Die neue Saison der Regionalliga Nord ist erst wenige Spieltage alt, doch für den BFC Dynamo schon jetzt alles andere als erfreulich. Der neue Trainer muss nun für Besserung sorgen – und zwar schnell.
Andreas Heraf wird zufrieden gewesen sein, auch wenn das Weiterkommen in der ersten Pokalrunde gegen den FC Karame (Kreisliga A) vor zwei Wochen natürlich eine Selbstverständlichkeit war. Der neue Trainer des BFC Dynamo hatte schließlich bereits bei seiner Vorstellung im Juni durchblicken lassen, dass er ein Typ ist, der auch Unbequemes anspricht. Sein Bekenntnis vor dem Pokalspiel gegen den neuntklassigen Widersacher dürfte so als eine Art Mahnung interpretierbar gewesen sein: „Ich nehme jeden Gegner ernst“, so der Österreicher, „und werde meine Mannschaft auch entsprechend auf die Aufgabe vorbereiten.“ Die „Botschaft“ schien dann angekommen zu sein: Der BFC zog die 90 Minuten voll durch – und fuhr ein standesgemäßes Kanterergebnis von 22:0 ein.
0:1-Niederlage bei Chemie Leipzig
Doch nur vier Tage später, angesichts der 0:1-Niederlage bei Chemie Leipzig in der Liga, war die Ernüchterung auch aufgrund der Leistung nach dem frühen Rückstand im Lager der Weinrot-Weißen groß: „Wir haben dann keine spielerischen Lösungen gefunden“, analysierte Heraf, „und so ist es jetzt der Fehlstart, den wir nicht haben wollten.“ Dabei hatte man sich anders als letzte Saison diesen Sommer nicht als einer der Topfavoriten dargestellt – aber acht Punkte Rückstand zu Carl Zeiss Jena und Platz eins nach nur vier Spieltagen waren dann doch nicht das, was man erwartet hatte. Zum Auftakt musste sich Dynamo dabei von den gleich zum Saisonstart auf Betriebstemperatur agierenden Thüringern düpieren lassen. „Zweieinhalb der drei Gegentore haben wir uns selber reingeschossen“, grantelte der neue Coach im Anschluss an die 2:3-Niederlage. Dabei hatte seine Mannschaft bereits zur Pause angesichts eines 0:2-Rückstands schlechte Karten, nach der entsprechenden Kabinenpredigt aber alsbald den Gleichstand durch die Treffer von Chris Reher und Rufat Dadashov herstellen können. Doch in der Schlussphase kippte das Spiel wieder auf die Seite der Gäste, und der BFC stand am Ende mit leeren Händen da. Auch nach dem zweiten Spieltag wartete man weiter auf den ersten Dreier: Dabei führte man lange Zeit durch den Treffer von Tobias Stockinger nach einer halben Stunde beim SV Babelsberg 03, doch in der vorletzten Minute musste man noch den Ausgleichstreffer der Filmstädter hinnehmen.
Eine „Unsitte“, die sich schon in der vergangenen Spielzeit eingeschlichen hatte: späte Gegentore, die vor allem in der Rückserie 2023/24 letztlich entscheidende Punkte kosteten. Damals hieß der Trainer noch Dirk Kunert, der erst am fünften Spieltag ins Amt kam, weil Heiner Backhaus dem Lockruf von Alemannia Aachen nicht widerstehen konnte – und am Tivoli dann den Aufstieg feiern durfte, der dem BFC letztlich versagt blieb. Dabei war der Aufstieg in die Dritte Liga 2023/24 turnusmäßig im Nordosten ohne Qualifikationsspiele möglich und der Traum in Hohenschönhausen von der Rückkehr auf die nationale Ebene besonders groß. Doch auf der Zielgeraden musste man die Konkurrenz ziehen lassen und schloss letztlich nur als Tabellenvierter ab. Ähnlich „traumatisch“ stellte sich die Situation 2021/22 dar, als man am Ende einer 38-Spiele-Saison (mit 20 teinehmenden Mannschaften) zwar die Staffelmeisterschaft feiern konnte, dann aber in zwei Partien um den Aufstieg gegen den Nord-Ersten VfB Oldenburg den Kürzeren zog.
Nach dem Verpassen des Traums von der Dritten Liga in der abgelaufenen Spielzeit entschloss sich Dynamos Führungsebene dazu, einen Schnitt zu machen und die Zukunft mit einem neuen Trainer anzugehen. Statt des eher väterlichen Kunert sollte es der forderndere Heraf sein: „Ich kenne den Andi ja noch als Mitspieler bei Rapid Wien“, begründete der sportliche Leiter Angelo Vier bei dessen Präsentation diesen Sommer die Wahl, „er war schon auf dem Platz immer ein unbequemer Typ.“ So soll der neue Trainer, der als Mittelfeldspieler unter anderem knapp 250 Partien für Rapid Wien absolvierte und eine halbe Saison bei Hannover 96 in der Zweiten Liga spielte, die Mannschaft eher auf autoritärere Art führen. Ein „Kumpeltyp“ wie seine Vorgänger Backhaus und auch Christian Benbennek ist er auch nicht – man darf also gespannt sein, wie der 56-Jährige beim weinroten Anhang punkten kann. Dort hängt der Sympathiewert schließlich, wenn man nicht gerade über BFC-Stallgeruch oder eine gewisse Nahbarkeit verfügt, vor allem von Zählbarem ab.
Auf die bewährten Leistungsträger setzen
Insofern ist das Band zwischen Coach und Fans in der Kürze der Zeit noch nicht stark gewachsen, auch wenn am dritten Spieltag der erste Dreier mit einem klaren 4:0-Sieg über den ZFC Meuselwitz eingefahren werden konnte. Dabei zeichnete sich inzwischen ab, dass Heraf wenigstens zunächst auf die bewährten Leistungsträger setzt. Dazu zählen Torwart Leon Bätge, Kapitän und Regionalligarekordspieler Reher (knapp 300 Partien in der Nordost-Staffel), Abwehrchef Steffen Eder, die Mittelfeldspieler Tobias Stockinger und Julian Wießmeier sowie Torjäger Dadashov. Von den Neuzugängen haben auf Anhieb Außenverteidiger Timo Friedrich (zuletzt Floridsdorf/AUT), Flügelstürmer Henry Jon Crosthwaite (Darmstadt) und der offensive Mittelfeldspieler Ivan Knezevic (Homburg/RL Südwest) Ansprüche anmelden können. Gerade Letzterer glänzte bereits mit zwei Vorbereitungen und einem Treffer – verkörperte dann in Leipzig aber die ganze BFC-Malaise, als er nicht ins Spiel fand und schlussendlich sogar mit Gelb-Rot vom Platz gestellt wurde. Mit weiteren Verpflichtungen wie Amirou Amado (Regensburg II), David Grözinger (TSV Steinbach – beide Abwehr), Kevin Lankford (Offenbach) sowie Kristijan Makovec (Bregenz/AUT – beide Mittelfeld) wird dagegen eher perspektivisch zu rechnen sein. Viel scheint dabei auch wieder an Dadashov zu hängen: Der ehemalige aserbaidschanische Nationalstürmer hatte nach drei Spielen schon wieder zwei Tore auf dem Konto – mit Sorge richten sich die Blicke aber auch immer wieder auf sein Knie, das ihn in der entscheidenden Phase der vergangenen Saison erst behinderte und dann ganz aus dem Verkehr zog. Große Bedeutung kam nun bereits der Partie vergangenen Sonntag in Luckenwalde zu (siehe Fußball in Kürze) – wie sagte es Ivan Knezevic noch nach dem Sieg gegen Meuselwitz? „Der erste Dreier war sehr wichtig für den Kopf, jetzt wollen wir eine Serie starten“ – ab sofort wird es bereits „müssen“ heißen, wenn diese Saison aus dem Fehlstart kein dauerhaftes Mittelmaß werden soll.