Der 1. FC Köln geht mit einer mächtigen Hypothek in die nächste Saison in der Zweiten Liga: Der Verein darf keine neuen Spieler registrieren und ist somit von Jugendspielern und dem aktuellen Kader abhängig. Die Ziele sind dennoch groß.

Es war neben dem Abstieg im vergangenen Jahr das vorherrschende Thema in der Domstadt: Der Internationale Sportgerichtshof (CAS) hat die Entscheidung der Fifa-Rechtskammer bestätigt, den Verein mit einer Transfersperre für zwei Transferperioden zu belegen. Die Sperre, die im Dezember letzten Jahres bestätigt wurde, trat damals sofort in Kraft. Der FC war gegen die ursprüngliche Entscheidung der Fifa in Berufung gegangen, jedoch ohne Erfolg. Da der CAS die letzte Instanz ist, waren keine weiteren Rechtsmittel möglich. Doch was bedeutet das konkret?
Konkret bedeutet die Strafe, dass der Verein keine neuen Spieler für das Männerteam in der Bundesliga registrieren kann, was eine grundlegende Voraussetzung für deren Spielberechtigung darstellt. Darüber hinaus ist es dem FC nicht möglich, verliehene Spieler aus noch laufenden Leihverträgen zurückzuholen, um sie in den Kader zu integrieren. Auch die Option, vertragslose Spieler vor dem 31. Dezember 2023 und damit vor dem Beginn des Transferfensters am 1. Januar 2024 zu registrieren, entfällt. Die Transfersperre tritt sofort in Kraft und verhindert solche Maßnahmen. Selbst nach dem Sommerfenster 2024 und bis zum Beginn des Transferfensters im Januar 2025 bleibt es dem Club verwehrt, vertragslose Spieler zu verpflichten. Die Strafe endet erst mit dem Beginn des Transferfensters im Januar 2025. Eine kleine Ausnahme gibt es jedoch: Der 1. FC Köln darf weiterhin Jugendspieler verpflichten, sofern diese Teil der Teams für Spieler ab 15 Jahren und älter werden könnten. Was ist dann überhaupt noch erlaubt?
Was ist überhaupt noch erlaubt?

Der Verein kann verliehene Spieler, deren Verträge bei anderen Clubs auslaufen, zurückholen. Aktuell betrifft das Jonas Urbig und Tim Lemperle (beide SpVgg Greuther Fürth), Nikola Soldo (1. FC Kaiserslautern), Maximilian Schmid (Roda Kerkrade) und Marvin Obuz (Rot-Weiss Essen). Weiterhin ist es dem FC Köln erlaubt, Verträge mit Spielern, die aktuell im Kader stehen, zu verlängern und die Leihverträge mit ausgeliehenen Spielern zu verlängern oder diese fest zu verpflichten. Dies bietet dem Verein eine gewisse Flexibilität bei der Sicherung der bestehenden Spielerressourcen. Jugend- und Amateurspieler können ebenfalls bei den Profis eingesetzt werden. Seit 2020 hat die DFL das Mindestalter für den Einsatz von Spielern von 17 auf 16 Jahre herabgesetzt. Es dürfen jedoch maximal drei Spieler, die keine Lizenzspieler sind, gleichzeitig auf dem Platz stehen, während auf der Ersatzbank keine Einschränkung besteht.
Dabei ist diese Transfersperre fast schon lapidar, wenn man sich den Grund dafür anschaut: Der Jugendspieler Jaka Cuber Potocnik hatte über seine Mutter seinen Vertrag bei Olimpija Ljubljana in Slowenien gekündigt und beim 1. FC Köln unterschrieben. Die Familie argumentierte, dass es für die einseitige Kündigung des Vertrags „triftige Gründe“ gebe, darunter vermeintlich unerfüllte Versprechen wie Trainingseinheiten mit der Ersten Mannschaft. Ljubljana bestritt das und schaltete die Fifa ein.
Anstiftung zum Vertragsbruch

Die Frage, ob bei einem solchen Ablauf eines Transfers ein Spieler zuvor aus einem „triftigen Grund“ oder eben nicht gekündigt hat, ist entscheidend. Denn dann, muss den Fifa-Regeln zufolge der neue Club – in diesem Fall der 1. FC Köln – belegen, dass er nichts mit der einseitigen Kündigung zu tun hatte. Dem FC gelang es nach Ansicht der Fifa-Kammer und auch nach Auffassung des CAS nicht, den Vorwurf der Anstiftung zum Vertragsbruch zu widerlegen. Dies gelang logischerweise nicht.
Ähnliche Fälle gab es zudem in der Vergangenheit. In der jüngeren Vergangenheit war der FC Chelsea davon betroffen, auch Olympique Marseille. Etwas länger zurück liegt diese Strafe beim FC Nantes, die im Jahr 2012 verurteilt wurden. Diese Strafe gab dem Verein damals jedoch eine gewisse Chance. Beobachter aus Nantes sind nämlich der Meinung, dass das Registrierungsverbot eine heilende Wirkung gehabt hätte. So sei der Verein gezwungen gewesen, Spieler aus der eigenen Akademie auszubilden und in die Profimannschaft zu integrieren.

Wie will der FC nun also die kommende Saison mit dieser mächtigen Hypothek angehen? Zum einen mit den Spielern, die sich in dieser Phase zum FC bekannt haben und damit ein deutliches Zeichen gesetzt haben. Mit Mark Uth, Jan Thielmann, Eric Martel, Florian Kainz, Timo Hübers und zuletzt Luca Waldschmidt haben sich wichtige Spieler zum FC bekannt, sie gehen mit in die 2. Bundesliga. Auch Linton Maina wird wohl bleiben, einzig Davie Selke pokert noch. Verlassen hat den FC Köln von den Stammspielern nur Jeff Chabot, ihn zog es zum VfB Stuttgart.
Ein weiteres Puzzleteil ist auch der neue Trainer: Gerhard Struber. Mit seinem markanten Salzburger Dialekt und einem durchtrainierten, drahtigen Erscheinungsbild, betont er bei seinem Amtsantritt: „Ich will keine Show liefern. Ich bin ein authentischer Trainer mit Herz und Hirn.“ Struber wird als eine Mischung aus dem emotionalen Steffen Baumgart und dem ruhigen Timo Schultz beschrieben. Er hat die Aufgabe, dem 1. FC Köln neues Vertrauen, Selbstbewusstsein und den Glauben an die eigene Stärke zurückzugeben – Fähigkeiten, die seinen Vorgängern in der letzten Saison fehlten.
Talente können sich beweisen

Der Kader, den Struber als „spannend und interessant“ bezeichnet, besteht derzeit aus 29 Feldspielern und fünf Torhütern, soll jedoch im Sommer noch verkleinert werden. Neben einem neuen Trainer bekommt der FC auch einen neuen Kapitän und eine weiterentwickelte Spielphilosophie. Der Verein strebt danach, die bisherige Spielidee nach dem Abstieg in die Zweite Liga zu verfeinern und konsequent umzusetzen. Struber möchte, dass der FC „proaktiv agiert“, mit hoher Intensität und der Bereitschaft, sich mental voll einzubringen. Er verspricht einen „vertikalen Fußball“, der glaubhaft und authentisch ist. „Wir wollen dem Gegner Zeit und Raum nehmen. Das macht meinen Stil aus. Wir wollen dem Gegner wenig Hoffnung geben“, erklärt Struber. Sein Ziel ist es, den Gegner zu Fehlern zu zwingen und diese Chancen dann effektiv zu nutzen. Der Fokus auf Nachwuchsförderung ist ein weiteres wichtiges Element von Strubers Ansatz – auch, weil ihm nichts anderes übrig bleibt. Talente im Kader haben die Gelegenheit, sich zu beweisen und auf einen dauerhaften Platz im Team zu hoffen. Bei seiner Vorstellung war eine spürbare Aufbruchsstimmung am Geißbockheim zu verzeichnen, als knapp 400 Fans zur ersten Trainingseinheit kamen. Für Struber ist dies eine neue Erfahrung, während es für den FC Köln der Start in eine hoffnungsvolle neue Ära ist. So zumindest hoffen es die Verantwortlichen des Vereins.

Und typisch für den FC erklärte der Präsident Werner Wolf Anfang Mai gleich den direkten Wiederaufstieg zum Ziel. „Der Anspruch ist es, den Fans die Rückkehr in die Bundesliga zu geben.“ Mit dieser Aussage machte Struber gleich deutlich, dass der FC den direkten Wiederaufstieg anpeilt. Musste er auch.
Allerdings kann das auch dauern, denn Köln ist nicht der alleinige Favorit in der kommenden Saison. „Wir wollen nicht große Dinge hinausposaunen, sondern im täglichen Arbeiten die Jungs entwickeln“, gibt sich der 47-Jährige bewusst bescheiden. „Wir wissen alle, was es heißt, das Ziel ‚Aufstieg‘ anzugreifen“, machte sich Struber nichts vor. Die Unterstützung aus dem Verein sei spürbar: „Ich spüre keine Unruhe oder Aktionismus. Ich habe das Gefühl, dass wir gemeinsam einen Weg finden können.“ Fast schon müssen. Der FC wird mit Sicherheit eines der spannendsten Projekte in der kommenden Saison.