Seit einigen Jahren führen TUMO-Center weltweit Jugendliche früh an Naturwissenschaft und Technik heran. Im Herbst startet ein Center in Saarbrücken. Leiterin Mareike Eggers erläutert, was hinter dem Konzept steckt.
Frau Eggers, was genau macht ein TUMO-Center?
TUMO ist ein Lernkonzept, das 2011 in Armenien entwickelt wurde. Die Center sind Lernzentren für Kinder und Jugendliche im Alter von zwölf bis 18 Jahren, die neben ihrer schulischen Ausbildung noch etwas mehr im Bereich von Technik, Medien oder Design erlernen möchten. Die Lernmethoden sind dafür extra entwickelt worden und stellen das Technologische, Spielerische, Kreative in den Vordergrund. Das Konzept ist gemeinnützig, und hat daher die Bedingungen, dauerhaft kostenfrei zu sein, trotzdem aber eine hochwertige, moderne Ausstattung zu bieten. Damit gehen wir auf junge Menschen zu und bieten ihnen an, in unserem Zentrum ihre Lust auf Technologie und ihre Kreativität auszuprobieren und weiterzuentwickeln. Acht Bereiche bieten wir hierbei an: 3D-Modellierung, Zeichnen, Programmieren, Fotografieren, Grafikdesign, Game Development, Robotik und Filmproduktion.
Dabei geht es zum einen ums Lernen in der Gruppe, aber auch darum, selbst für sich zu lernen – also noch mehr Hausaufgaben?
Wir wünschen uns hier eine coole, lockere Lernumgebung, die an das Thema barrierearm heranführt. In den Selbstlerneinheiten steigen die Kinder weitestgehend selbstständig, aber mit Unterstützung in die Themen ein. In den Workshop-Phasen wird das Erlernte dann vertieft und in Praxisprojekten umgesetzt. Die Dauer der Teilnahme am Programm ist dabei völlig individuell – solange es eben Spaß macht.
Dies alles beginnt zunächst mit einer Orientierungsphase – wie lange ist diese?
Ja, für Eltern wie für die Jugendlichen, die daran Interesse haben, gibt es aktuell regelmäßige Infoveranstaltungen (Termine in der Infobox, Anm. d. Red.). Im September eröffnet dann das Zentrum mit der angesprochenen Orientierungsphase. Diese geht über vier Wochen, in denen sie zweimal pro Woche je zwei Stunden im TUMO-Center sind. Hier bekommen sie alles erklärt, lernen die Lernfelder kennen und wie alles abläuft.

Wie läuft dann das Lernen im TUMO-Center genau ab?
Jeder, der teilnehmen möchte, entscheidet für sich, welche vier Themenfelder er oder sie bearbeiten möchte. Es müssen deshalb immer vier sein, weil die extra für die Center entwickelte Software dies verlangt. Wer nur Interesse an zum Beispiel Fotografie hat, kann beim Bearbeiten die übrigen drei einfach weglassen, das ist kein Problem. Genauso kann ein Lernfeld ausgetauscht werden, wenn im Austausch mit anderen Jugendlichen auf einmal das Interesse an einem bislang nicht gewählten Lernfeld entsteht. Die Software des TUMO-Centers erstellt für jeden Schüler einen individuellen Lernpfad. Auf diesem Pfad wechseln sich Phasen mit Workshops und Phasen des Selbstlernens miteinander ab. In der Selbstlernphase, die einmal pro Woche zwei Stunden lang stattfindet, betreut sie ein Coach, der jederzeit auf die Bedürfnisse individuell eingehen und sie unterstützen kann. In dieser Phase gibt es ein paar Aufgaben zu erledigen, die letztlich zu den Inhalten des Workshops führen. Einzige Bedingung: Wer sich für die Workshops qualifizieren will, sollte alle Selbstlerninhalte bearbeitet haben. Die Geschwindigkeit, also wie lange man dafür braucht, und wann man welches Lernfeld bearbeitet, ist dabei völlig zweitranging. Am Ende dieser Selbstlernphase steht der Workshop. Die Workshops dauern jeweils vier Wochen, in denen die Teilnehmer aber zweimal pro Woche für je zwei Stunden ins Zentrum kommen. So werden die Projekte kompakt und mit viel Motivation umgesetzt. Pro Workshop wird es einen entsprechenden Raum mit Geräten und Computern geben. Die Software, die wir darin verwenden, ist sehr hochwertig, zum Beispiel nutzen wir Maya und ZBrush für 3D-Modellierung. Die Programme der Adobe Creative Cloud werden in mehreren Lernfeldern eingesetzt. Robotik beruht auf dem Arduino-System. Die Workshops, immer geleitet von einem Workshop-Leiter mit nachgewiesener Expertise, werden in Gruppen von acht bis maximal 16 Teilnehmern durchgeführt.
TUMO ist ein Franchise-Konzept, das heißt, die Gestaltung der Lerninhalte ist aufeinander abgestimmt und von der TUMO-Organisation zentral festgelegt?
Ja. Inhalte und Reihenfolge der einzelnen Bestandteile der Lernfelder sind in jedem TUMO-Center gleich und bauen aufeinander auf.
Was steht am Ende eines solchen Workshops?
Ein eigenes Projekt, das die Jugendlichen einzeln oder miteinander realisieren, zum Beispiel ein Film oder ein Roboter. Am Ende fließen alle diese Projekte, die eine Jugendliche realisiert hat, in ein Online-Portfolio ein – ein Link, hinter dem das Projekt liegt und das man Freunden und Familie zeigen kann, mit dem man sich aber auch bei weiterführenden Schulen und Hochschulen bewerben kann. Der Link bleibt dauerhaft erhalten. Diese Angebote gibt es während der Schulzeiten. In den Ferien bieten wir Learning Labs an, freiere Formate, in denen wir gemeinsam Projekte mit der Wirtschaft, mit Influencern oder Hochschulen anbieten.
Die Aktivitäten finden also zentral im TUMO-Center in Saarbrücken statt. Wie bringen Sie Schülerinnen und Schüler aus weiter entfernen Landkreisen dazu, hierherzukommen?
Wir führen derzeit Gespräche, um uns auch im ländlichen Raum bekannter zu machen. Dazu soll es auch sogenannte TUMO-Boxen geben, die in den Landkreisen aufgestellt werden. Diese Art der Außenstelle soll vor Ort das Selbstlernen ermöglichen, damit die Jugendlichen dafür nicht extra nach Saarbrücken kommen müssen. Was nicht möglich ist, ist das Workshop-Geschehen zu verlagern, das wäre finanziell und logistisch zu aufwendig.
Wer finanziert das Center?
Wer sich bislang sehr für das Center ins Zeug gelegt hat, ist das Wirtschaftsministerium des Saarlandes. Mit einer Förderung von fünf Millionen Euro aus dem Transformationsfonds sind wir finanziell die kommenden drei Jahre abgesichert. Es liegt im Interesse des Landes, früh junge Leute an Technologie heranführen und sie als Fachkräfte später im Saarland zu halten. Starten werden wir im ‚Haus des Wissens‘ als Gast der Fachhochschule HTW Saar. Geplant ist ein Umzug auf den Schanzenberg, wo ein extra auf das Angebot von TUMO angepasstes Gebäude entstehen soll. Die Weiterfinanzierung werden wir selbst einwerben, es gibt bereits finanzielle Zusagen seitens der Montanstiftung und einer anderen großen Stiftung.