Warum wir uns bei Nachmittagsshows der Privatsender gut aufgehoben fühlen
Nachdem wir unseren Bildungshunger wie üblich in Wochenmagazinen gestillt haben, versuchen wir manchmal noch, beim Nachmittagsprogramm der privaten TV-Anbieter zu entspannen. Bei Vox lieben wir beispielsweise die Sendung „Shopping Queen“, wo man ein paar Damen 500 Euro in die Hand drückt, damit sie sich ein neues Outfit zulegen können. Das Ergebnis jeder Einkaufstour wird der Gruppe dann am eigenen Leibe liebevoll präsentiert und reihum bewertet – meist sogar unvoreingenommen.
Ebenso geht uns das Herz auf, wenn in der Vox-Show „Deko-Queen“ fünf Damen abwechselnd einen bestimmten Geldbetrag für die Umgestaltung eines häuslichen Zimmers „verbraten“ dürfen. Vorgeschrieben ist allerdings die Verwendung eines „Eyecatchers“, bei dem es sich im günstigsten Fall um eine auffällige pink-grüne Gummi-Ente handelt. Auch hier lieben wir die respektvolle Bewertung am Ende jeder Präsentation. Die Punktbesten erhalten den Titel „Shopping Queen“ beziehungsweise „Deko-Queen“ samt überschaubarer Gewinnsumme.
Zumindest bei der „Deko-Queen“ geht dieser Betrag bestimmt für die Rückverwandlung des zuvor renovierten Raumes in ein gemütliches Zimmer drauf! Wir jedenfalls fühlen uns dabei bestens unterhalten, auch wenn in diesen Shows leider keine Kerle vorkommen. Als ästhetisch interessierter Mann wären wir noch begeisterter, wenn man uns statt immer nur Fußball auch mal eine Sendung „Deko-King“ anbieten würde.
Als wir genug von Mode und Deko hatten, wechselten wir zu RTL2, wo bei „Zuhause im Glück“ oder „Schnäppchenhäuser“ vom Schicksal gebeutelten Menschen auf Kosten des Senders geholfen wird, ihre für 30.000 Euro erstandene Bruchbude in eine Wohlfühl-Oase zu verwandeln. Wenn das gelingt, flippen wir aus und wünschen uns spontan einen Anruf des spendablen Fernsehteams.
In beiden Shows menschelt es so sehr, dass wir hinterher wegen verheulter Augen kaum noch zur Zeitschriftenlektüre zurückkehren können. Also schalteten wir schnell um zu den Öffentlich-Rechtlichen, wo wir uns Niveau und Abwechslung erhofften. Leider gerieten wir aber in Sendungen, die ähnliche Inhalte wie die vorangehenden transportierten.
So zeigte die ARD einen uninspiriert gewandeten Mann, der sein vermutlich frisch renoviertes Zuhause gerade der Öffentlichkeit präsentierte. Er trat durch eine riesige goldene Tür – vermutlich der vorgegebene „Eyecatcher“ – und schritt stolz durch üppig vergoldete Räume, vermutlich in Erwartung einer handverlesenen Bewertungskommission. Den Hauptdarsteller, offensichtlich ein TV-Liebling, kannten wir schon aus ähnlichen Vorgängersendungen. Dort präsentierte er auch schon mal seinen extrem langen Lieblingstisch, an dem er mit seinem mindestens zehn Meter entfernt sitzenden Gegenüber ein intimes Gespräch führte – vermutlich über preisgünstige Innenausstattung. Leider blieb unerwähnt, ob die ARD für diese immer wieder gern gezeigten Renovierungsmaßnahmen tief in die Tasche greifen muss oder ob es Sponsoren für die präsentierte Pracht gibt.
Als dann der Bauherr begann, sein Publikum auf Russisch um eine faire Punktvergabe zu bitten, sind wir schnell zum ZDF gewechselt. Dort lief offenbar gerade die nordkoreanische Modenschau „Shopping Kim“: Ein etwas dicklicher Mann führte auf einer großen Bühne ein langweilig-schwarzes, uniformähnliches Outfit vor und wurde dafür von einer euphorisierten Jurorenmenge bejubelt. Leider hatte er keine Mitbewerber, sodass unser sportliches Interesse an einer solchen Modenschau schnell abflaute – auch wenn wir noch erfuhren, dass der gezeigte Mann gerade Tausende Mode-Experten zu seinem Freund mit der goldenen Tür geschickt hat, um ihm mit feldgrauen Klamotten an der Kleidungsfront auf die Sprünge zu helfen.
Angesichts solcher Parallelen in den Programmen schalteten wir dann doch lieber wieder zu den Nachmittagsshows der privaten Sender zurück. Den Darstellern dort fühlen wir uns doch irgendwie mehr verbunden. Auch brauchen wir keine Angst zu haben, dass man dort Kriegsverbrecher und Menschenrechtsverletzer hofiert!