Sobald der Wasserhahn läuft, produziert der Mensch Abwasser. Das landet unweigerlich in der Kanalisation und bald darauf in einer städtischen Kläranlage. Dabei ist es selten wirklich dreckig und benötigt eine intensive Reinigung. Deshalb braucht es neue Wege zur Nutzung von Grauwasser.
Unter dem Begriff Grauwasser ist Schmutzwasser zu verstehen, welches nicht durch Fäkalien verunreinigt ist. Das würde dann Schwarzwasser heißen und dieses muss in kommunalen Kläranlagen entsprechend gereinigt und aufbereitet werden. Grauwasser hingegen fällt beim Duschen, Baden oder Händewaschen an und landet einfach mit im Abwasser. Dabei ist es gar nicht so schmutzig und könnte anderweitig wiederverwendet werden. Genau dort setzen die aktuellen Forschungen an. Das Ziel von dezentralen Minikläranlagen für das Haus ist, das Grauwasser aufzufangen, es ohne großen Aufwand und hohe Kosten zu reinigen und es dann für eine neue Nutzung zurückzuleiten. Wichtig ist dabei das Stichwort Hygiene, denn selbstgeklärtes Grauwasser sollte nicht zum Zähneputzen verwendet werden, es kann aber durchaus zum Wischen, für die Waschmaschine, die Autoreinigung oder für die Spülung der Toilette zum Einsatz kommen. Bei geklärtem Grauwasser handelt es sich derweil nicht um Trinkwasser. In diesem Punkt hat es einiges mit Regenwasser gemein. Auch das lässt sich bedenkenlos sammeln und von groben Schmutzpartikeln befreien, da diese ohnehin auf den Boden sinken. Trinken sollte man es dennoch nicht. Das Ziel ist es also bei beiden Gewinnungsarten von Grauwasser nicht, Trinkwasser in hoher Qualität zu erzeugen. Es geht vielmehr darum, sauberes Betriebswasser zu haben, das für vielerlei Zwecke im Haushalt Verwendung findet. Da eignet sich auch Regenwasser, das sich theoretisch zuleiten lässt, ganz wunderbar! Neuesten Schätzungen zufolge ließe sich mithilfe einer Grauwassernutzungsanlage der Trinkwasserverbrauch einer Durchschnittsfamilie jährlich um 50 Prozent reduzieren.
Aufbereitetes Wasser darf verwendet werden
Zahlen, die Erwin Nolde schon vor Jahren haben aufhorchen lassen. Der Umweltingenieur aus Berlin entwickelte selbst ein System, mit dem sich das Schmutzwasser reinigen lässt. Seine Entwicklung ist so genial, dass sie theoretisch bei jedem Neubau fest eingeplant werden sollte. Aber auch nur theoretisch, denn es gibt einen Haken bei der Sache: In Deutschland gelten strenge Gesetze zur Wiederaufbereitung und Verwendung von Trinkwasser. Die Fachvereinigung Betriebs- und Regenwasser, kurz FBR, gibt das „Hinweisblatt Grauwasser-Recycling“ heraus und darin steht, dass behandeltes Grauwasser mikrobiologisch/hygienisch einwandfrei, klar, farblos und nahezu schwebstofffrei sein muss. Selbst nach einer mehrtägigen Lagerung darf es nicht schlecht riechen. Da das aufbereitete Grauwasser keine Trinkwasserqualität besitzt, ist es dennoch nicht verboten, es für diverse Erledigungen im Haushalt zu verwenden. Eben dann, wenn dafür keine so hohe Wasserqualität vonnöten ist. Sauber ist in diesem besonderen Fall nicht gleich sauber. Trotzdem tüftelt der Erfinder weiter an seiner Anlage und die funktioniert ähnlich wie eine große Kläranlage. Die gesamte Reinigungsstation ist über mehrere Stufen geschaltet, die einen geschlossenen Kreislauf bilden. Darin verbaut sind unterschiedliche mechanische Filter, die das Wasser ohne chemische oder biologische Zusätze von Schmutz befreien. Zu Beginn fließt das gesamte Grauwasser durch ein feineres Sieb. Darin bleiben Schmutzpartikel wie Haare oder Krümel hängen. Danach folgt ein säulenförmiges Behältnis, welches feinere Rückstände wie Shampoo oder Seife fängt. Damit das Filtern noch besser funktioniert, braucht es fleißige Mikroorganismen. Damit ist die grobe Reinigung schon fast abgeschlossen. Bis auf einen Sandfilter, in dem sich alle übrig gebliebenen Schwebstoffe festsetzen. Was bleibt, sind Keime, Viren und Bakterien. Hier kommen bei einigen Herstellern sogenannte Ultrafiltrationsmembranen zum Einsatz. Die Membranen sind unterschiedlich fein. Sie können Porengrößen von gerade einmal 0,00005 Millimeter Durchmesser umfassen. Damit schaffen sie es, selbst Bakterien und Keime aus dem Wasser zu lösen. Viele Anlagen kombinieren Filter wie diese mit anderen Reinigungsmethoden wie der UV-Desinfektion. Die schafft es, alles abzutöten, was Krankheiten verursachen könnte.
Fette und Speisereste rückstandslos entfernen
Nun bleibt nur noch, das gereinigte Grauwasser mithilfe einer sogenannten Druckerhöhungsanlage wieder in das Haus zurückzupumpen. Es kann wahlweise direkt zum neuen Verwendungsort, zum Beispiel in den Spülkasten der Toilette, oder an einen separaten Verteilungsort wie einem Wasserhahn in der Garage gepumpt werden. Wichtig zu wissen ist vor dem Anschluss einer eigenen Reinigungsanlage, dass dort hinein auch kein Küchenwasser fließen sollte. Die gängigen Modelle schaffen es nämlich nicht, Fette und Speisereste rückstandslos herauszufiltern. Neben der Entwicklung von Erwin Nolde gibt es inzwischen andere Hersteller auf dem Markt, wie zum Beispiel die Marke „ewuaqua“ von iWater Wassertechnik. Auch hier empfiehlt die Gebrauchsanweisung ausdrücklich, Küchenwasser vorzufiltern, bevor es in die Anlage gelangt, oder es in das Abwasser zu leiten.
Da stellt sich die Frage: Lohnt es sich, die Umwelt und den eigenen Geldbeutel zu schonen und eine Grauwasserrecyclinganlage im Haus installieren zu lassen? Experten meinen ja, denn die Anlagen gelten als stromsparend, wartungsarm und sehr langlebig. Allerdings sind die Anschaffungskosten nicht ohne und liegen bei mehreren Tausend Euro pro Modell, zuzurechnen wären noch die Kosten für die Installation von einem Fachbetrieb. Deshalb ist es wirtschaftlicher, wenn sich mehrere Haushalte eine größere Anlage teilen. Da wundert es nicht, dass bisher überwiegend Mehrfamilienhäuser, Hotels, Wohnanlagen, Firmengebäude und Sporthallenkomplexe die Technik nutzen und von den Nutzwassereinsparungen profitieren. Es bleibt abzuwarten, bis kleinere Anlagen günstiger werden, sodass zukünftig jedes Haus, wie von Entwicklern wie Erwin Nolde erträumt, mit einer solchen Recyclingmethode ausgerüstet werden können.