Drei Fragen
Differenzierte Stromtarife ab 2025
Laut EU-Beschluss werden wir in anderthalb Jahren auch in privaten Haushalten tageszeitenabhängig unterschiedliche Preise für die Kilowattstunde Strom bekommen. Das stellt der digitale Chef-Entwickler von Seco, Christoph Kutzera, in Aussicht.
Herr Kutzera, die Seco GmbH baut digitale Stromsteuerungs-Geräte der Zukunft. Wo geht da die Reise hin?
Wir werden in wenigen Jahren ein völlig neues Strom-Management haben, das wir auch dringend brauchen. Wir setzen zukünftig auf erneuerbare Energien und diese sind in einigen Produktionsbereichen nicht 24 Stunden in konstanter Menge verfügbar. Zum Beispiel bei der Sonnenenergie oder der Windkraft. Das heißt, zukünftig müssen die Stromabnahmen, auch bei den privaten Verbrauchern, intelligenter gesteuert werden. Ist die Netzbelastung hoch, sollten im Haushalt energieintensive Geräte nicht angeschaltet werden, sondern erst in den Nebenzeiten.
Das heißt, der digitale Stromzähler erkennt meine Waschmaschine und kann die dann in Strom-Verbrauchsspitzen einfach abschalten?
Generell ja, wir sprechen da Neudeutsch vom Internet der Dinge und das Smart-Meter wird nicht nur Ihre Waschmaschine, sondern auch den Trockner oder die Kaffeemaschine erkennen. Das geht selbstverständlich nur bei neuen Geräten. Beispielsweise fällt da eine Geschirrspülmaschine, die älter als zehn Jahre ist, noch nicht drunter. Sinn dieser digitalen Vernetzung, zum Beispiel von Haushaltsgeräten, ist die zukünftige Stromsteuerung. Das gilt übrigens auch für die Elektromobilität. Die Fahrzeuge werden teilweise heute schon per digitaler Stromsteuerung in Spitzen nicht mit voller Leistung geladen, sondern die volle Leistung wird erst erreicht, wenn weniger Strom verbraucht wird.
Um das in den privaten Haushalten umzusetzen, müsste man die Verbraucher zwingen, ihre alten Stromzähler gegen Smart-Meter auszutauschen?
Nein, das sehe ich nicht. Vielmehr wird die Umrüstung der analogen Stromzähler über Preisanreize funktionieren. Laut EU-Beschluss müssen die Stromanbieter ab Januar 2025 tageszeitlich unterschiedliche Stromtarife anbieten. Das wird auch für viele private Verbraucher einen Anreiz darstellen, ihren Stromzähler umzurüsten. Der Strom ist derzeit teuer und ich wage die Prognose, er wird zukünftig auch nicht mehr viel preiswerter werden. Darum werden auch die privaten Verbraucher nach Möglichkeiten suchen, neben weniger Verbrauch ihren Strompreis mit intelligentem Strommanagement durch Smart-Meter zu senken. Interview: Sven Bargel
Ende der Fußgängerzone
Berlins bekannte Einkaufsmeile, die Friedrichstraße, bleibt weiterhin Zankapfel zwischen Autoverkehr und Fußgängern. Die erste große offizielle Amtshandlung der neuen Verkehrssenatorin nach der Wiederholungswahl, Manja Schreiner (CDU), ist die Räumung der aufgestellten Stadtmöbel. Das ist das Ende der erneut im Januar dieses Jahres ausgerufenen Fußgängerzone durch Schreiners Vorgängerin Bettina Jarasch (Grüne). Sie hatte mitten im Wiederholungswahlkampf die Friedrichstraße auf 500 Meter wieder zur Fußgängerzone erklärt. Nun rollen dort ab dem 1. Juli wieder Autos. Bei den anliegenden Geschäftstreibenden des Teilbereichs der Friedrichstraße liegen unterdessen die Nerven blank. Viele von ihnen hatten gegen die Umwandlung in eine Fußgängerzone erfolglos geklagt. Nun hatten sich zum Beispiel die Gastwirte für diesen Sommer darauf eingestellt, die Straße zu nutzen. Der Sommer hat noch gar nicht richtig angefangen, nun müssen sie ihre Tische und Stühle wieder einräumen. Dort wo eigentlich Kaffee und Kuchen genossen werden sollte, werden bald wieder parkende Autos stehen.
Pflegereform verabschiedet
Der Bundestag hat mit den Stimmen der Regierungskoalition eine neue Pflegereform verabschiedet. Das Gesetz aus dem Haus von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht angesichts der stark steigenden Kosten Entlastungen für Pflegebedürftige vor. Die Mehrkosten werden bereits ab dem 1. Juli durch höhere Beiträge finanziert. Ausgenommen sind Familien mit mehreren jüngeren Kindern. Um wie viel Prozent der Beitrag zur Pflege innerhalb der Krankenversicherung angehoben wird, soll nun von den Kassen endgültig ermittelt werden. Bislang wird von 0,3 Prozent für Familien mit Kindern und 0,6 Prozent für kinderlose Versicherte ausgegangen. Pflegeverbände kritisieren das Gesetz. In der Zukunft könne man die immer weiter steigenden Pflegekosten nicht weiter über die Versicherten finanzieren, es bräuchte mehr Steuergelder aus dem Bundeshaushalt. Ansonsten drohe zukünftig eine weitere Verschärfung der Altersarmut. Darüber sind sich die unterschiedlichen Pflegeverbände einig.
Bedarfe steuern dank neuem Wärmeplanungsgesetz
Die Zukunft des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) ist aufgrund des Streits in der Ampelregierung immer noch ungewiss. Jetzt soll ein weiteres Heizungsgesetz auf den Weg gebracht werden: das Wärmeplanungsgesetz. Laut einer ersten Vorlage sollen Wohnungskonzerne und Eigenheimbesitzer zukünftig ihren Wärmebedarf erfassen. Das Gesetz wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unter Leitung von Robert Habeck (Grüne) und Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) erarbeitet. Es soll helfen, den Wärmebedarf für den Wohnraum besser zu erfassen. Bislang gibt es dazu keine zentralen Daten, doch diese seien wichtig, um die Bedarfe besser steuern zu können. Wann diese Gesetzesvorlage im Bundestag eingebracht werden wird, ist noch unklar. Hintergrund dürfte auch die scharfe Kritik am GEG sein. Nicht nur die Opposition im Bundestag macht dagegen Front.
Tesla will Ausbildungsplätze mehr als verdoppeln
Der E-Autobauer Tesla will weitere 180 Azubis und Studierende anstellen. Seit 2022 arbeiten bereits gut 120 Auszubildende und Studierende in dualen Studiengängen bei Tesla in Grünheide (Oder-Spree). Damit ist das Werk Brandenburgs größter Ausbildungsbetrieb.
In vielen der rund 20 angebotenen Ausbildungsberufe, darunter Mechatroniker, Fachinformatiker und Industriekaufmann sind schon die meisten Plätze vergeben. Ein paar freie Plätze gibt es noch für Werkzeug- und Gießereimechaniker. Insgesamt seien noch zehn bis 20 Prozent der Stellen unbesetzt.
Ein Drittel der Ausbildungsplätze ist für Studierende in dualen Studiengängen reserviert, in Fächern wie Betriebswirtschaftslehre, Automatisierungstechnik und Informatik. Dafür arbeitet das Unternehmen etwa mit der Technischen Hochschule Wildau und der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin zusammen. Trotz Azubi-Mangels macht sich das Unternehmen um Nachwuchs wenig Sorgen. Tesla zahlt gute Ausbildungsgehälter und ist auf Jobbörsen in der Region sehr aktiv.
Migration
Zeitenwende gefordert
Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, fordert eine „Zeitenwende in der Migrationspolitik“. Sager macht sich vor allem Sorgen um die Versorgung und Unterbringung von Geflüchteten. „Es ist zahlenmäßig kaum noch zu schaffen“, sagt der CDU-Politiker und Chef des Landkreistages. Es kämen schlicht und einfach zu viele Menschen auf einmal, dieser Ansturm sei von den Kommunen nicht mehr zu bewältigen. „Wir haben erhebliche Probleme bei der Unterbringung. Wir haben Probleme in der Kita- und Schulversorgung, bei der Integration, weil wir auch erheblichen Personalmangel haben.“ Vorstellbar sei ein „Sondervermögen Migration“, ähnlich wie für die Bundeswehr, um die immer weiter steigenden Kosten für die Kommunen finanzieren zu können. Sager warnt aber auch: „Es muss einfach der Zustrom nach Deutschland zum Abebben kommen. Sonst werden die Kommunen, die Landkreise, in Deutschland nicht mehr fertig mit der Situation. Und so weit darf es nicht kommen.“
Twitter kündigt Rückzug an
Twitter hat angekündigt, dass es ernsthaft in Erwägung ziehe, sich aus dem EU-Verhaltenskodex für Desinformation zurückzuziehen. Das berichtet das Nachrichtenmedium Euractiv. Die Einhaltung des Kodex sei zwar freiwillig, allerdings nähmen seine Verpflichtungen weitestgehend die des Digital Services Act (DSA) vorweg. Der wiederum verpflichte Internet-Riesen, ihre Plattform auf unzulässige Inhalte zu durchsuchen. Die Europäische Union hatte Twitter im April als sehr große Plattform eingestuft, was besonders strenge Regeln für Transparenz und Risikomanagement für das Unternehmen mit sich brachte. Binnenmarktkommissar Thierry Breton hatte angekündigt, dass Twitter auf der speziellen Beobachtungsliste der Europäischen Kommission stehe. Im Februar mussten alle Unterzeichner des Kodex einen ersten Fortschrittsbericht vorlegen. Hier war Twitter bereits durch seine mangelnden Bemühungen die freiwillige Verpflichtung einzuhalten, aufgefallen. Nun wird vermutet, dass der Ausstieg aus dem Verhaltenskodex ein erster Schritt von Twitter sein könnte, sich ganz aus Europa zurückzuziehen. Laut Euractiv war die EU schon immer ein eher sekundärer Markt für die Plattform.
„Neue Gentechnik“ bald auf dem Teller
Die EU plant, die Vorschriften für gentechnisch veränderte Pflanzen zu ändern. Die sogenannte Neue Gentechnik muss nicht mehr gekennzeichnet werden. Für Bayer-Monsanto, Syngenta und Co würde damit ein Traum wahr, befürchtet die Nichtregierungsorganisation Foodwatch. Die Lobby tue so, als sei die „neue“ Gentechnik gar keine „richtige“ Gentechnik und will damit die Kennzeichnungspflicht und Risikoprüfung aushebeln. Bauern wüssten dann nicht mehr, ob sie Gentechnik anbauten, Lebensmittelhersteller nicht, ob ihre Zutaten gentechnisch verändert sind, Verbraucher hätten keine Chance herauszufinden, wo Gentechnik drin steckt. Foodwatch fordert deshalb eine Kennzeichnungspflicht.
„Grüne Schienen“ von Saarstahl
Die Netzgesellschaft der belgischen Bahn Infrabel erhält in den kommenden Jahren „grüne Schienen“ aus den Hütten des Saarstahl-Konzerns. Wie Saarstahl mitteilt, werden Schienen im Wert von 200 Millionen Euro an Infrabel geliefert. Der Konzern hatte eine öffentliche Ausschreibung für sich entscheiden können. Hergestellt werden die Schienen in den französischen Saarstahl-Rail-Werken in Hayange und Thionville, die das Unternehmen 2021 gekauft hatte. Die Rohstoffe der Schienen bestehen aus Schrott, der in Elektrolichtbogenöfen wiedereingeschmolzen wird. Dadurch stößt die Produktion dieser Schienen 70 Prozent weniger CO2 aus als herkömmliche, sagt der Konzern. Insgesamt liefert Saarstahl Rail bis zu 2.800 Kilometer Schienen an Infrabel aus, umgerechnet entspräche dies einer CO2-Ersparnis von 224.000 Tonnen.
Bildung
Saarländischer Schulpreis
Beim Saarländischen Schulpreis 2022/2023 wurden die Berufsfachschule der Günter-Wöhe-Schulen für Wirtschaft Saarbrücken und das Leibniz-Gymnasium St. Ingbert ausgezeichnet. Erstere erhielt den am höchsten dotierten Schulpreis für „Persönlichkeitsentwicklung und Bildung“ mit einem Preisgeld von 10.000 Euro. Zweitere erhielt gleich zwei Preise, den „Sonderpreis für Demokratie und Schüler:innenmitbestimmung“, gestiftet von der Arbeitskammer des Saarlandes, und den „Sonderpreis für Bildung für nachhaltige Entwicklung“, gestiftet vom Umweltministerium. Beide sind dotiert mit einem Preisgeld von 3.000 Euro. „Das Leibniz-Gymnasium ist ein Leuchtturm und ein Pionier mit vielen ‚best-practice-Beispielen‘ im Konzept Bildung für nachhaltige Entwicklung. Die 17 Nachhaltigkeitsziele im Rahmen der Agenda 2030 der Vereinten Nationen werden in allen Projekten der Schule mitgedacht und sind für alle Akteure in besonderem Maße sichtbar“, sagte Staatssekretär Sebastian Thul (SPD), der den Preis überreichte. Schirmherrin der Veranstaltung war Ministerin für Bildung und Kultur Christine Streichert-Clivot (SPD).
Tübingen darf Verpackungssteuer kassieren
Seit Anfang 2022 müssen Verkäufer von Speisen und Getränken für den Verpackungsmüll zahlen. 50 Cent fallen für Einweggeschirr und Einwegverpackungen sowie 20 Cent für Einwegbesteck an. Die Obergrenze beträgt 1,50 Euro pro Einzelmahlzeit. Dagegen hatte die Betreiberin einer McDonald’s-Filiale geklagt – und jetzt vor dem Bundesverwaltungsgericht verloren.
In der Vorinstanz beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hatte zunächst McDonald’s Recht bekommen. Grundlage dazu war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das 1998 eine ähnliche Verpackungssteuersatzung der Stadt Kassel abgelehnt hatte, mit der Begründung, es handele sich nicht um eine örtliche Steuer.
Anders als der VGH gehen die Bundesrichter nun davon aus, dass Mahlzeiten zum Mitnehmen meist sehr bald gegessen werden und die Verpackungen im Gemeindegebiet bleiben. Somit spreche nichts dagegen, dass es sich um eine örtliche Steuer handelt. McDonald’s kündigte an, dass die Franchise-Nehmerin eine Verfassungsbeschwerde prüfen wolle.
Tierschutz
Bessere Tierhaltung
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat das Notifizierungsverfahren für das Bundesprogramm zur Förderung von Tierwohlställen eingeleitet. Investitionen in Stallneu- und -umbauten als auch laufende Mehrkosten sollen künftig finanziell gefördert werden. Die Förderung wird zunächst in der Schweinehaltung für Sauen, Aufzuchtferkel und Mastschweine angeboten. Vorher müssen die Fördersätze bei der EU-Kommission notifiziert werden. Die investive Förderung ist je nach Investitionssumme gestaffelt, die Förderung für die laufenden Mehrkosten für eine besonders artgerechte und umweltschonende Haltung von Tieren ist je nach Anzahl der gehaltenen Tiere gestaffelt. „Ich will, dass der Umbau hin zu mehr Tierwohl sich auch für die Landwirtschaft rechnet. Die Verbraucherinnen und Verbraucher wollen bessere Haltungsstandards in den Ställen. Wenn die Betriebe Tiere besser halten, werden sie dabei künftig verlässlich unterstützt“, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne).
Finanzlücke in der Gesetzlichen Krankenversicherung
Die Finanzlücke der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) könnte 2024 auf über 14 Milliarden Euro klettern. 2025 könnte sich dieses Defizit bereits auf 18 Milliarden Euro belaufen. Das Ergebnis beruht auf Schätzungen des Einnahmen- und Ausgabenwachstums. Um den Finanzbedarf zu decken, müsste demnach der Zusatzbeitrag 2025 auf 2,4 Prozent steigen. Zu den möglichen Instrumenten, dieser Entwicklung entgegenzusteuern, nennt das Wissenschaftliche Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung etwa die Senkung der Mehrwertsteuer auf Arznei- und Hilfsmittel, eine Absenkung des Krankengelds von 90 Prozent auf 70 Prozent des Nettolohns, die Einführung einer Gesundheitsabgabe auf Alkohol- und Tabak oder eine Wiedereinführung der Praxisgebühr in Höhe von zehn Euro.
Mitwirkung von Kindern soll ausgebaut werden
Bei der Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) in Potsdam hat sich das Saarland für mehr Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen eingesetzt. Die Bundesländer regen dazu an, die Thematik im 17. Kinder- und Jugendbericht des Bundes zentral zu betrachten. Auch das Saarland möchte die Mitbestimmung junger Menschen nachhaltig ausbauen. Das Sozialministerium will noch im Herbst 2023 in Kooperation mit dem Landtag und dem Landesjugendring Saar ein Landesjugendforum starten. „Drei von vier jungen Menschen finden, dass ihre Interessen in der aktuellen Politik nur unzureichend repräsentiert werden. Gleichzeitig besteht bei acht von zehn die Motivation, Einfluss auf die Politik nehmen zu können“, sagte Sozialminister Magnus Jung (SPD).