Die Antarktis ist immens wichtig für Forscher, doch sie ist auch lebensfeindlich. Damit Menschen längere Zeit in dieser Umgebung bleiben können, braucht es einiges an Einfallsreichtum – und Zukunftstechnologien.
Am 1. Dezember 1959 unterzeichneten zwölf Staaten in Washington den sogenannten Antarktisvertrag, den mittlerweile mehr als 50 Staaten ratifiziert haben. Einer der darin festgelegten Punkte ist, dass in der Antarktis kein Staat Besitz- oder Eigentumsansprüche geltend machen darf. Insofern ist der siebte Kontinent bis heute unbewohnt – abgesehen von zahlreichen Forschungsstationen, die aber durchaus ihre Berechtigung haben. Deren Forschung hat wesentlich zum Wissen über die Erde beigetragen und trägt vor allem auch zum Schutz der globalen Umwelt bei. Umweltüberwachung in der Antarktis führte beispielsweise zur Entdeckung des saisonalen Ozonabbaus über der Antarktis.
Sogar eine eigene Kläranlage ist eingebaut
Nach Angaben des Umwelt-Bundesamtes halten sich im Winter etwa 1.000 Menschen in der Antarktis auf, im Sommer sind es bis zu 4.000. Doch immer nur für einige Monate. Die Lebensbedingungen vor Ort sind so unwirtlich, dass das Überleben zur Herausforderung wird. Die tiefste bislang gemessene Temperatur lag bei -89 Grad Celsius. Hinzu kommen Windgeschwindigkeiten, die locker 200 Kilometer pro Stunde erreichen können. Während es im Sommer 16 Stunden lang Sonnenschein gibt, bleibt es im arktischen Winter dunkel. Das alles sind enorme Herausforderungen für die Menschen vor Ort, aber auch das Material, das die Menschen vor der eisigen Kälte schützen soll.
Eine dieser Forschungsstationen ist das deutsche Projekt Neumayer-Station III, seit 2009 ist die Station auf dem sogenannten Ekström-Schelfeis an der Küste des östlichen Weddellmeeres in Betrieb. Da sich das Schelfeis jeden Tag etwa 40 Zentimeter in Richtung Küste vorschiebt, bringt das besondere Herausforderungen mit sich. Hinzu kommt, dass Gebäude in der Antarktis ständig wachsenden Schneemassen standhalten müssen. Die beiden Vorgänger-Stationen des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung wären von dem ständig wachsenden Druck der Schneemassen fast zerdrückt worden.

Daher haben sich die Entwickler für die Neumayer-Station III etwas Besonderes einfallen lassen. Die Gesamtlast der Station von 2.300 Tonnen verteilt sich auf 16 Fundamentplatten. Die eigentliche Station liegt oberhalb der Schneeoberfläche und wird dabei von 16 hydraulischen Stützen getragen. Diese können das gesamte Gebäude anheben, um den sogenannten Schneezutrag durch Verwehungen auszugleichen, sodass das 68 mal 24 Meter große Gebäude immer etwa sechs Meter über dem Eis „schwebt“. Bis zu 50 Personen finden hier im Sommer Platz. Die Fundamentplatten dienen gleichzeitig als Garage für den benötigten Fuhrpark. Dieser ist über eine verschließbare Rampe aus Schnee zu erreichen. Die feuerverzinkte Blechaußenhülle mit dämmender Hartschaumfüllung widersteht dabei Eisstürmen und hoher UV-Strahlung besser als Stahl.
Drei Dieselgeneratoren sowie mehrere Windgeneratoren sorgen für die elektrische Versorgung der Station, wobei die erzeugte Energie soweit wie möglich in einem geschlossenen System bleibt. Über eine Schneeschmelze wird die Station mit Trinkwasser versorgt. Neben Labor- und Unterkunftsräumen gibt es eine Lounge mit vielen Fenstern, einen Waschraum mit zwei Waschmaschinen und zwei Wäschetrocknern, eine Sauna, einen Serverraum, Dusch- und Waschräume, einen Essensraum mit Durchreiche in die Küche, einen Besprechungsraum, einen Krankenbehandlungs- und einen Operationsraum, verschiedene Lagerräume, eine Großraumkühlzelle, einen Kleiderwechselraum, einen Heizraum, einen Schulungs- und Planungsraum sowie sogar eine eigene Kläranlage.
Machbarkeitsstudie zu Wasserstoffnutzung
Auch wenn es ohne Dieselgeneratoren meist nicht geht, setzen andere Stationen wie die von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe betriebene Station Gondwana zusätzlich statt auf Windanlangen auf sogenannten Solar Luftkollektoren zum Beheizen der Station. Die gängigen Solar-Luftkollektoren sind ähnlich aufgebaut wie ein klassischer Solarthermie-Flachkollektor: In einem flachen Kasten – meist aus Aluminium – befinden sich beschichtete sogenannte Absorber aus Metall oder Kunststoffen. Durch diese strömt beim Solar-Luftkollektor Luft anstelle von Wasser. Abgedeckt ist die Kollektorwanne mit einer gehärteten Glasscheibe oder einem witterungsfesten Kunststoff. Ein Ventilator sorgt in der Regel dafür, dass der Kollektor durchströmt wird.
Manche Solar-Luftkollektoren sind auch mit einem integrierten Photovoltaikmodul ausgestattet. Dieses ermöglicht einen vom Stromnetz unabhängigen Betrieb des Ventilators. Das heißt, sie arbeiten völlig energieautark und benötigen keine weitere Regelung: Scheint die Sonne von einem wolkenlosen Himmel senkrecht auf den Kollektor, dann erzielt dieser seine höchste Leistung, und zugleich sorgt das PV-Modul dafür, dass der Ventilator die Energie mit einem kräftigen Luftstrom ins Gebäude befördert. Ist die Sonneneinstrahlung schwächer, so nimmt auch die photovoltaisch erzeugte Gebläseleistung ab. Nachts bleibt der Luftstrom aus.
Künftig könnte grüner Wasserstoff eine alternative Quelle zu fossilen Kraftstoffen beim Betrieb solcher Stationen sein. Forscher des Helmholtz-Instituts Berlin und der Universität Heidelberg untersuchen, wie sich Sonnenenergie in eine gut speicherbare Energieform umwandeln lässt, also an Systemen, die mit Sonnenlicht Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufspalten. Wasserstoff speichert dabei die Energie des Lichts als chemische Energie. Bei Bedarf kann diese wiederum in elektrische Energie, also Strom oder Wärme, umgewandelt werden. Dabei entsteht nur Wasser, aber keine schädlichen Emissionen. Wasserstoff lässt sich zudem in Druckflaschen speichern, sodass Wasserstoff auch für die Winterzeit zur Verfügung stünde. Aktuell läuft eine Machbarkeitsstudie, die prüfen soll, inwieweit diese Technologie unter den extremen Bedingungen der Antarktis funktioniert. Denn bei extremer Kälte laufen chemische Reaktionen nur sehr langsam ab.