Drei Fragen
Zeit der hohen Spritpreise
Vor der großen Ferienzeit steigen die Preise an den Zapfsäulen. Das hat weniger mit Rohölpreisen zu tun, sondern vor allem mit Marktwirtschaft, erklärt der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Freier Tankstellen, Carsten Müller.
Herr Müller, die Ferienzeit beginnt wieder, traditionell steigen dann die Spritpreise, angeblich weil der Rohölpreis gestiegen ist. Woher kennt der Rohölpreis unsere Ferientermine?
(lacht) So bin ich noch nie nach diesem angeblichen Phänomen gefragt worden, das generell so nicht stimmt. Die Preise steigen und fallen jeden Tag. Das mit dem Rohölpreis und dem Abgabepreis des daraus hergestellten Sprits ist etwas komplizierter. Wir haben Dekaden mit hohem Rohölpreis, aber relativ niedrigen Preisen für Diesel oder Benzin an den Zapfsäulen. Dann sind die großen Lager in Europa, zum Beispiel in Rotterdam, voll. Das ist reine Marktwirtschaft: Ist viel verfügbar, ist der Preis niedriger und umgekehrt. Nun gibt es den Effekt, dass sich die Mineralölhändler im Vorfeld der Ferien mit Sprit versorgen, damit es keine Engpässe gibt, und dann steigt automatisch der Einkaufspreis, weil viel nachgefragt wird.
Die Tankwarte in Deutschland muss das doch freuen, sie verdienen mit hohen Preisen ja vermutlich dann auch mehr?
Ein weiteres Phänomen in dieser Branche: Für den Tankstellenbetreiber ist es völlig egal, was Benzin und Diesel an der Zapfsäule kosten, er hat feste Pauschalen. Und da gibt es eine relativ weite Spreizung, die geht von 0,7 bis knapp über 3 Cent netto pro Liter. Das ist der übliche Spielraum und hängt jeweils von dem Eigenanteil ab, den der Pächter mit einbringt.
Um davon leben zu können, müsste ein Betreiber jeden Tag Tausende Liter Sprit verkaufen, was logistisch gar nicht funktioniert – womit also wird an der Tankstelle Geld verdient?
Die Tankstelle ist in den letzten Jahrzehnten längst zum Shop geworden. Fast die Hälfte, 46 Prozent, wird dort verdient, Getränke, Zigaretten, Snacks, Bonbon oder Schokolade. Weitere 20 Prozent macht der Service, also vor allem Autowaschen. Zum Service gehören aber auch zum Beispiel die Packstationen der Post. Und das wird auch die Zukunft sein, Service, Shop und eine Art von kleiner Gastronomie, wenn zum Beispiel zukünftig das Laden der E-Autos etwas länger dauert. Interview: Sven Bargel

Ärger über Nietzard-Sweatshirt
Die Chefin der Grünen Jugend, Jette Nietzard, ist bekannt und gefürchtet wegen ihres unorthodoxen Auftretens. Doch nun hat sie für ihre Parteifreunde in der Mutterpartei den Bogen offenbar überspannt. Bei einem öffentlichen Auftritt trug sie ein schwarzes Sweatshirt mit den Buchstaben „ACAB“. Beliebtes Kürzel in Kreisen der Linksextremen, aber auch bei Rechtsradikalen: Das Kürzel bedeutet „All Cops Are Bastards“ („Alle Polizisten sind Schweine“). „Ich verstehe überhaupt nicht, was die bei uns will“, fragt sich bei den Grünen etwa Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Auch der Grünen-Spitzenkandidat zur Landtagswahl im Ländle im kommenden März, Cem Özdemir, ist über die verachtende Aussage über Polizisten entsetzt. Besonders angegriffen fühlt sich die erste parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, sie ist selbst Polizistin. Für den Vizefraktionschef im Bundestag, Konstantin von Notz, ist die pauschale Beleidigung ein „völlig unterirdischer, inakzeptabler und beleidigender Take für alle Polizistinnen und Polizisten“. Nietzard selbst versteht die ganze Aufregung nicht, die Aufschrift auf ihrem Pulli sei einfach nur missverstanden und überinterpretiert worden.
Neue Bundesregierung macht Tempo
Gerade mal drei Wochen nach der Wahl von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und der Ernennung der neuen Minister seines Kabinetts fand Ende Mai der erste Koalitions-Ausschuss statt. Eigentlich soll dieses höchste interne Gremium der neuen Bundesregierung alle vier Wochen tagen, doch Merz hat es eilig. Nicht die traditionellen 100 Tage zum Eingewöhnen gönnt er seiner Arbeitskoalition, sondern nur 70 Tage bis zur parlamentarischen Sommerpause. Dann sollen die ersten Gesetze verabschiedet sein. Als erstes einigte sich das Kabinett auf die Verlängerung der Mietpreisbremse und einen Bau-Turbo, wonach Neubaugebiete zeitweilig auch ohne Bebauungsplan erschlossen werden können, erläutert Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD). Des Weiteren wurde die Rücknahme des Ampelgesetzes beschlossen, das eine Einbürgerung schon nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland ermöglicht. Zukünftig soll die Einbürgerung wieder frühestens nach fünf Jahren möglich sein.
Mehr Geld für Parteien
Die staatlichen Mittel für Parteien sollen rückwirkend für 2025 um sechs Millionen Euro auf insgesamt über 225 Millionen Euro erhöht werden. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) begründet die Steigerung mit den Kostensteigerungen im letzten Jahr, wonach die parteitypischen Ausgaben 2024 um 2,8 Prozent gestiegen seien. In der Folge soll auch die Wahlkampfkosten-Erstattung angehoben werden. Für die ersten vier Millionen Wählerstimmen bekommen die Parteien dann 1,21 Euro je Stimme statt bisher 1,18 Euro. Für jede weitere Stimme gibt es dann 99 Cent statt bisher 97 Cent. Die staatliche Finanzierung kommt allen Parteien in Deutschland zugute, die bei einer Bundestags- oder Europawahl mindestens 0,5 Prozent der Zweitstimmen oder bei einer Landtagswahl mindestens ein Prozent der Stimmen erhalten haben. Weil Wahlkampfkosten aber deutlich höher liegen, sind die Parteien auf Spenden angewiesen.

Flixtrain setzt auf Expansion
Die Münchner Reiseplattform Flix wird ihr Schienen-Angebot in Deutschland massiv ausbauen und hat Ende Mai 30 neue Hochgeschwindigkeitszüge beim spanischen Hersteller Talgo bestellt. Dazu Lokomotiven bei Siemens. Für weitere 35 Züge gibt es eine Option, so Flixtrain. Insgesamt liege der Auftragswert bei 2,4 Milliarden Euro. „Wir verfolgen mit Flixtrain eine langfristige Strategie und werden unser Angebot in den kommenden Jahren deutlich vergrößern“, verspricht Flix-Chef und Co-Gründer André Schwämmlein. Flixtrain ist in Deutschland der Hauptkonkurrent der Bahn, allerdings mit riesigem Abstand. Aktuell verfügt das Unternehmen über 13 Züge auf deutschen Schienen. Flixtrain steuert bislang 50 Ziele an und konzentriert sich dabei vor allem auf Ziele wie Berlin, Hamburg, Frankfurt oder Baden-Württemberg. Die neuen Züge sollen bis zu 230 Stundenkilometer schnell sein und damit eine echte Alternative zum ICE der Bahn werden.
Wahlen
PiS-Kandidat gewinnt

Karol Nawrocki wird neuer Präsident in Polen. Der von der rechtskonservativen PiS-Partei unterstützte Kandidat hat sich bei der Stichwahl knapp gegen Rafał Trzaskowski durchgesetzt, der für die liberal-konservative PO der Tusk-Regierung ins Rennen gegangen war. Nawrocki erhielt 50,9 Prozent der Stimmen, Trzaskowski 49,1 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 71,6 Prozent.
Das Ergebnis zeigt nach einhelliger Einschätzung von Beobachtern, wie gespalten das Land ist. Eineinhalb Jahre, nachdem der europafreundliche Donald Tusk die Parlamentswahl gewonnen und die frühere PiS-Regierung abgelöst hat, ist es ihm und seiner Partei nicht gelungen, ihren Kandidaten durchzusetzen. Die national-konservative PiS hat die Wahl vor allem auf dem Land gewonnen. Für die Regierung von Ministerpräsident Tusk bleibt also das Amtsgeschäft samt Reformen weiterhin schwierig. In Polen hat der Präsident deutlich mehr Befugnisse als ein deutscher Bundespräsident.
Handyregeln in Luxemburg
In Luxemburger Lyzeen gelten ab sofort neue Regeln für den Umgang mit Smartphones. Grundsätzlich gilt: Smartphones müssen während des Unterrichts aus sein. Das Bildungsministerium hat drei Varianten zur Auswahl gestellt, die Schulen müssen sich für eine verpflichtend entscheiden. In der strengsten Variante müssen Smartphones vor Unterrichtsbeginn abgegeben werden. Diese Variante gilt unter anderem im luxemburgisch-deutschen Schengen-Lyzeum in Perl. Andere Schulen setzen auf Verbot nur während des Unterrichts. Manche Schulen haben individuelle Regeln, etwa ein Verbot in bestimmten Stockwerken, wo sich die unteren Klassen befinden, oder altersgestaffelte Regeln. Auch für die Nutzung etwa in Schülercafés gehen die Schulen unterschiedliche Wege. Einige Schulen haben sich für die Einrichtung sogenannter „zones de déconnexion“ entschieden, also ausgewiesenen Flächen für „digitale Pausen“. Für den Unterricht bleibt aber das IPad ein wichtiges Arbeitsmittel.

Podologie erleben
Was genau macht eigentlich ein Podologe, und warum spielt die medizinische Fußpflege eine so zentrale Rolle für viele Menschen? Einen lebendigen Einblick in dieses spannende Berufsfeld bietet der Tag der offenen Tür der Europäischen Fachschule für Podologie in Quierschied. Zum fünfjährigen Bestehen der Schule mit angeschlossener Praxis lädt das Team am Samstag, 14. Juni 2025, von 10 bis 14 Uhr herzlich ein auf das Gelände des Medicus Gesundheitszentrums in der Fischbacher Straße 100. Der Vormittag beginnt um 10 Uhr mit der offiziellen Eröffnung. Um 11 Uhr folgt eine Präsentation zur Geschichte und Zukunft der Podologie, einer Disziplin, die besonders für Diabetiker, chronisch Kranke und ältere Menschen unverzichtbar geworden ist. Ab 11.30 Uhr können Interessierte bei einer Führung durch die modernen Praxisräume mehr über die Arbeitsweise und Ausstattung erfahren. Ein besonderes Highlight ist die Fußerlebniswelt mit einem Barfußpfad und interaktiven Stationen, hier lässt sich Fußgesundheit mit allen Sinnen erleben. Die Veranstaltung richtet sich an alle, die sich für den Beruf, die Ausbildung oder einfach für gesunde Füße interessieren.
Die Teilnahme ist kostenlos.
Anmeldung unter 06897 962-6614. Weitere Informationen unter www.efp-podologie.de oder per E-Mail an info@efp-podologie.de.
Aufgabe
Drogenbeauftragter

Von Haus aus ist er Virologe, und in Zeiten der Corona-Krise wurde sein Gesicht bundesweit bekannt: Professor Hendrik Streeck. Bei der Bundestagswahl zog er als CDU-Abgeordneter ins Parlament ein, nun wird er zusätzlich Drogenbeauftragter der Bundesregierung. Streeck sieht im Alkoholmissbrauch das verbreitetste Problem in Deutschland. Ob das nun heißt, dass sich der 47-Jährige zum Beispiel verschärft für Werbeverbote von Alkohol einsetzen wird, blieb während seiner kurzen Antrittsrede unklar. Auch seine Haltung zur Legalisierung von Cannabis ist nicht ganz klar.
Schon während der Koalitionsverhandlungen wurde der Name Streeck immer wieder genannt, allerdings als möglicher Gesundheitsminister, doch den Posten hat Parteifreundin Nina Warken bekommen. Zu seiner neuen Aufgabe als Beauftragter meint Streeck: Wichtig ist, dass auch meine Expertise als Praktiker in der Regierung nun gehört wird, darauf kommt es an“.

Weniger Krebsimpfungen
Die Impfquoten gegen Humane Papillom-Viren (HPV) treten nicht mal mehr auf der Stelle, sondern sind wieder rückläufig. Laut Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts WIdO von Ende Mai lag die Impfquote nur bei den AOK-Versicherten im dritten Quartal 2024 bei 15-jährigen Mädchen bundesweit bei nur 49,5 Prozent. Damit liegt der Wert knapp fünf Prozentpunkte unter dem im dritten Quartal ein Jahr zuvor. Obendrein liegt er sogar um etwa zehn Prozent unter dem Niveau von vor der Corona-Pandemie. „Unsere Analysen zeigen erneut: Die Bundesrepublik ist noch sehr weit von dem erklärten Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entfernt, wonach bis 2030 mindestens 90 Prozent der 15-jährigen Mädchen gegen HPV geimpft sein sollten“, so WIdO-Geschäftsführer Dr. Scheller-Kriensen.
Eine anhaltende Infektion mit HP-Viren kann Gebärmutterhalskrebs auslösen. Diese Krebsform ist weltweit die vierthäufigste Krebserkrankung bei Frauen.
Gewerkschaft
Keine Viertagewoche

Seit Mitte der 1980er-Jahre gehörte die Forderung der IG-Metall nach einer Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich zur DNA der Arbeitnehmervertreter, hauptsächlich in der Auto- und Maschinenbaubranche. Plötzlich ist dieses Ziel von der IG-Metall-Vorsitzenden Christiane Brenner ersatzlos gestrichen worden. „Wir spüren gerade in vielen Betrieben die angespannte wirtschaftliche Situation“, begründet Brenner diesen abrupten Kurswechsel. Die IG-Metall-Vorsitzende muss sich nicht groß von der ersten Regierungserklärung von Friedrich Merz distanzieren. Der Bundeskanzler hat der Viertagewoche und den Debatten um die Einhaltung der Work-Life-Balance eine klare Absage erteilt. Schon seit Jahren kommen von den Betriebsräten aus den Metall verarbeitenden Betrieben entsprechende Rückmeldungen, dass es dafür unter den Beschäftigten immer weniger Verständnis gebe. Unter anderem aus Angst vor dem weiteren Verlust von Arbeitsplätzen, weil die Lohnstückkosten einfach zu hoch werden.
Wiegand will's wissen
Blickpunkt Europa
Ein Horrorszenario: Die EU kurbelt die Panzerproduktion an. Dazu braucht es Munition für Kanonenrohre. Und dann dieses: Stillstand. Die Panzer stehen herum – weil sie nichts zum Abschießen haben.
Zugegeben – ein spekulatives Lagebild. Jedoch: Europa fehlt tatsächlich Material. Antimon, Aluminium, seltene Erden: Ohne sie läuft in Europas Rüstungsindustrie nichts. Das Problem: Wir haben keine Kontrolle über die Lieferkette. Die hat ausgerechnet China. Und seine Ausfuhrlizenzen dauern derzeit Monate.
Während Brüssel auf Moskau schimpft und weiter auf Washington schielt, hat sich Peking längst zum heimlichen Spielführer unserer Waffenproduktion gemausert. Einmal Exporthahn zudrehen – und die europäische Verteidigungswelle wird zum Tropfenschauer.
Das Kalkül der Volksrepublik ist glasklar: Wer die Schlüsselstoffe besitzt, hat die Macht. Wer die Welt mit Rohstoffen versorgt, diktiert die Spielregeln. Und Europa? Schaut zu – im besten Fall. Im schlimmsten: kann nicht mitspielen, selbst wenn es will.
Die viel beschworene „strategische Autonomie Europas“ verkommt zur Floskel, wenn wir weiter vom geopolitischen Gegenspieler beliefert werden müssen. Denn China ist kein neutraler Zulieferer. China ist ein Rivale – ökonomisch stark, politisch kühl, strategisch skrupellos.
Es reicht nicht, in Brüssel Milliarden für neue Rüstungsprojekte freizugeben. Es braucht den politischen Mut, Europas industrielle Achillesferse zu schützen. Eigene Abbauquellen, eigene Verarbeitung, eigene Lager. Geht nicht über Nacht. Aber wir müssen alles tun, um keine Wattepanzer zu errichten – mit Material vom Systemrivalen.
Wolf Achim Wiegand ist freier Journalist mit EU-Spezialisierung.