Schöne Bescherung, wenn auch ein bisschen früh. Die ungeliebte Ampel ist Geschichte, dafür haben wir jetzt Wahlkampf. Was die Geschichte betrifft: Historiker werden sich freuen. Die letzten Wochen der Ampel liefern reichlich Stoff für viele künftige Publikationen. Vielleicht sogar für einen neuen Historikerstreit nach einer Monty-Python-Szene: „Der Lindner war’s“ vs. „War er gar nicht“. Besonders Kluge sagen dann: Eigentlich waren es irgendwie alle. Buchverlage wird’s freuen, Vortragsabende werden in munteren Debatten enden.
Ansonsten hilft uns das erstmal nicht sonderlich weiter.
Jetzt ist Wahlkampf. Und der mutet an, als wären auch da Historiker mit am Werk. „Leistung muss sich wieder lohnen“: Irgendwie kommt das zumindest uns Älteren ziemlich bekannt vor. Ähnlich auch: Höherer Mindestlohn, Steuererleichterung für 95 Prozent, höhere Steuern für den Rest mit höchsten Einkommen. Dazu noch: Schuldenbremse. Was bislang zu lesen oder zu hören ist, klingt durch die Bank alles ziemlich retro.
Aber das ist ja erst der Anfang, und bis Januar ist noch eine lange Strecke. Da kann und wird noch viel passieren.
Ein Kanzlertelefonat und die neuerliche „Taurus“-Debatte, dazu die Regierungsbildung in den USA, lassen zumindest aufblitzen, dass es in dieser Zeit um mehr und Grundsätzlicheres geht.
Dazu gehört auch, dass – Minderheitsregierung hin oder her – es zumindest noch bei den Parteien rund um „die Mitte“ den einen Grundkonsens gibt, jetzt noch das Bundesverfassungsgericht im Grundgesetz besser abzusichern vor potenziellen Einflussnahme-Versuchen.
Dass das überhaupt notwendig erscheint, spricht Bände über das, was uns eigentlich besorgen muss und womit wir uns in den nächsten Wochen auseinanderzusetzen haben.
Vorschläge wie der, auf Wahlkampfstände bei Weihnachtsmärkten zu verzichten, sind da ja ganz nett. Schon aus rein pragmatischen Gründen. Schließlich lässt sich mit Broschüren in der einen und Kugelschreibern in der anderen Hand die Tasse mit Glühwein so schlecht greifen.
Aber ganz ungetrübte Vorweihnachtsfreude wird es in diesem Jahr ohnehin nicht so recht geben können. Auch wenn uns das allen zu wünschen wäre.