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WAS MACHT EIGENTLICH...

Der Schwede gibt in seinem Einzelspiel am 9. Juli 1982 in St. Louis alles gegen seinen US-Gegner Eliot Teltscher
Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Mats Wilander?

Schon als 17-Jähriger eroberte der Schwede die Tenniswelt. Er gewann insgesamt 33 Einzeltitel. Nach einem positiven Kokain-Befund gab er 1996 seine Profikarriere auf. Der heute 60-Jährige war eine Zeit lang Trainer und arbeitet seit 2009 als TV-Experte beim englischen Eurosport.

Ich musste jeden Gegner mit Taktik, Energie und hohem spielerischen Einsatz niederringen. Ich musste immer dafür arbeiten“, sagte Mats Wilander kürzlich bei „Ubitennis“ und blickte damit auf seine Karriere zurück. Der Schwede war keine Naturgewalt wie Boris Becker, kein Künstler wie John McEnroe, sondern ein Allrounder, der ohne spielentscheidende „Waffen“ mit Fleiß und Ehrgeiz zum Sieg kommen musste. Und gerade diese Tugenden, Fleiß und Ehrgeiz, hätten nachgelassen, als er mit 24 Jahren ganz oben angekommen war. „Irgendwann fängt dein Kopf an zu sagen: Ich mag mich nicht mehr so in den Dreck werfen. Und dann beginnen die Niederlagen und der große Absturz“, erklärt Wilander, bei dem damals noch hinzukam, dass sein Vater 1989 schwer erkrankte und kurz danach starb: Das Tennis-Ass verlor seinen Fokus.

Kokain aus Versehen?

Wilander gewann in diesem schweren Jahr kein Turnier, fiel auf Platz zwölf der Weltrangliste zurück und wurde bis Ende 1996 bis auf Platz 41 durchgereicht. Als 1995 bei den French Open bei ihm und seinem Doppelpartner Karel Novacek beim Drogentest Kokainspuren gefunden wurden, entschuldigte er dies als „versehentlichen Konsum“, wurde aber dennoch für drei Monate gesperrt. Wilander blieb noch bis 1996 am Ball, beendete dann aber seine Profi-Tenniskarriere. Er teilte damit das Schicksal anderer Ausnahmespieler wie Boris Becker oder John McEnroe, die schon mit Mitte 20 ihren Zenit erreicht hatten und dann nie mehr an frühere Zeiten anknüpfen konnten. Dass die heutigen Asse zehn Jahre länger Spitzentennis abliefern können, führt Wilander auf die verbesserten Bedingungen zurück. Selbst Spitzenspieler hätten damals nicht das heute übliche große, kostspielige, spezialisierte Umfeld gehabt, das physisch und psychisch selbst im fortgeschrittenen Alter alles aus ihnen herauskitzeln konnte.

Seit 2009 arbeitet Mats Wilander als TV-Experte beim englischen Eurosport
Seit 2009 arbeitet Mats Wilander als TV-Experte beim englischen Eurosport - Foto: picture alliance / Photoshot

Wilander gehörte trotz seiner relativ kurzen Hochphase zu den sieben Spielern (außer ihm noch Connors, Agassi, Nadal, Federer, Djokovic, Alcaraz), die Grand-Slam-Titel auf allen Belägen gewannen. Bei Tennisfans noch in guter Erinnerung sind seine verlorenen Marathon-Matches gegen McEnroe (Davis-Cup 1982, fünf Sätze über knapp sechseinhalb Stunden) oder gegen Horst Skoff (Davis-Cup 1989, sechs Stunden vier Minuten).

Nach seiner Profi-Karriere war Wilander noch einige Zeit als Trainer für ausländische Spitzenspieler tätig und führte ab 2003 sechs Jahre lang als Kapitän das schwedische Davis-Cup-Team an, bevor er sich zusammen mit seiner Frau Sonya, einem ehemaligen Model aus Südafrika, auf sein riesiges Landgut im noblem Ski-Ressort Sun Valley im US-Bundesstaat Idaho zurückzog. Dieses auf vier Millionen Euro geschätzte Anwesen hat Wilander erst vor etwa fünf Jahren verkauft.

Durch seine langjährige Tätigkeit als Grand-Slam-Experte für das englischsprachige Programm des TV-Senders Eurosport ist Wilander noch bestens mit dem aktuellen Tennis vertraut und hat noch Kontakt zu den heutigen Stars der Szene. Mit seiner Prognose vor dem diesjährigen Wimbledon-Finale lag er allerdings falsch: Wegen der größeren Erfahrung hatte er Novak Djokovic als leichten Favoriten gegenüber Carlos Alcaraz gesehen, musste dann aber einen deutlichen Drei-Satz-Sieg des 21-jährigen Spaniers miterleben. „Wenn Alcaraz auf dem Höhepunkt ist, ist er der beste Spieler, den wir vermutlich jemals in dieser Sportart sehen werden“, sagte Wilander bei Eurosport. Dennoch sei Djokovic nach wie vor ein „schwer zu greifendes Mysterium“ und „der größte Spieler der Geschichte“, weil er keine Schwächen habe und auf jedem Belag gut performen könne.

Provokante Sprüche

Da Wilander immer auch mal gern provokante Sprüche loslässt, hält er auch mit seiner Meinung über die derzeitige Nummer eins Jannik Sinner nicht hinter dem Berg. Alcaraz sei in fast allen Belangen der bessere Spieler und eigentlich die „wahre Nummer eins im ATP-Ranking“. Um dorthin zu gelangen, brauche man neben den technischen und körperlichen Voraussetzungen auch eine große mentale Stärke. Nur so könne man Champion werden, selbst wenn man mal nicht sein allerbestes Tennis spielt. Weil sie in dieser Hinsicht sehr viel besser als die Konkurrenz seien, konnten Spieler wie Nadal, Djokovic, Serena Williams oder Simona Halep an die Welt­spitze kommen. Bei Alexander Zverev erkenne er zwar eine „Entwicklung in die richtige Richtung“, aber er verliere noch zu viele Matches gegen schwächere Gegner: „Er wird eines Tages einer der besten Spieler der Welt sein. Er muss nur den aggressiven Teil seines Spiels verbessern, seine Position auf dem Platz!“, rät Wilander dem deutschen Ass in der Münchener „Abendzeitung“. Der Schwede steht heute gelegentlich auch noch selbst auf dem Platz und spielt auf der ATP Champions Tour, wo er auf viele ehemalige Weggenossen trifft und mit ihnen neben dem Court Anekdoten aus früheren Zeiten austauschen kann. 

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