkt. Dort findet sich als Vorspeise zum Beispiel eine richtige gute Burrata und ein Tomatensalat, wie ihn die Hausfrau sicher nicht präsentiert. Es sind Kapern dran, ebenfalls rote Zwiebeln. Die roten Zwiebeln wurden vorher eingekocht. Rote Zwiebeln haben immer etwas Süße, das passt sehr gut. Auch Basilikum ist dran und auch Koriander –
eines meiner Lieblingskräuter! Auch wenn viele Koriander gewöhnungsbedürftig finden, für mich ist er die Antwort auf Langeweile. Dazu noch etwas Limettenabrieb und ein Basilikum-Koriander-Pesto. Dazu eine Erdnusscreme mit Essig und Öl. Ein echter Hammer!
Sehr gut ist auch der Oktopus-Taco mit Tomaten, Avocado und Mojo-Rojo. Der mediterran gegrillte Oktopus wird auf einem Maispfannkuchen serviert und kommt als echt große Portion daher. Ich musste wirklich kämpfen. Der Sommer-Kräutersalat mit Halloumi und Kräuterkruste setzt sich aus vielen bunten Salaten mit vielen frisch gepflückten Kräutern zusammen. Angemacht ist er mit einem leicht süßlichen Balsamicodressing. Zudem gibt es als Vorspeise ein Lachs-Carpaccio-Ceviche mit Limetten, Belugalinsen-Salat und Wassermelone. Der dünn geschnittene Lachs „gart" in Säure, einer sehr sauren Limettensauce, und hat gleichzeitig die Süße von der Melone. Der Linsensalat dazu ist sehr kreativ und kommt mit Aprikosen daher.
Als Hauptspeisen gibt es beispielsweise ein Basilikum-Parmesan-Risotto mit Pfifferlingen, gratinierten Cherrytomaten und grünem Bratspargel. Ein ganz klassisches Risotto mit viel Basilikum, schmackhaftem Parmesan und frisch angebratenen Pfifferlingen. Wer lieber Nudeln mag, greift zur kleinen Tagliatelle mit angeröstetem Fenchel, Oktopus und einer herrlichen Safran-Weißweinsauce, die auf Basis von Krustentieren gezogen wird. Da bleiben keine Fragen mehr offen.
Für sein Cordon bleu verwendet Oliver Muskalla einen Kalbsrücken. Eigentlich fast schon eine Verschwendung und ein Frevel, aber Muskalla setzt eben auf hohe Qualiät. Gefüllt wird sein besonderes Cordon bleu mit Camembert, Tomaten und einem Krustenschinken. Der Lammlachs mit Kräutern und jeder Menge Knoblauch, wie es sich für ein Lamm gehört, kommt genau auf den Punkt gegart. Perfekt. Dazu gibt es mediterrane Kartöffelchen, getrüffeltes Erbsen-Püree und Pimientos de Padrón. Ein echtes Potpourri an gutem Geschmack. Zudem gibt es ein argentinisches Rinderfilet in Kräuterkruste mit einer dunklen selbst gemachten Kalbsjus und dazu grüner Bratspargel sowie Kartoffel-Selleriepüree. Ein echter Klassiker.
Rinderfilet mit einer dunklen Kalbsjus
Wer eher Fisch mag, der findet ein Wildlachsfilet, schön auf der Haut gebraten, mit einem Basilikum-Parmesan-Risotto, Krustentierfond und Grillgemüse.
Auch bei den Nachspeisen glänzt der Meister mit ehrlichem Handwerk. Alles wird hier von Hand gemacht, es gibt 0,0 Zukauf! Beispielsweise eine Mascarpone-Pannacotta, das schmeckt man. Es schmeckt schlicht besser als anderswo! Vielleicht liegt es am Himbeergeist und am Zartbitter-Cake. Alternativ gibt es eine Crème brulée mit Tonkabohne, Capuccino-Eis und Schokoladen-Ganache. Die Tonkabohne wird dafür mehrere Tage in der Sahne eingelegt, und das Cappuccino-Eis ist aus den Bohnen, aus dem auch der Kaffee im Haus gebrüht wird. Last but not least gibt es ein Dessert namens Dreieisig, das aufwendig aus Himbeere, Apfel-Basilikum und Cappuccino hergestellt wird und die pure Fruchterfrischung ist.
Dass sich auch die Weinkarte sehen lassen kann und gut ist für höhere Ansprüche, hatte ich bereits erwähnt. Dort findet sich beispielsweise Riesling aus der Pfalz vom Weingut Winning aus Deidesheim, oder ein offener Grauburgunder namens „Aufwind" von Thomas Hensel aus Bad Dürkheim. Wer lieber eine Cuvée aus Sauvignon Blanc, Semillion und Muscadell trinken möchte, bekommt hier aus Südwestfrankreich einen Entre deux Mers vom Château Nicot. Der Pinot blanc stammt von der Mosel, von Markus Molitor. Genau der richtige Wein für mein Essen.