Wale und Walhaie vor XXL-Sandstränden, 18 Golfplätze zwischen Palmen und Kakteen, neue Hotels und Spitzen-Restaurants: Los Cabos ist derzeit das Top-Ziel in Mexiko.

War das jetzt Einbildung oder tatsächlich eine Walfontäne? Wie gebannt schauen alle auf das fast spiegelglatte Meer vor der Punta Lobos hinab und da: schon wieder! Das ist eindeutig ein Blas, daneben ein kleinerer. Sol vom Outdooranbieter High Tide ist nicht der einzige, der aufgeregt ist: „Kein Zweifel, das sind Buckelwale! Und dann auch noch so nah am Ufer!“ Daher sind sie sogar zu hören. Darauf war niemand gefasst. Die Wanderung durch die hügelige und mit Kakteen und Strauchwerk versehene Landschaft ist auch so schon ein Highlight. Doch nun können wir unser Glück kaum fassen, zumal der sanft umwindete Logenplatz gut 100 Meter über dem Meer schöner kaum sein kann.
Tief unter uns lautstark balzende Seelöwen und an den steilen Felsen fast schon kunstvoll zerschellende Wellen. Rechterhand führt in der Ferne ein kilometerlanger Sandstrand bis auf die Höhe des bei Backpackern und Boutiquehotelgästen beliebten Todos Santos mit dem legendären „Hotel California“ aus dem gleichnamigen Eagles-Song. Und südwärts reicht die zerklüftete Küste bis fast an die erste der fünf Landspitzen, die der Region den Namen Los Cabos – der spanische Ausdruck für Kaps – gaben. In diese Richtung ziehen auch Walmutter samt Kalb, gefolgt von so manchem Blas-Solisten. Bei jedem Splash juchzt die Gruppe.
„Spätestens im Januar wimmelt es rund um Los Cabos derart von Buckelwalen, dass Touranbieter eine hundertprozentige Sichtung versprechen“, meint der drahtige Guide Sol in bestem Englisch. „Tausende von ihnen ziehen im Winter zum Gebären in die warme Sea of Cortez.“ Den zwischen der 1.200 Kilometer langen Halbinsel Baja California und dem mexikanischen Festland gelegenen Golf von Kalifornien hatte der Meeres-Guru Jacques-Yves Cousteau auch als „Aquarium der Welt“ bezeichnet.
Strenge Auflagen bei den Walhaien

Von den hier vorkommenden mehr als 800 Meerestierarten treffen wir bei mehreren Ausflügen in den Folgetagen einige persönlich. So staunen wir im Nationalpark Cabo Pulmo, wo wir mit Schnorcheln, Masken, Schwimmwesten und Sols Kollegen ins bewegte Wasser steigen, über Flöten- und Papageienfische, Wasserschildkröten und kompakt geformte Makrelen-Schulen, die sich am ältesten von gerade einmal drei Korallenriffen an der nordamerikanischen Westküste tummeln. Südöstlich von La Ventana, dem Hotspot für Kitesurfer schlechthin, kreuzen Koffer- und Schmetterlingsfische, kleine Oktopusse und vieles mehr unseren Tauchweg.
Vor der unbewohnten Insel Espíritu Santo geht es zu neugierigen Seelöwen ins Wasser, was nur noch von der Beinahekollision mit zwei Walhaien getoppt wird. Auf der Suche nach Plankton ziehen die weltgrößten Fische zwischen November und April regelmäßig ihre Runden vor der Stadt La Paz. Dank strenger Auflagen dürfen zum Glück nur wenige Boote in „ihr“ Terrain und auch nur maximal sechs Personen gleichzeitig ins Wasser. Gut für die Planktonfresser, gut fürs Gewissen und gut für die Gopro-Bilder. Statt Dutzenden Paddelbeinen wie andernorts genießt man freie Sicht auf die bis zu zehn Meter langen, aber harmlosen, weil vegetarischen und tiefenentspannten Haie. Was für ein Erlebnis!

Faszinierend ist auch eine andere Gattung: Grauwale, die durch die massenhafte Hautbesiedlung von Seepocken und Walläusen auffallen. „Alle Grauwale der Welt werden hier im Golf von Kalifornien geboren, bevor sie sich im Nordpazifik verteilen und erst zum Gebären wieder zurückkommen“, erzählt am Tag drauf Emilio, als wir mit ihm und Glasboden-Seakayaks von der Playa Santa Maria zur Nachbarbucht Bahia Chileno paddeln. Zwar sehen wir keine Wale, dafür jede Menge gelbe Segelflossendoktoren und andere große Schwärme. Man muss nur den Kopf unter Wasser halten, schon ist man mittendrin im Geschehen – und das keine fünf Meter vom belebten Sandstrand entfernt. Dahinter geht es wiederum sehr privat zu. „Dort wird gerade das wohl teuerste Haus Mexikos, womöglich gar Lateinamerikas gebaut“, weiß Emilio.
Wer hinter dem die gesamte Landzunge einnehmenden Mega-Domizil steckt? Immer wieder fallen berühmte Namen, am häufigsten der von Amazon-Chef Jeff Bezos. Fakt ist, dass die Südspitze der Baja California seit Längerem ein Topziel von A-Prominenten wie Leonardo DiCaprio, John Travolta, Gwyneth Paltrow, Gisele Bündchen und Co. darstellt. Doch auch „normale“ Gäste sind in den vergangenen zehn Jahren derart verstärkt gekommen (sei es zum Heiraten, Partymachen oder Relaxen), dass hier und da schon vom neuen Cancún die Rede ist.
Tolle Möglichkeiten für Wassersport
An dessen zehn Millionen Touristen im Jahr 2023 reichen die knapp vier Millionen in Los Cabos zwar noch nich

t heran. Doch der Trendpfeil von Baja California Sur geht so steil nach oben, dass man durchaus von Mexikos aufstrebendsten und aufregendsten Ferienort sprechen kann. Nicht zufällig hat die „New York Times“ Los Cabos Anfang Januar zu der heißesten Reisedestination 2025 der Welt erkoren. Und mit dem im November aufgenommenen Condor-Direktflug, der bis April zweimal die Woche Frankfurt und den Hauptort San José del Cabo verbindet, ist vielerorts die Hoffnung verknüpft, dass sich unter das stark US- und Kanada-geprägte Publikum künftig mehr Europäer mischen, Stichwort Diversifizierung.
Die Anreise von Europa aus wird durch das neue Angebot jedenfalls signifikant verkürzt. Mussten Urlauber früher mindestens eineinhalb Flugtage via Mexiko-Stadt oder Cancún in Kauf nehmen, steigen sie nun mittags in den Flieger und zum Dinner in Los Cabos wieder aus.
Das Angebot wird offenbar schon jetzt gut gebucht, doch wen genau zieht es dorthin? „Alle, die neugierig sind auf ein noch vergleichsweise unbekanntes Stück Mexiko“, findet Valentina Toldeo vom Tourist Board, „und die neben 350 Sonnentagen im Jahr eine ideale Balance zwischen Aktivurlaub und Erholung suchen.“ Dafür sorgt eine Kombi aus weiten Stränden mit großartigen Wassersportarten, einer bergigen und gerade zu Beginn der Trockenzeit überraschend grünen Landschaft. Die Sierra de la Laguna im Hinterland steigt schnell auf über 1.000 und teils sogar bis über 2.000 Höhenmeter an, perfekt zum Wandern und Biken! Die touristische Infrastruktur verspricht die höchste Qualität. Und höchste Preise, zumindest im Vergleich zu Rest-Mexiko.

Klar, es gibt auch günstige und kleinere Hotels, doch es dominieren Hotels auf Vier- und Fünfsterneniveau, und ständig kommen neue hinzu. So kündigen sich 2025 mit dem „Amanvari“ und dem „Vidanta East Cape“ zwei neue Luxusresorts an. Bereits geöffnet hat das weitläufige, supermoderne „Nobu“, auf dessen Gelände nicht nur High-End-Restaurants wie das „Muna“ und das „Nami“, sondern auch zwei international renommierte Golfplätze liegen. In der gesamten Region gibt es 18. Über hohes Renommee freuen sich auch das Ritz-Carlton-Haus „Zadún“, das „One&Only Palmilla“, das „Waldorf Astoria“, das stark auf Design setzende „Bahia Hotel Beach House“ und etliche andere. Nicht minder hochklassig gestaltet sich das Restaurantangebot. So begeistert das „Don Sánchez“ mit mexikanischen Weinen, Gewürzen und abgefahrenen Saucen und das „Cocina de Autor“ mit einem wohlverdienten Michelin-Stern, wenngleich beim Service noch Luft nach oben ist.
Viel Luft nach allen Seiten genießen Gäste im Open-Air-Restaurant „Sunset Monalisa“, das spektakulär über der Felsküste der Playa Monumentos thront und nicht nur den Blick auf Surfer – hier ohnehin ein Volkssport – ermöglicht, sondern die beste Aussicht auf das Wahrzeichen der Region, den Arco von Los Cabos. Wie gemalt! Ab 17 Uhr bewundert man die hinter der berühmten Felsformation verschwindende Sonne, den Himmel und das Meer in einem spektakulären Farbschauspiel aus Gelb, Orange und Rot. Dazu serviert Küchenchef Héctor Morales Drei- bis Sieben-Gänge-Menüs, in denen er mexikanisches Feuer mit mediterranen Aromen zu einem Erlebnis der Extraklasse verbindet.
Stadtführung ins 18. Jahrhundert
Auf der anderen Arco-Seite wurde die junge Anaisa Guevara vom Magazin „Food & Wine Mexico“ gar zu einer der besten Neuentdeckungen Mexikos gewählt. Was sie im Restaurant „La Frida“ auf den Teller zaubert, begeistert selbst anspruchsvolle Gaumen. Bei Guevara wird an allen Ecken und Wänden der in Mexiko omnipräsenten Malerin Frida Kahlo gehuldigt. Aller Augen verwöhnt der Ausblick von der Terrasse, wurde doch das „Pueblo Bonito Pacifica“, in dem sich das „La Frida“ befindet, jüngst von der Tripadvisor-Community in die Hotel-Top-Ten mit der weltbesten Aussicht gewählt. Das gilt besonders bei Sonnenuntergang.

Donnerstage sollte man jedoch in San José del Cabo, dem zweiten großen Ort in der Region, verbringen. Dann sind die Straßen der Innenstadt für Autos gesperrt. Einheimische und Touristen schlendern beim Art Walk von der Plaza, auf der Künstler ihre Stände aufbauen, zu den diversen Galerien, (Dach-)Bars und Läden in Kolonialstil-Häusern. Im Gegensatz zum touristischeren Cabo San Lucas mit seiner ausgeprägten Feiermeile spürt man hier die Historie – entstand doch die alte Jesuitenmission zur Zeit der spanischen Besiedlung der Peninsula in den 1730er-Jahren. Das und viel mehr erfährt man beim Art Walk, den Einheimische ehrenamtlich anbieten. Einkehrtipp von Felipe: die – typisch mexikanisch – kunterbunte und quirlige „Taqueria La Lupita“. „Die Taco-Auswahl ist riesig (Exotentipp: Grashüpfer!), ebenso die der Spirituosen“, so der Guide. „Und wer sich nicht zwischen Tequila und dem womöglich zu rauchigen Mezcal entscheiden kann, wählt einen Mezquila. Ein gelungener Kompromiss.“
Kompromisse warten auch anderswo: Erwünscht sind Luxus und Komfort, aber bitte ohne Gewusel drumherum? Voilà, das „Montage“ ist nicht das einzige Top-Hotel, das herrlich abseits liegt. Und wer mit der Familie divergierende Wünsche unter einen Hut bringen muss, ist im Wild Canyon goldrichtig. Während die Jüngsten auf der Wasserrutsche tollen oder auf Pferderücken durch die Kakteenlandschaft traben, stürzen sich Wagemutige ins Zipline-Abenteuer, das sie auf acht Strecken über die bis zu 150 Meter tiefen Canyons führt. Wer dann immer noch nicht genug hat, hängt noch einen Bungeesprung dran.