Jede Zeit hat ihre eigenen Ausdrucksformen. Zeitweise wollten schon ziemlich viele „mehr Demokratie wagen“. Das war immerhin eine aktive Formulierung für was Neues. Heutzutage klingt es unpersönlicher: „Man muss die Menschen mitnehmen“. Ein Satz, so supergenial klar und eindeutig, klingt, dass er gefühlt sämtliche Interviewspalten und Talkshowformate zu füllen vermag. Wenn der in irgendeinem Statement fehlt, scheint irgendwas nicht ganz in Ordnung zu sein.
Fragt sich nur, wer dieser „man“ sein soll und wohin die Menschen mitgenommen werden sollen.
Klar ist nur, wobei „die Menschen“ mitgenommen werden sollen: Bei Klimaschutz, Energiewende, Transformation, beim Bauen, wahlweise von Windrädern, Solaranlagen oder Heizungen, gerne auch mal Wohnungen oder Wirtschaftsprojekten, kurzum: eigentlich bei allem, was irgendwie anders werden und wo es vor allem schnell gehen soll.
Weil anders und dann noch schnell selten dazu angetan sind, massive Euphoriebewegungen auszulösen, muss „man“ der Logik zufolge, „die Menschen dabei mitnehmen“. Was grundsätzlich richtig ist, nur klingt der Unterton ziemlich laut: Keine Hektik, Leute. Alles anders? Och ne, vielleicht ein kleines bisschen, und wenn, dann vielleicht erst mal woanders. Und schnell? Wie gesagt: keine Hektik.
Erst mal alles genau überlegen. So wie die Autobauer, die lieber erst mal Abgasfilter manipuliert und dabei ganz übersehen haben, was sich da sonst so an Entwicklung tut. Waren andere halt schneller und besser.
Wobei wir beim zweiten Schlagwort der Zeit wären: Technologieoffenheit. Auch das im Kern eine völlig korrekte Forderung. Keine einseitigen Abhängigkeiten von einer einzigen Technologie! Nur wenn es zur Kampagne wird, klingt auch das wie: bloß nichts ändern, abwarten, vielleicht findet sich noch was, damit wir nichts wirklich ändern müssen. Wer das meint, sollte es auch sagen. Mit Mitnehmen hat das allerdings nichts zu tun, eher mit die Leute stehen lassen, wo sie sind.
Die allermeisten wissen längst, dass das keine Lösung ist und sind entsprechend genervt. Kein Wunder, wenn viele in diesen Zeiten so mitgenommen aussehen.