Die Nachricht hatte es in sich: ArcelorMittal steigt aus dem Projekt Grüner Stahl aus. Selbst über eine Milliarde staatlicher Unterstützung war kein überzeugendes Argument mehr für das Management von Europas größter Stahlgruppe. Eine Warnung an die ganze Branche, hieß es schnell.
Für die einen war klar: Wir haben immer schon gesagt, dass das nichts wird mit dem Grünen Stahl. Alles nur Fantasien, als könnten wir mit einem grünen Stahlwerk die Klimakatastrophe aufhalten. Andere sagen: Grüner Stahl okay, aber wir sollten uns von der Idee von grünem Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien produziert wird, verabschieden. Den gibt es nicht ausreichend, und der ist viel zu teuer. Wasserstoff aus AKW-Strom würde es auch tun. Und wenn wir selbst schon alle AKWs abgeschaltet haben: Die Nachbarn haben doch noch welche.
Klingt alles stark nach Abgesang auf jede Form ehrgeiziger Ziele, Pläne und Projekte.
Was derzeit voll im Trend liegt. Autobauer haben schon mehr Zeit bekommen, um CO2-Vorgaben zu erreichen. Klimaschutz wird auf der Prioritätenliste nach unten durchgereicht.
Da beruhigt es nur bedingt, dass zumindest der Kampf gegen Plastikmüll vorankommt. Dass der Genuss von kühlen Getränken per Schraubverschluss getrübt wird, wird als Ärgernis hoffnungslos überbewertet. Es gibt zwar nicht weniger Plastik, aber das hält wenigstens ein Leben lang zusammen. Wem derart Geniales gelingt, der sollte auch Lösungen für Grünen Stahl finden.
Und da wäre schon noch einiges zu klären. Ausreichend Wasserstoff (grün, sonst macht das alles nur eingeschränkt Sinn), konsequenterer Schutz vor Dumping-Importen (ist ohnehin überfällig), Nachfrage organisieren (in Frankreich kauft die Bahn Schienen aus grünem Stahl). Nebenbei: Autokonzerne bestellen längst grünen Stahl.
Alles nicht leicht, aber lösbar, entschiedenen Willen vorausgesetzt.
Ja, der Umbau kostet irre viel Geld. Und erfordert Mut. Vielleicht weniger, weil das Projekt Grüner Stahl so utopisch scheint, sondern weil es gegen einen Zeitgeist ist, der alles, was der Rettung unserer Lebensgrundlagen dienen kann, zum Teufelszeug erklärt. Was wiederum eine lemminghafte Faszination ausübt. Aber die ist bekanntlich nur sehr begrenzt zukunftstauglich.