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WAS MACHT EIGENTLICH...

In den 70ern feierte Leo Sayer seine größten Erfolge
Foto: Getty images / Redferns

Leo Sayer?

In den 70er-Jahren hatte er mit Songs wie „The Show Must Go On“ oder „When I Need You“ große Charterfolge in England und den USA. 2006 schaffte er es mit einem Remix überraschend noch einmal an die Chartspitze. 2024 veröffentlichte er sein bisher letztes Album „1992“.

Wer über ein halbes Dutzend Top-Hits hatte und auch für andere Künstler wie Cliff Richard („Dreamin´“) oder Roger Daltrey erfolgreiche Songs komponierte, sollte nach über 50 Karrierejahren eigentlich ausgesorgt haben. Bei Leo Sayer ist das etwas anders. „Ich wurde von meinem Manager abgezockt. Er hat meine Unterschriften auf Verträgen gefälscht und mein ganzes Geld verpulvert“, klagte er vor ein paar Monaten in der „Yorkshire Times“. Sein Manager Adam Faith hatte in den 70er-Jahren mit fragwürdigen Investments und überhöhten Geschäftsausgaben dafür gesorgt, dass Sayer von den Einnahmen aus seinen sieben Nummer-eins-Hits nichts übrigblieb.

Finanzielle Enttäuschungen

Der britische Sänger Leo Sayer 2023 bei einer Feier zum Gedenken an den australischen Komiker und Schauspieler Barry Humphries
Der britische Sänger Leo Sayer 2023 bei einer Feier zum Gedenken an den australischen Komiker und Schauspieler Barry Humphries - Foto: IMAGO / AAP

In einem Prozess einigte sich der Sänger 1992 mit dem Manager außergerichtlich auf 650.000 Pfund Entschädigung und erhielt das Recht an seinen Kompositionen zurück. Ein paar Jahre später verlor Sayer dann auch noch seine Einlagen in einem gescheiterten Pensionsfonds. Er hat diese finanziellen Enttäuschungen inzwischen abgehakt, obwohl er sich damals „am liebsten selbst umgebracht hätte“. Für ihn habe es einen reinigenden Effekt gehabt, diese Angelegenheit offen zu thematisieren, auch in seiner gerade erschienenen Autobiografie. „Ich arbeite gerade auch an einer Hörbuch-Version meiner Autobiografie und vielleicht machen wir auch noch einen Film daraus“, verriet Sayer Ende 2024 der „Yorkshire Times“. Er habe in seinem Leben bisher viele Rückschläge einstecken müssen, aber auch viel Positives erlebt und dank seiner musikalischen Erfolge immer ein sicheres Fundament gehabt. Als persönliche Strategie hat er sich die „20-Minuten-Theorie“ ausgedacht: „Ich versuche mich immer auf das zu konzentrieren, was in den 20 Minuten davor passiert ist, und auf das, was in den folgenden 20 Minuten kommen wird“, erklärt Sayer.

Der gebürtige Engländer, der in Australien lebt und seit ein paar Jahren auch die australische Staatsbürgerschaft hat, geht mit 76 immer noch auf Tour, weil er die Live-Atmosphäre nicht missen möchte. „Wenn ich auf die Bühne komme und die Reaktionen des Publikums wahrnehme, dann ist mir klar, dass alles gut wird.“ Nach der Corona-Pause konnte Sayer im Vorjahr wieder in Irland und England vor begeistertem Publikum auftreten, wobei er großen Wert darauf legt, kein vorproduziertes Material einzuspielen: „Da sitzen einfach fünf Leute auf der Bühne und musizieren gemeinsam.“ So entstehe etwas Unerwartetes, ein magischer Moment, der es ihm und seiner gut eingespielten Band ermögliche, eine gute Show abzuliefern. Sayer liebt es auch, nach den Konzerten noch hinter der Bühne mit den Fans zu plaudern und dabei die schöne Gemeinschaft zu spüren.

In fünf Jahrzehnten im Showbusiness hat Sayer viele Veränderungen erlebt. Trotz ungeahnter technischer Neuerungen habe sich aber nicht alles zum Vorteil entwickelt. So seien beispielsweise „die Radioprogramme verschwunden, in denen man direkt nach Nana Mouskouri die Rolling Stones hören konnte“. Heute sei auch das mediale Feedback sehr viel größer: „Anders als früher wirst du dir heute ständig deiner Popularität bewusst.“ So könne es inzwischen passieren, dass er morgens nach dem Aufwachen schon 50 Nachrichten bei Facebook habe.

Alte Songs neu aufgelegt

Leo Sayer glaubt, dass er selbst sich nicht sehr verändert habe, bloß ein bisschen weiser und erfahrener geworden sei: „Ich bin immer noch der neugierige Kerl, als der ich im Musikgeschäft gestartet bin“, betont er. „Und ich bin immer noch ehrgeizig. Ich denke, dass ich mein bestes Album und meine beste Show immer noch vor mir habe“, sagte er im Vorjahr der „New York Music Revue“.

Sayer bezeichnet sich selbst als eine Art „Einzelkämpfer“, der gerne alleine arbeitet. „Wenn ich Platten vorbereite, kapsele ich mich ab wie ein Eremit. Ich überlege nicht, mit wem ich zusammenarbeiten könnte, sondern will immer nur das Beste aus mir selbst herausholen.“ Sayer gibt aber dennoch zu, dass er manchmal schon von einer gemeinsamen Platte mit Bob Dylan geträumt hat. Seine uneingeschränkte Bewunderung gilt auch den Beatles, die für ihn die „größte Band aller Zeiten“ sind und deren Musik er 2022 mit seinem Album „Northern Songs“ mit Neuinterpretationen gewürdigt hat. Überhaupt zeigt er sich erfreut darüber, dass auch „alte Musiker wie die Stones, Springsteen oder Billy Joel“ heute immer noch in der ganzen Welt erfolgreiche und zeitgemäße Konzerte spielen: „Wir sind nicht im Aspik der Vergangenheit konserviert!“

Sein im Vorjahr erschienenes Album fasst unter dem Titel „1992“ unveröffentlichte Songs zusammen, die er in den Jahren 1992-94 komponiert hat, aber wegen eines fehlenden Plattenvertrages nicht veröffentlichen konnte. An den früheren Versionen hat er nur wenig verändert, weil er in dieses Material verliebt war. „Die Songs fühlen sich zeitgenössisch und frisch an. Es wird ein schönes Album!“, schwärmte der Sänger 2024 vor der Veröffentlichung. 

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