Er sei „kein typischer Politiker, und gerade deshalb ein guter Oberbürgermeister“. Florian Schäfer war 18 Jahre als Banker tätig, bevor er 2022 für die SPD in den Landtag zog. Jetzt will er auf den Chefsessel im Rathaus seiner Heimatstadt Saarlouis.
Herr Schäfer, die Oberbürgermeisterwahl in Saarlouis wird von vielen mit besonderer Aufmerksamkeit beobachtet. Sehen Sie das auch so?
Saarlouis hat den Charme der heimlichen Hauptstadt. Die Position des Oberbürgermeisters ist insofern schon exponiert, auch wegen der Struktur, die wir hier haben. Die Wahl ist interessant und ein Umbruch, für mich selbst auch, weil eine andere Generation antritt, um die Stadt in den nächsten Jahren zu führen.
Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Herausforderungen?
Es gibt in der Tat viele Herausforderungen. Da ist natürlich die Industriepolitik von großer Bedeutung. Wir haben aber auch weitere Herausforderungen wie etwa die Umgestaltung der Infrastruktur, das betrifft Verkehrswege, Fuß- und Radwege. Ich habe in meinem Wahlkampf die Überschrift: Saarlouis gemeinsam zum Leuchten bringen. Darunter stehen viele einzelne Themen. Es geht darum, den Glanz, den man von dieser Stadt kennt, die Vielfalt zu entwickeln. Dazu gehören Leerstandsbekämpfung, Sicherheit, Ordnung, Sauberkeit, das alles voranzutreiben zum Wohlfühlen, für unser Savoir-vivre in der Stadt. Dazu gehören auch die Stadtteile, die wir besser anbinden müssen. Und dann gibt es auch die großen Überschriften: Parksituation, Großer Markt, Ausbau von Kitas und Grundschulen und um das Ehrenamt.
Zur angesprochenen Industriepolitik gehört natürlich das Thema Nachfolge Ford. Die Stadt will dabei mitentscheiden. Gibt es da einen Dissens?
Ich habe da eine klare Haltung: Industrieansiedlung geht nur in einer guten Kombination zwischen dem Oberbürgermeister und dem Wirtschaftsministerium. Es muss einen Einklang geben bei den Informationen, aber bei den Maßnahmen ist nun mal das Land federführend. Wir als Stadt Saarlouis haben ja bewiesen, etwa bei dem großen Transformationsprozess der Dillinger Hütte, wie schnell die Stadtverwaltung arbeiten kann. Wir waren eingebunden wegen der Gebiete, die auf Saarlouiser Bann liegen, wo wir mit Bebauungsplänen und Genehmigungsverfahren unseren Teil beigetragen haben zur Sicherung der Stahlindustrie. Ich sehe uns als Dienstleister, der hier für gute Arbeitsplätze sorgen muss.
Ihr Mitbewerber hat einen Lenkungsausschuss gefordert …
Das war ein einstimmiger Stadtratsbeschluss. Man muss aber sagen, das Land hat dort die Hoheit, weil es auch die Flächen übernehmen wird. Ist also ein völlig anderer Prozess als damals beim Lisdorfer Berg, der neu erschlossen wurde. Wir waren immer in sehr gutem Austausch mit der GW Saar, die ja die Interessenten an Land zieht. Wenn wir im Dialog stehen, mit dem Oberbürgermeister und natürlich auch dem Stadtrat, ist das gut. Es muss schließlich unser gemeinsames Interesse sein, die Sache voranzutreiben, damit für die Menschen hier in der Region gute Arbeitsplätze kommen. Das ist eine Herausforderung, wenn Sie sich das Lohngefüge in der Automobilbranche ansehen.
Sie haben ja eine ganze Themenpalette von Aufgaben angesprochen. Zentral für die Stadtentwicklung ist sicher der Große Markt. Wie sind da Ihre Vorstellungen?
Ich bin – auch als Kind der Altstadt – vehementer Verfechter, dass der Große Markt saniert wird und dabei die Kurzzeitparkflächen bleiben. Wir haben ein Defizit an Parkplätzen. Aus Flächennutzungsgründen haben wir in den letzten Jahren weit über tausend Parkeinheiten verloren. Wir haben nach Berechnungen rund 6.000 Parkplätze in der Stadt. Das hört sich viel an. Wenn wir aber nur die Bewohner der Innenstadt nehmen, die ein Fahrzeug führen dürften, sind das alleine schon über 6.000. Und da haben wir noch keine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer berücksichtigt, die hier in der Stadt arbeiten, beim Landkreis, der Sparkasse, der Klinik, oder im Einzelhandel und bei Ärzten. Die müssen auch parken oder per ÖPNV hierherkommen. Was wiederum mit der Anbindung der Stadtteile zu tun hat. Das ist sicher eine Aufgabe, die man nicht in kurzer Zeit lösen kann. Also ist für mich klar: Die Kurzzeitparkmöglichkeit auf dem Großen Markt muss bleiben. Die derzeitige Bitumenschicht muss runter wegen der Hitzeentwicklung und des Innenstadtklimas. Ich habe in die Diskussion eingebracht, noch einmal die Idee einer Tiefgarage zu prüfen, die es schon einmal in den 80er-Jahren gab. Es gibt Firmen, mit denen ich in Kontakt stehe, die auch schon ähnliche Projekte (Tiefgarage unter der Saar) realisiert haben und die mir sagen: Die technische Entwicklung ist nun mal 50 Jahre weiter, es ist realisierbar. Natürlich ist mir bewusst, dass das seinen Preis hätte, aber es wäre mein Job als Oberbürgermeister, für Lösungen zu sorgen, indem beispielsweise massiv Förderungen von Bund und Land, auch der EU, kommen. Diese Möglichkeit nicht zu prüfen, hielte ich jedenfalls für nicht verantwortbar.
Der Haushalt der Stadt ist noch vergleichsweise solide. Wie viel Spielraum gibt es?
Dass der Haushalt auch solide bleibt, dafür werde ich schon mit meiner 18-jährigen Erfahrung bei der Sparkasse Sorge tragen. Ich halte viel davon, ein Fördermanagement auf städtischer Ebene auszubauen. Eine Abteilung, die sich um nichts anderes kümmert, als dafür zu sorgen, dass Fördergelder in die Stadt kommen. Wir machen das schon, aber wir müssen das massiv ausbauen.
Kitas und Schulen sind derzeit für alle Kommunen eine Herausforderung. Was kommt da auf die Stadt Saarlouis zu?
Wir haben ja entgegen den Voraussagen steigende Kinderzahlen. Ein großes Problem, von dem mir Eltern berichten, ist Transparenz. Sie bewerben sich bei der Stadt um einen Kitaplatz, wissen aber nicht, wohin es geht. Ich will ein System aufbauen, wo sich Eltern gezielt auf die Kita bewerben können, die sie wollen, ein System, in dem auch angezeigt wird, wo freie Plätze sind, also ein transparenter Prozess. Natürlich müssen wir auch weiter ausbauen. Ich wäre froh, wenn wir noch einmal einen Zweig von „Kinderland“ (Kita mit ausgedehnten Öffnungszeiten bis spätabends, Anm. d. Red.) nach Saarlouis holen könnten. Ein großes Ziel wäre, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch flexible Plätze anbieten zu können. Das ist dann sozusagen der dritte Schritte nach Transparenz und Ausbau, aber ein Ziel im Lauf der langen Amtszeit. Was Grundschulen betrifft, für die wir als Stadt zuständig sind, sind – ohne irgendwelche Schuldzuweisungen zu machen – die Zustände manchmal fatal, auch wenn man sich die Toiletten ansieht. Deshalb bin ich froh, dass das Land das Schulbauprogramm aufgelegt hat, übrigens ausdrücklich auch mit dem Baustein der Sanierung von Toiletten. Ansonsten haben wir Standorte, die wir sanieren müssen. An anderen Stellen ist es erträglich, aber ich will schon, dass Schulen ein Wohlfühlort zum Lernen werden.
Klimaschutz ist vielleicht nichtzentrales Thema im Kommunalwahlkampf, aber drängende Aufgabe. Was ist Ihr Ansatz?
Als Saarlouiser trage ich natürlich das Thema Auto in meinem Herzen. Trotzdem: Wir stehen vor großen Veränderungen. Es gibt das große Thema: Saarlouis als Schwammstadt. Es gibt aber auch viele kleine Bereiche und Möglichkeiten. An einem Punkt will ich Vorreiter sein und städtische Dächer mit Solar aufrüsten, wo immer es möglich ist. Wenn man den Menschen etwas abverlangt, dann muss man selbst auch mit guten Beispiel vorangehen.
Direktwahlen sind Persönlichkeitswahlen. Warum sollen Menschen Florian Schäfer wählen?
Ich komme aus einem 18-jährigen Berufsleben, von Beginn an gewerkschaftlich engagiert, fünf Jahre Personalratsvorsitzender. Ich versuche, die Herausforderungen mit dem Blick des Praktikers zu sehen, nicht aus der Sicht des Politikers oder des Verwaltungsmenschen. Ich würde gerne die Verwaltung zu einem offenen Dienstleister umbauen. Dass wir nicht alles umsetzen können, ist mir natürlich bewusst, aber ich kann den Menschen Perspektiven zeigen.