Der Deutsch-Französische Garten Saarbrücken, die größte Grünanlage Saarbrückens und ein beliebter Blumengarten in der Region, ist gleichzeitig ein Erinnerungs- und Veranstaltungsort. Hervorgegangen ist er aus einer Deutsch-Französischen Gartenschau im Jahr 1960.
Es wunnerd heitzedaas doch manche, / dass alleweil galant un schlau / de Michel und es Mariannche / sich dreffe uff de Gaadeschau.“ So beginnt ein Gedicht, das zur Eröffnung der Deutsch-Französischen Gartenschau 1960 die Runde machte. Und es endete: „La guerre is jetzt for uns erum, / was ware mier doch frieher dumm.“
Mit einem Festakt wurde die Deutsch-Französische Gartenschau (DFG) am 23. April 1960 unter der Schirmherrschaft von Deutschlands Kanzler Konrad Adenauer und dem damaligen französischen Premierminister Michel Debré eröffnet. Über das Jahr waren rund 1,4 Millionen Besucher gekommen, auch angelockt von Enten, Gänsen, Schwänen und freilaufenden Flamingos als lebendem Inventar. Die einstige Vogelwelt des Gartens findet sich heute in den Tretbooten auf dem Weiher wieder, sind sie doch in Form von Ente, Schwan oder Flamingo gestaltet.
Anders als viele Besucher annehmen, kam die Konzertmuschel erst 1989 in den Garten. Ziel war es, mit Veranstaltungen mehr Besucher für den Garten zu gewinnen: Konzerte der Stadtkapelle, Festivitäten zum französischen Nationalfeiertag am 14. Juli, gewerkschaftlich organisierte Mai-Feiern oder Ostereier-Suchen für Familien sind wie die Mittelalter-Tage und andere Open-Air-Veranstaltungen vom Theaterfestival Perspectives bis zur Fête de la Musique Besuchermagnete – wie auch jetzt das Jazz Festival „fill in“ im Juni.
Die Idee zur Anlage des Deutsch-Französischen Gartens war, nach drei Kriegen (1870/71, 1914 – 1918 und 1939 – 1945) eine Begegnungsstätte für die Bevölkerung von beiderseits der Grenze zu schaffen. Heute bedeckt der DFG mit Wald, Wiesen und 35 Hektar gestaltetem Gartengelände das kriegerische Erbe. Bei einem Verhältnis von 60 zu 40 besuchen mehr Lothringer als Saarländer diese Grünanlage in Grenznähe.
Tief in das Gelände eingegraben, wurden 18 Bunkeranlagen zugebaut oder als Milch-Bar oder „Restaurant d’Alsace“ entmilitarisiert. Beide gibt es inzwischen nicht mehr. Aber mit den Cafés der dem Garten benachbarten Spielbank, Victor’s Residenz-Hotel Saarbrücken und dem Restaurant Chez Victor’s, dem „Deutsch-Französischen Café“ und dem „Gasthaus im Ehrental“ gibt es ein ausreichendes Gastronomie-Angebot für die jährlich über 200.000 Besucher des Gartens, ergänzt um einige Kioske sowie den Lese-Pavillon an der Musikmuschel. Der Garten-Rundweg hat eine Länge von fast zweieinhalb Kilometern, was ihn auch für Sportler verlockend macht: Zwei Runden sind fünf Kilometer, die ein Hobby-Läufer in 30 Minuten schaffen sollte.
Die Gartenschau 1960 kostete 6,5 Millionen D-Mark, finanziert von der Stadt Saarbrücken, dem Saarland, der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Frankreich sowie privaten Sponsoren. Ein Sponsor war die Halberger Hütte. Kaum von Besuchern gesehen, findet sich ihr Leistungsspektrum als Guss-Unternehmen in den Boden eingelassen: Gleich im Eingangsbereich unter den Gingko-Bäumen gibt es kleine schwarze Täfelchen, die jahreszeitlich verschiedene Standpunkte markieren, an denen man mit erhobener Hand stehend als Sonnen-Uhr die Zeit erfahren kann.
Auch die im Design früherer TEE-Züge (Trans-Europ-Express, 1957 – 1988 zwischen den EWG-Staaten; Anm. d. Red.) gehaltene Kleinbahn ist ein Relikt der damals mit der Gartenschau verbundenen Wirtschaftsausstellung: Der deutsch-französischen Idee verpflichtet, kamen die Motoren von Deutz, Peugeot und Porsche. Leider ist die Bahn bis auf Weiteres nicht mehr in Betrieb, da die Standfestigkeit der über zwei Kilometer langen Bahnstrecke oberhalb des Deutschmühlenweihers nicht mehr gesichert ist. Ersatzweise hat der Burbacher Autoverwerter Lothar Westrich inzwischen eine „Traktor-Bahn“ besorgt, wie sie in vielen touristischen Hotspots unterwegs ist.
Dass die Deutsch-Französische Gartenschau auch Aufgaben einer Industrie-Schau erfüllte, lässt sich mit dem Bau der Sesselbahn illustrieren. In Rohrbach wurden von der Firma Heckel Drahtseile für die Seilscheiben der Grubenschächte gefertigt. Um dieses Können der Bevölkerung zu demonstrieren, baute das auch Bergbahnen ausstattende Unternehmen eine 752 Meter lange Sesselbahn quer durch den Deutsch-Französischen Garten zum Ehrental. Leider ist auch die von Westrich mit filigranen Kabinen betriebene Seilbahn derzeit aus technischen Gründen außer Betrieb.
Seit 2001 gilt der Deutsch-Französische Garten als ein Denkmal der 50er- und 60er-Jahre. Allerdings ist er wegen seiner Botanik ein „Denkmal im Wandel“. So heißt es beim Saarbrücker Amt für Stadtgrün: „Wir müssen immer wieder etwas erneuern, damit es bleibt, wie es ist.“ Schöner lässt sich ein lebendiges Denkmal nicht beschreiben.
Zur Geschichte des DFG gehört auch die 1976 gebaute „Gulliver Welt“, eine Miniatur-Darstellung von rund 70 markanten Bauwerken aus aller Welt, die heute in Bexbach steht. Integriert in den DFG ist der Ehrenfriedhof, der als einer der ersten Soldaten-Friedhöfe nach dem 1870er-Krieg angelegt wurde. Dort ist, als einzige Frau, „Schultze Kathrin“ begraben, die während der Kriegshandlungen unerschrocken auf das Schlachtfeld ging, um verwundeten Soldaten zu helfen.
Die Waldbühne im Deutsch-Französischen Garten, mit 26 ansteigenden Zuschauerreihen, erfuhr zu Corona-Zeiten nach einem länger andauernden Dornröschenschlaf eine Neubelebung. Aus Sicherheitsgründen hat die Stadt jedoch einen Großteil der renovierungsbedürftigen 1.200 Sitzplätze für die Besucher gesperrt.
Eröffnet und neu errichtet wird eine große Bühne für das „fill in – International Jazz Festival Saar“ in der Südmulde des Deutsch-Französischen Gartens. Jazzfreunde werden bald dorthin pilgern.