In früheren Zeiten gab es Hunderte von robusten Schweinerassen. Seit mehr Wert auf Masse gelegt wird, sind die alten Rassen vom Aussterben bedroht. Hier eine kleine Auswahl.
Schweine, die gern schwimmen und tauchen oder andere, die dicke Wolle tragen, bunt gescheckte Schweine oder zweifarbige – die alten Rassen unter den Schweinen bieten eine schöne, abwechslungsreiche Vielfalt. Unter anderem die Tierschutzorganisation Provieh setzt sich für den Erhalt dieser alten Nutztierrassen ein, auch, um die biologische Vielfalt am Leben zu halten.

Mangalitza Wollschwein
Das Mangalitza wird von Weitem gern mal mit einem Schaf verwechselt. Das liegt an seinem dichten, lockigen Fell, das ihm den passenden Namen „Wollschwein“ einbrachte. Der Begriff „Mangalitza“ leitet sich aus dem serbokroatischen Wort „mangulica“ ab und bedeutet so viel wie „walzenförmig, leicht fett werdend“.
Bereits im 13. Jahrhundert wurde in Ungarn von „wolligen, fetten Schweinen“ berichtet. Doch das Wollschwein, wie wir es heute kennen, dürfte erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden sein. Die Mangalitzas entwickelten sich schnell zu einer sehr beliebten Schweinerasse. Um 1900 gab es mehr als sechs Millionen Wollschweine, die das Landschaftsbild vor allem in Ungarn und Rumänien prägten. Oft wurden sie über Hunderte von Kilometern bis zum Schlachthof nach Wien getrieben. Das Interesse von Züchtern aus anderen europäischen Ländern ließ nicht lange auf sich warten, und so wurde das Mangalitza das führende Zuchtschwein in Europa.
Ausgestattet mit einem großen Bewegungsdrang leisten die Wollschweine bis heute in der extensiven Haltung einen wichtigen Beitrag zur Landschaftspflege in Wäldern, auf sumpfigen Wiesen und Stoppelfeldern. Das Mangalitza wird auch zur Bekämpfung von Schädlingen wie den Borkenkäferlarven eingesetzt.
Angler Sattelschwein
Seinen Namen trägt das Angler Sattelschwein nicht etwa, weil es als Reittier genutzt werden kann, sondern wegen der weißen sattelähnlichen Färbung, die von der Rückenmitte bis zu den Vorderbeinen reicht.
Im schleswig-holsteinischen Angeln – einer Halbinsellandschaft zwischen der Flensburger Förde und der Schlei – gewann ab 1860 neben der Milchviehhaltung die Schweinehaltung an Bedeutung. Doch das damals verfügbare Marschschwein genügte nicht den Ansprüchen der Schweinemäster: Die Schweine wuchsen zu langsam heran, und die Muttertiere brachten nicht genug Ferkel je Wurf. Auf der Suche nach einer geeigneteren Rasse wurde eine kleine Gruppe engagierter Züchter aus der Gegend um Süderbrarup, einer Gemeinde in Angeln, auf das englische Wessex Saddleback-Schwein (Wessex Sattelschwein) aufmerksam. Dieses schwarz-weiße Schwein ähnelte im Erscheinungsbild und seinem Körperbau dem Marschschwein. Der Süderbraruper Landwirt Julius Carstensen brachte 1926 von seiner Englandreise eine tragende Sattelschweinsau und im Folgejahr zwei weitere Tiere mit nach Angeln und kreuzte sie erfolgreich mit dem Marschschwein. Daraufhin gründeten neun Landwirte in Süderbrarup 1929 den „Verein zur Zucht des Angler Sattelschweins“ und ließen die neue Rasse noch im gleichen Jahr ins Herdbuch eintragen.

Im Jahre 1934 sprach der Reichsnährstand (RNST) ein Verbot der Rasse aus. Der RNST war eine Organisation, die in den Jahren 1933 bis 1945 alle Betriebe, Personen und Verbände der Ernährungswirtschaft zwangsweise zusammenfasste und sich vor allem auf die Lenkung der Produktion, des Vertriebs und der Preise von landwirtschaftlichen Erzeugnissen konzentrierte. Als Grund für das Verbot wird vermutet, dass die Tiere nicht „blond“ genug waren und zudem braune Augen hatten. 1936 gab es trotzdem über 80.000 Tiere, davon rund 52.000 in der Ursprungsregion Angeln. 1937 wurde das Rasseverbot aufgehoben und das Angler Sattelschwein als eingeschränkt eigenständige Rasse anerkannt. Die Einschränkung bestand bis 1941 und beinhaltete, dass Sattelschwein-Eber südlich des Nord-Ostsee-Kanals nur Sauen ihrer Rasse decken durften.
Zurzeit gibt es in ganz Deutschland (vorwiegend in Schleswig-Holstein) 17 männliche und 54 weibliche Angler Sattelschweine. Weitere Restbestände befinden sich in Ungarn und Tschechien.
Dänisches Sortbroget Schwein
Das Dänische Sortbroget Schwein ist auch unter dem Namen Glöckchenschwein bekannt. Diese Rasse gilt, mit einem Weltbestand von 160 Tieren, als extrem gefährdet.
Das Dänische Sortbroget Schwein stammt ursprünglich von der dänischen Insel Fünen, auf welcher nach wie vor fast der gesamte Weltbestand in ganzjähriger Freilandhaltung lebt. Der Genpool dieser Schweinerasse wurde durch das aus Großbritannien stammende Gloucestershire Old Spot Schwein erweitert, welches die Wurfgröße positiv beeinflusst hat. Seit 1920 gibt es eine offizielle Herdbuchzüchtung. Der Großteil des Bestandes lebt in einem dänischen Haustierpark. Der Gründer Gorm Benzon hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, alte historische Nutztierrassen der Nachwelt als lebendes Kulturgut zu erhalten und genetische Reserven für die landwirtschaftliche Tierzucht zu bewahren. Das Dänische Sortbroget Schwein gilt in seiner alten genetischen Konstellation als unspezialisiertes Weideschwein. Durch seine robuste und genügsame Art kann es im Sommer wie auch im Winter seinen Bedürfnissen wie Suhlen, Scheuern oder der Futtersuche nachgehen.
Diese Schweinerasse unterscheidet sich von anderen durch ihre Bommel oder auch Glöckchen, deshalb der Name Glöckchenschwein. Wobei auch nur ein Drittel dieser Schweine Glöckchen besitzt. Die Bommel befinden sich am Unterkiefer in der Nähe des Halsansatzes und können ein- oder beidseitig auftreten. Für das Glöckchenschwein haben diese in der heutigen Population keine Funktion, es sind einfache Hautausstülpungen ohne Drüsen.
Turopolje-Schwein
Rund 100 Kilometer südöstlich von Zagreb liegt der Naturpark Lonjsko Polje. Für Wasser- und Zugvögel ist die Region ein Naturparadies. Und natürlich für die hier beheimateten Turopolje-Schweine, die, optimal angepasst an Land und Wasser, sogar gelegentlich nach Muscheln tauchen.
Das Turopolje-Schwein gehört zu den vielen Schweinerassen, die vom mitteleuropäischen Wildschwein abstammen. Ein direkter Vorfahr ist vermutlich das Siska-Schwein. Bereits im Jahr 1352 soll der kroatisch-ungarische König Ljudevit die ersten Turopolje-Schweine in die Gebiete am gesamten Oberlauf der Save gebracht haben. Zur weiteren Veredlung wurden englische Rassen wie Leicester, Berkshire, Yorkshire und Cornwall eingekreuzt.

Erst seit Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Turopolje-Schwein reinrassig weitergezüchtet, und seit 1911 ist es als eigenständige Rasse anerkannt. 1958 zählte man 58.000 Turopolje-Schweine in der Region Turopolje (an der mittleren Save zwischen Zagreb und Sisak). Im Zuge einer staatlichen Landgewinnung wurden 5.000 Quadratkilometer Auenwiesen entwässert. In diesem Prozess mussten die Kleinbauern ihre Weideflächen an die landwirtschaftlichen Kombinate abgeben, und der Bestand der Turopolje-Schweine ging weiter zurück. Seit 1974 galt der Bestand auch offiziell als gefährdet. 1990 zählte man schließlich nur noch rund 150 reinrassige Tiere. Bis zum Kriegsbeginn im Jahr 1991 hatte ein Fleisch verarbeitender Betrieb in Petrinja fast alle Turopolje-Schweine für die Salami-Herstellung aufgekauft.
Der Krieg brachte die Rasse an den Rand des Aussterbens. Wilderei und Schießübungen von Soldaten ließen nur wenige Turopolje-Schweine überleben. Die letzten rund 30 reinrassigen Tiere waren von einem Schweinehirten in einen Stall in Sicherheit gebracht worden.
Dank intensiver Bemühungen der Arche Austria und anderer Organisationen gibt es heute eine gut organisierte Erhaltungszucht inklusive Herdbuch. Die Haltung reinrassiger Turopolje wird in Österreich sogar mit Ausgleichszahlungen belohnt.