Die nächste Marke aus China: Noch im Sommer will GAC die ersten Aion-Modelle bringen. Spannend wird es aber erst 2026, wenn gegen Mini, Smart & Co. der Aion UT antritt. Wir fahren ihn jetzt schon.
Weltweit sind sie nach eigenen Angaben bereits die Nummer drei bei den Elektrischen, doch bei uns kennt die Guangzhou Automobile Group quasi niemand. Das wollen die Chinesen jetzt ändern und starten unter dem Kürzel GAC noch in diesem Sommer den Export ihrer Elektromodelle. Während der Aion V, mit dem die Karriere auf dem Kontinent beginnen soll, als gerade noch kompaktes SUV von 4,60 Metern für einen Schätzpreis in der ersten Hälfte der 30.000er allerdings nur einer von vielen ist und es entsprechend schwer haben dürfte, wird es 2026 spannend. Dann geht gegen Modelle wie den Mini aus der BMW-Familie, den Smart #1, den BYD Dolphin und bis dahin wohl endlich auch den VW ID.2 der Aion UT ins Rennen. Der sieht nicht nur schicker aus und hat mehr Charme und mehr Charakter. Sondern vor allem soll er zu einem sehr viel attraktiveren Preis zu haben sein. Schließlich wollen die Chinesen – üppige Ausstattung hin, Einfuhrzölle her – deutlich unter 30.000 Euro bleiben. Schauen wir ihn uns an!
Verspieltes Ambiente, seriöse Ausstattung
Der knuffige Viertürer mit 4,27 Metern Länge hat eine leicht pausbackige Karosse, Glubschaugen-Scheinwerfer und Steilheck – und bietet überraschend viel Platz bei 2,75 Metern Radstand. Nicht nur in der ersten Reihe sitzt man bequem. Auch hinten haben selbst Erwachsene reichlich Beinfreiheit. In jedem Golf oder Astra geht es, obwohl beide länger sind, deutlich enger zu. Auch der Kofferraum ist mit 440 Litern großzügig bemessen und auf drei Ebenen praktisch nutzbar. Apropos praktisch: Wo der VW-Konzern bei seinen Modellen aus dem Modularen Elektrobaukasten (MEB) noch immer mit dem Frunk fremdelt, hat dieser China-Kleinwagen selbstredend den kleinen zweiten Kofferraum im Bug, der zumindest für das Ladekabel reicht.

Vor allem aber beweisen die Designer in ihrem Studio in Mailand beim Innenraum viel Liebe zum Detail. Zwar spürt man bei der Nagelprobe an den Konsolen den Kostendruck, hier gibt es viel hartes Plastik. Aber das ist bei den Europäern in dieser Liga nicht anders. Nur dass Farben und Formen hier schmuck und schick sind und es bisweilen sogar für ein Augenzwinkern reicht: Für die üblichen Utensilien gibt es nicht nur ein normales Handschuhfach. Zwischen den Sitzen wächst ein kleines Beistelltischchen samt gut einsehbarer Handy-Ladeschale empor. Davor ist eine Klappe für weiteren Kleinkram integriert, die ein wenig an ein Nachtkästchen in der Puppenstube erinnert.
Das Ambiente wirkt verspielt, aber die Ausstattung ist seriös – vor allem beim Infotainment: Die Chinesen sparen sich bis auf zwei Kugelwalzen am Lenker fast alle Schalter und Knöpfe. Stattdessen bündeln sie alles auf dem riesig großen, aber besonders flachen Touchscreen, der quer vor dem Armaturenbrett schwebt. VW dagegen stand Pate für die Instrumente, für die es wie bei ID.3 und Konsorten noch einen zweiten Bildschirm gibt – nur, dass der bei den Chinesen größer und brillanter ist als bei den Niedersachsen. Konstruiert ist der UT auf der gleichen Skateboard-Plattform, die auch den Aion V trägt, mit dem der Weg in den Westen geebnet werden soll. Auch hier gibt es einen Frontmotor mit 150 kW/204 PS. Und auch der UT kann mit bis zu 180 kW laden. Damit ist er schneller als die meisten europäischen Konkurrenten. Nur der Akku ist kleiner als beim großen Bruder. Seine 60 kWh ermöglichen eine (WLTP-)Reichweite von 430 Kilometern.
Wie die allermeisten China-Autos ist auch der UT eher sanftmütig abgestimmt und betont den Komfort. Daheim ohnehin, weil die chinesischen Verkehrsregeln das Tempo auf 120 km/h limitieren und die meisten Straßen breit und gerade sind. Aber auch vom Export-Setup sollte man keinen Kurvenfeger erwarten, selbst wenn sie dem UT bei uns Auslauf bis 180 km/h gewähren wollen. Stattdessen federt der UT butterweich auch über große Scharten und lässt sich mühelos mit dem kleinen Finger lenken – auch wenn die starke Unterstützung zulasten der Präzision geht.
Bei der Technik vielen Konkurrenten voraus
Das Bremsen ist ähnlich undefiniert, lässt sich aber vom Fahrer zumindest ein wenig regulieren. Denn der UT hat unterschiedliche Stufen der Energierückgewinnung, und in der stärksten genügt es schon, den Fuß vom Fahrpedal zu nehmen, um den Wagen spürbar zu verzögern. Zum Stillstand reicht die Bremswirkung des zum Generator umgepolten E-Motors dabei aber nicht.
Fazit: Klar gibt es viele elektrische Kleinwagen aus China. Doch der Aion UT sieht charmant aus und ist bei der Technik vielen europäischen Konkurrenten voraus. Wenn jetzt noch der Preis des Kleinwagens stimmt und die Chinesen ein bisschen Geschick bei der Auswahl ihrer Vertriebspartner beweisen, dann könnte er deshalb durchaus ein paar Punkte machen – als ein Charmeur mit guten Chancen.