Es gab schon mal einfachere Zeiten, um Klimastreiks oder -aktionen zu organisieren, obwohl das Energiethema seit Monaten die täglichen Schlagzeilen beherrscht. Gleichzeitig sind die Zeiten besser als je zuvor. Vorausgesetzt, wir meinen mit „besser" all die Botschaften, wonach das selbstgesteckte und eigentliche Minimalziel (Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad) verfehlt werden dürfte. Engagierterer Einsatz ist also dringend geboten.
Nun mangelt es wahrlich nicht an Aufklärung und (wissenschaftlicher) Erkenntnis. In weiten Teilen auch nicht an politischem Bekenntnis und Beschlüssen. Vom Green Deal der EU bis hin zu dem, was die inzwischen alleinregierende Saar-SPD in ihrem Regierungsprogramm zur Wahl notiert hatte.
All das hat aber nicht die Effekte gebracht, die sich durch die großen Krisen eingestellt haben: Der durch die Pandemie erzwungene Lockdown hat zumindest die ansonsten stetig steigenden Kurven kurzfristig angehalten. Und der Schock des Krieges samt Folgen zeigt das bekanntlich größte Potenzial: Energie sparen. Gleichzeitig wurden aber Kohlekraftwerke wieder angeworfen, Frackinggas ist eine Alternative, LNG-Terminals sind in Betrieb und Atommeiler sollen ihre Laufzeit strecken.
Das ganze Dilemma der fossilen Abhängigkeiten ist keine neue Erkenntnis. Die ständige Erinnerung an frühe ungehörte Warnrufe hilft aber nicht weiter.
Wir müssen versuchen, erst einmal einigermaßen durch diesen Winter zu kommen. Fast schon eine Ironie dabei ist die Hoffnung auf einen milden Winter. Gleichzeitig müssen die ungewollten Chancen durch den aktuellen Druck genutzt werden. Auch wenn es eine fürchterliche Vorstellung ist, die Folgen eines brutalen, menschenverachtenden Krieges als Chance zu bezeichnen.
Aber wir sehen, dass jetzt Dinge möglich sind, die wir zwar vorher schon für richtig gehalten haben, zu deren Umsetzung aber letztlich die Kraft fehlte. Politisch, wirtschaftlich – und individuell. Energiesparmöglichkeiten suchen ist in, Mobilität überdenken ist dank Spritpreisen und der 9-Euro-Ticket-Idee angesagt, das Verhältnis zu dem ein oder anderen Windrad oder Solarpark hat neue Dimensionen.
Klimaaktivisten mögen traurig sein, weil das alles vielleicht weniger ihren Protesten, sondern den aktuellen Entwicklungen geschuldet ist. Ihre Aktionen bleiben aber weiter nötig. Schließlich geht es um mehr als kurzfristige Reaktionen.