Stefan Ochs liebt Austern. So sehr, dass der pensionierte Hochschulprofessor zur Weihnachtszeit einen Pop-up-Store eröffnete: die „Bar 34“. Die Idee kam in Saarbrücken so gut an, dass er bis heute einmal wöchentlich auf dem Nachmittagsmarkt im Nauwieser Viertel seine Austern verkauft.

Im Dezember vorigen Jahres entdeckte ich in Saarbrücken zum ersten Mal die „Bar 34“. Dort verkaufte der pensionierte Hochschulprofessor Stefan Ochs in seinem Pop-up-Store zur Weihnachtszeit Austern und Fischsuppe. Dieses Angebot hat mich sofort angesprochen, also kehrte ich in der „Bar 34“ ein. Die Austern stammten aus Südfrankreich vom Étang de Thau, und dazu gab es den regionalen Wein dieser Gegend, den Picpoul de Pinet. Das weckte bei mir Erinnerungen, denn ich war vor etwa 30 Jahren zum ersten Mal in dieser Gegend. Wir fuhren damals oft Hausboot in vielen Gegenden Frankreichs und ich blieb in Marseillan am Étang de Thau hängen. Auch ohne Hausboot führte mich mein Weg immer wieder dorthin. Denn – wie sollte es anders bei mir sein – ich hatte mich mit den Betreibern des Bistros am Hafen, Patricia und Charlie, angefreundet, und wohnte auch ab meinem dritten Besuch bei ihnen.
Name „Bar 34“ nach dem Département 34
Diese schöne Zeit fiel mir wieder ein bei meinem Besuch in der „Bar 34“. Der Hochschulprofessor Stefan Ochs hat seine Bar nach dem Département 34, dem Département Hérault genannt. Dieses erstreckt sich östlich von Narbonne bis östlich von Montpellier, und man kann dort vieles erkunden. Ich war früher dort unten immer mit dem Restaurantführer „Bottin Gourmand“ unterwegs, denn dieser ist nach Départements gegliedert und man findet ganz in der Nähe sofort das nächste gute Bistro oder Restaurant. Und davon gibt es im Hérault jede Menge. Ich erfuhr auch gleich, dass die saarländische Künstlerin Margret Lafontaine in Marseillan ein Atelier hat, um dort zu malen. Oft habe ich mit Margret Lafontaine später über dieses schöne Dorf geredet, denn sie kannte sich sehr gut aus.
Stefan Ochs war 1977 zum ersten Mal in Urlaub im Hérault. Und auch er war sofort angetan von der Region: „Dort habe ich dieses Leben kennengelernt. Ich war immer schon etwas affin, was das Mittelmeer anging. Es war schön da, und es hat sich bis heute in mein Rückenmark eingebrannt. Es gab immer in irgendeiner kleinen Markthalle Austern.“ Morgens wurden die Austern bei 22 Grad geerntet und dann direkt gegessen. Und diese Austern sind großartig! Sie heißen dort „des huîtres de Bouzigues“, also Austern aus Bouzigues. Benannt nach einem kleinen Ort am See. Ihre Zucht im Étang de Thau machen einzigartige natürliche Entwicklungsbedingungen möglich. Dank des milden Mittelmeerklimas ohne Gezeiten können diese im Wasser der Lagune wachsenden Muscheln voll und ganz vom Nährstoffgehalt des Phytoplanktons profitieren. Sie sind fest und schmelzend zugleich, ihr Fleisch ist zart und delikat und besticht mit feinen, nussigen Noten.
Beste Qualität zu guten Preisen

Stefan Ochs und sein vorweihnachtlicher Pop-up-Store haben den St. Johanner Markt längst wieder verlassen. Auf vielfachen Wunsch hatte er das Angebot bis in den Januar dieses Jahres verlängert. Inzwischen findet man ihn und seine Austern wöchentlich – immer donnerstags – auf dem Nachmittagsmarkt am Max-Ophüls-Platz im Nauwieser Viertel.
1991 besuchte Stefan Ochs einen Vortrag von Wolf D. Brix in Darmstadt. Dieser erzählte, er würde jetzt eine Austernbar machen. Und da Ochs selbst schon viele Jahrzehnte die Gegend um Marseillan und Sète besuchte, fand er diese Idee interessant. Denn er selbst hat schon immer gern Austern gegessen. In Marseillan gehören Austern beispielsweise zum täglichen Essen. Ich erinnere mich gern daran, wenn ich etwa morgens in Marseillan vom Hafen zum Markt spaziert bin, musste ich mehrere Male bei Bekannten stehen bleiben – zum Austernschlürfen.
Die Idee von einer Austernbar ließ Stefan Ochs nicht mehr los. Vor ein paar Monaten kam er mit Mauro de Lorenzo ins Gespräch. Dieser betreibt über Sommer die Eisbar an der Stelle, an der Ochs später, um die Weihnachtszeit, seine „Bar 34“ betrieb. Di Lorenzo fand die Idee gut, und Stefan Ochs setzte sie um. Und es wurde eine echte Erfolgsgeschichte. Wie bereits erwähnt musste er damals sein Angebot bis in den Januar hinein verlängern, weil immer mehr Leute Interesse zeigten. Wohl auch, weil er gute Qualität zu vernünftigen Preisen anbietet. Die Nachfrage war so groß, dass ihm das Ganze fast schon zu viel wurde.
Das Konzept hat er nun beim Nachmittagsmarkt am Max-Ophüls-Platz im Nauwieser Viertel beibehalten. Diesen Markt habe er übrigens zusammen mit seinen Studenten einst erfunden, erzählt er. Sie hatten ein Projekt namens „Plan B“. Dort wurde überlegt, wie man Saarbrücken schöner machen könne. Unter anderem wurde die Idee diskutiert, die Stadtautobahn zum Grillplatz zu machen. Die Idee, den Nachmittagsmarkt zu realisieren, schließlich griff. Viele Märkte in der Landeshauptstadt verlieren immer wieder Händler, da musste ein neues Konzept her. Nämlich von 14 bis 20 Uhr – dann, wenn auch Berufstätige dorthin kommen können. Der ideale Marktplatz in Saarbrücken wäre nach Ochs’ Meinung der Beethovenplatz, mit einer Markthalle.
Passender Wein zu den Austern
Zudem macht Stefan Ochs immer wieder Veranstaltungen mit Bistros und Festivitäten. So war er schon mit Austernstand in der „Brasserie“ in der Fröschengasse. Außerdem betrieb er einen Stand beim Straßenfest des Jazzfestivals „fill in“. Weiter in Planung ist demnächst ein Fest am Staden. So lernt er auch immer wieder Interessierte für die „Bar 34“ kennen.

Der dazugehörige Wein, den er anbietet, der Picpoul de Pinet, wird nur ein paar Meter vom Étang de Thau angebaut. Pinet ist etwa zehn Kilometer von Mèze weg. Mèze ist einer der wichtigsten Orte am Étang de Thau. Ochs bezieht seinen Wein seit 1986 von einem Bio-Weingut aus Pinet. Dieses hat zum Beispiel bei der Weinmesse in Paris eine Auszeichnung bekommen. Und wie es auch mir damals ging: Die Menschen trinken ihn zum ersten Mal – und bestellen gleich einen zweiten. Diese Austern und dieser Wein passen einfach zusammen! Da kommt bei allen sofort Urlaubsfeeling auf.
Piquepoul, so die Schreibweise der Rebsorte, ist eine autochthone Rebsorte aus dem Languedoc. Der Name bedeutet so viel wie Lippenstecher, was auf die knackige Säure zurückzuführen ist. Verbunden mit einem sehr trockenen Stil macht sich die Säure eben bemerkbar, und daher passt der Wein wunderbar zu Muscheln und besonders zu Austern. Das wissen die Franzosen zu würdigen und feiern mit Picpoul de Pinet auch das Fest der Austern von Bouzigues.
Doch wie bekommt Stefan Ochs die Austern frisch nach Saarbrücken? Irgendwann fuhr er einmal nach Sète und lernte dort Simon Julien kennen. Dieser produziert mit seiner Firma „Vitres des Bouzigues“ und betreibt ein Exportgeschäft. Mittlerweile ist es so organisiert, dass Julien die Austern nach Metz liefert. Am nächsten Morgen holt Stefan Ochs diese in Metz ab und verkauft sie sofort.
Seit meinem Treffen mit Stefan Ochs rotiert mein Kopf, und die alten Geschichten aus Marseillan rufen sich wieder in Erinnerung. Etwa die, wie ich die ersten großen Weine aus dem Languedoc-Rousillon kennenlernte. Ich war bei Charlie im Bistro mit einem Tisch deutscher und einem Tisch französischer Hausbootfahrer. Charlie bat mich, die Deutschen zu fragen, was sie als Letztes trinken wollten, und er fragte die Franzosen. Als sie alle weg waren, schloss er die Tür ab. Dann sagte er: „So, cher Rolf, jetzt probieren wir all die großen Weine aus der Region aus meinem Privatkeller.“ Ich lernte viel, und wir gingen etwa gegen 3.30 Uhr in der Früh nach Hause. Ich könnte sofort nochmals an den Étang de Thau fahren. Es war einfach immer wunderbar dort!