Die Jungs gegen die Supes: Bereits der Trailer zur vierten Staffel von „The Boys“ macht Appetit auf noch mehr böse Satire auf das Superhelden-Genre aus dem Hause Amazon. Dieser Text enthält leichte Spoiler.
Die Jungs sind zurück in der Stadt! Die Stadt ist ein satirisches Zerrbild von New York City und die Jungs sind … nun ja, „The Boys“ eben. Ein zusammengewürfelter und titelgebender Haufen an Randexistenzen, die sich geschworen haben, die „Supes“ auszuschalten. „Supes“, das sind die Superhelden, die in der alternativen Realität, in der Amazons Quotenhit spielt, einem alltäglichen Leben nachgehen – und dabei menschlicher sind als die meisten Menschen. Im Mittelpunkt dieses vergnüglichen, teils ultrabrutalen Kampfes Nur-an-der-Oberfläche-Gut versus Hui-das-ist-ja-noch-böser-als-gedacht stehen Butcher und Homelander.
Billy Butcher (großartig: Karl Urban) ist ein ehemaliger Agent des britischen Special Air Service und hasst alle Supes. Warum seine größte Abneigung gegen Homelander (Super-großartig: Antony Starr) zielt, ist in einen der zahlreichen Handlungsstränge eingeflochten und sorgt für abgründige Dramatik. Homelander ist eine Art satirisch überspitzte Fusion von Superman und Captain America und hat neben ultimativen Superkräften auch eine super-unstabile Persönlichkeit.
Staffel eins beginnt mit der Rekrutierung von Hughie Campbell (Jack Quaid), der nach dem Tod seiner Freundin Robin in eine Sinnkrise stürzt. Dieser Tod wurde durch den Superhelden und schnellsten Mensch der Welt, A-Train (Jessie T. Usher), verursacht. Mithilfe von MM (Laz Alonso) und Frenchie (Tomer Capone) sowie der mysteriösen Kimiko (Karen Fukuhara) decken „The Boys“ eine Verschwörung um die Droge Compound V auf. Hughie durchlebt dabei seine Heldenreise, löst sich von seinem schluffigen Vater (Simon Pegg in einer Gastrolle) und bandelt mit Superheldin Starlight (Erin Moriarty) an.
Homelander und A-Train sind etablierte Mitglieder der „Seven“, oberflächlich betrachtet die Gruppe der sieben mächtigsten Superhelden. Doch hinter dieser „Justice League“-Variante steht der Konzern Vought International, der die Supes vor allem danach einstellt, wie sie sich vermarkten lassen. Starlight wird nach einer Rekrutierungsphase à la „Deutschland sucht den Superstar“ in den erlauchten Kreis aufgenommen. Ihre anfängliche Naivität legt sie nach einem sexuellen Übergriff von The Deep (Chace Crawford) schnell ab. The Deep wiederum hat im engeren Sinne keine Superkräfte, sondern Kiemen, kann super-gut schwimmen und mit Wasserbewohnern kommunizieren, was immer wieder für Laut-drauflos-lach-Momente sorgt. Stichworte: Entführung eines Delfins und sexuelle Eskapaden mit einem Oktopus.
Kinoreife Optik, gute Drehbücher
„The Boys“ überzeugt mit einer kinoreifen Optik und Drehbüchern, die einfach famos alles aus den Charakteren herausholen. Die Besetzung bis in die Nebenrollen und Gastauftritte hinein ist herausragend und so erhält jede Figur ein eigenes Leben, trotz Satire auf bereits bekannte Superhelden. Antagonisten und Protagonisten entwickeln sich im Laufe der bislang drei Staffeln immer weiter und man wird einfach nicht müde, der tragischen Bösartigkeit von Butcher sowie der nicht minder tragischen Verlorenheit von Homelander zuzuschauen. Staffel vier ist gerade bei Amazon gestartet, eine fünfte Staffel ist bereits beschlossen.
Die Serie nimmt gnadenlos immer wieder Zeitgeschehen aus Politik oder Medienlandschaft auf die Schippe, etwa das gut gemeinte, aber sehr sehr peinliche Corona-Quarantäne-Video von Schauspielerin Gal Gadot. Vor allem in Staffel zwei thematisiert die Reihe supernationale Gedanken, etwa, wenn Stormfront (Aya Cash) auftaucht und sie den eh schon unstabilen Homelander mit ihrem Rassenhass gegen Nicht-Superkräftler weiter anstachelt. In Staffel drei wiederum taucht Soldier Boy (Jensen Ackles) auf und verbündet sich kurzzeitig mit den „Boys“ – denn er hat seine ganz eigene Verbindung zu Homelander. In der jetzt startenden Staffel vier steht das Leben von Billy Butcher auf der Kippe.
Wie die Rädchen der Erzählstränge ineinandergreifen, zeugt von einer dermaßen hohen Qualität, dass auch hier die Marketingabteilung nicht schläft. Denn neben der Serie, die auf einer Comic-Reihe basiert, hat „The Boys“ weitere Ableger gefunden. „Gen V“ ist ein Spin-off, „The Boys: Diabolical“ ist eine Anthologie-Animationsreihe, die in jeder Folge Geschichten aus dem „The Boys“-Universum mit unterschiedlichem Stil erzählt.