Drei Fragen
Bei der Ernährung kann Glaube keine Berge versetzen, und Ernährung ohne tierische Zusätze ist auch in der System-Gastronomie nicht gesundheitsfördernd, so die Ernährungs-Physiologin der Hochschule Bernburg in Sachsen-Anhalt, Prof. Katja Kröller in einer Studie.
Frau Prof. Kröller, jeder von uns weiß es: Der schnelle Bissen zwischendurch ist nicht gesund, hat weniger Nährwertgehalt und Vitamine. Warum ist Fast-Food trotzdem so beliebt?
Dafür gibt es drei gute Gründe: Es ist die Verfügbar-, die Erreichbarkeit. Es ist immer um die Ecke und jederzeit für mich da. Dann ist das Angebot standardisiert. Also wenn ich Menü XY bestelle, dann weiß ich im Vorfeld ganz genau, was ich bekomme und wie es schmeckt. Dann kommt dazu der Preis, der vermeintlich günstiger ist, als in einem Restaurant. Wobei wir das Preis-Leistungs-Verhältnis in unserer Studie im Vergleich nicht untersuchen konnten, wir haben uns da tatsächlich nur auf Nährwerte der Produkte in Gänze konzentriert.
Ein Ergebnis Ihrer Studie über Fast-Food ist erstaunlich: Es ist beinahe egal, ob ich Tier oder ausschließlich Pflanze bestelle, beides ist nicht wirklich gesundheitsfördernd?
Das ist leider richtig, viele Menschen hoffen ja, weniger, oder kein Fleisch in der Systemgastronomie ist gesünder, trifft leider nicht ganz zu. Zwar haben die fleischlosen Produkte mehr Ballaststoffe, was eigentlich ganz gut ist, aber gerade in der Systemgastronomie haben diese Lebensmittel dann doch sehr viel Kalorien, sehr viel Fett, Salz und Zuckerzusätze. Dann ist zu vermuten, dass dazu noch viele Geschmacksverstärker zugegeben werden, was wir allerdings nicht extra untersucht haben.
Paradoxerweise bieten die Betreiber von Schnell-Imbissen ihre Produkte als gesund an. Doch die werden obendrein von der Kundschaft auch noch abgelehnt ...
Das ist ein Phänomen, das wir seit Jahren immer wieder bestätigt bekommen: Gilt eine Speise als gesund, dann glauben die Menschen, das schmeckt nicht. Das ist teilweise ein sehr unbewusster Vorgang, dass man mit dem Begriff gesund etwas nicht sehr Schmackhaftes verbindet. Wird also eine Speise als gesund beworben, dann wird sie nicht so gern genommen. Es ist leider so in der Psychologie, wenn wir glauben, etwas schmeckt nicht und wir es trotzdem probieren, dann schmeckt es uns tatsächlich auch nicht. Also gerade für die Systemgastronomie, die auch gesündere Produkte anbieten möchte, ein beinahe unlösbarer Widerspruch. Interview: Sven Bargel
VW hält an Werksschließungen fest
Trotz erbitterten Widerstands seiner Beschäftigten hält Volkswagen offensichtlich an den Plänen fest, Fabriken in Deutschland zu schließen. „Wir müssen unsere Kapazitäten verringern und an die neuen Realitäten anpassen“, gibt sich der VW-Markenchef Thomas Schäfer von den Plänen überzeugt. Dabei konkretisierte Schäfer, wenn von Werken die Rede sei, gehörten die Komponentenstandorte und die Fahrzeugwerke dazu. Klare Antwort des VW-Markenchefs auf die Frage, ob VW auf eine Werkschließung verzichten könne: „Wir sehen das aktuell nicht.“ Auch die von der Unternehmensführung ins Spiel gebrachten Kündigungen schließt Schäfer nicht aus. Der Stellenabbau „über die demografische Kurve und mit den bisherigen Instrumenten wie Altersteilzeit und Aufhebungsangeboten wird nicht reichen“. Thomas Schäfer verweist dabei auf die verfügbare Zeitachse für das Sanierungsvorhaben. „Das würde schlicht zu lange dauern“. Als Zeichen der Solidarität kündigte er an, komme es zu einer Einigung mit der IG-Metall, würde es auch Gehaltskürzungen im Management des Unternehmens geben.
Wiegand wills wissen
Blickpunkt Europa
Butterstulle, Thermoskanne und Aktentasche – so kommt niemand mehr zur Arbeit. Auch nicht die neuen EU-Kommissare in Brüssel. Diesen Montag werden sie an ihren Brüsseler Quartieren vorfahren, die „Minister“ des Teams von der Leyen.
Vorausgegangen war ein unwürdiges Politikergerangel um Einfluss, Parteifarben und Köpfe. Letztlich änderte sich nichts: Mit dem Italiener Raffaele Fitto wird einer der Stellvertreter von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Neofaschist sein. Das haben die Sozialdemokraten nur gegen eine Art Koalitionspakt mit den Christdemokraten akzeptiert.
Nun müssen die Chefs und Chefinnen des 27-Staaten-Verbundes für rund 450 Millionen Menschen administrieren. Das ist meistens ein Knochenjob. Viele nationale Interessen lauern. Fast alles, was Brüssel plant, bedarf der Genehmigung von EU-Parlament und EU-Regierungen.
Herausforderungen gibt es genug. So möchte die EU erstmals eigene Rüstungsprojekte auf die Beine bringen – in unserer krisenreichen Zeit kein Pappenstiel. Die bislang recht grüne Umwelt- und Klimapolitik soll zu Gunsten ökonomischer und sozialer Interessen angeschleift werden. Das neue Ressort Wohnungsbau und weitere Portfolios sollen Antriebskräfte für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt bringen.
Ganz vorne wird das Thema Migration stehen. Dabei muss die Kommission im Auge haben, dass sich die Machtverhältnisse in ganz Europa nach rechts verschoben haben. Alte Mehrheiten sind obsolet. Ach, und dann starren alle darauf, was Donald Trump ab Ende Januar für Europa bereithält. Langweilig wird es für die bestallten Kommissare ab Tag eins nicht werden.
Wolf Achim Wiegand ist freier Journalist mit EU-Spezialisierung.
Verteidigung
Mehr Tempo gefordert
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wird nicht müde, „Kriegstüchtigkeit“ anzumahnen. Aktuell verweist er auf den russischen Einsatz eines neuen Typs von Hyperschallraketen und darauf, dass der russische Präsident Wladimir Putin vollständig auf Kriegswirtschaft umgestellt hat. Russland produziere nach Erkenntnissen des Verteidigungsministeriums in drei Monaten so viele Waffen und Munition wie die gesamte Europäische Union in einem Jahr. Pistorius erinnerte in einem Vortrag vor der Friedrich-Ebert-Stiftung an eine Rede des russischen Präsidenten Ende Oktober, in der er von einem „ernsthaften, unversöhnlichen Kampf um eine neue Weltordnung“ gesprochen habe. Pistorius warnt, Putin sehe sich bereits als Sieger im Krieg gegen die Ukraine.
Auch Deutschland sei direkt von diesen Plänen betroffen, wobei die hybride Kriegsführung Russlands mit Desinformation und Fake-News in vollem Gange sei. Darum müsse Deutschland in allen Bereichen der Verteidigung mehr Tempo machen.
Neue EU-Kommission
Nach zähem Ringen steht die Zusammensetzung der neuen EU-Kommission. Während die meisten der von den Mitgliedsstaaten benannten Kommissare die Anhörung im Europaparlament ziemlich anstandslos überstanden, gab es zuletzt noch einen heftigen Streit um den Italiener Rafaele Fitto von der ultarrechten Fratelli d‘Italia und den Ungarn Oliver Varhelyi auf der einen Seite, die von Sozilaedemokraten, Grünen und Liberalen abgelehnt wurden, und auf der anderen die sozialdemokratische Spanierin Teresa Ribera, die von der konservativen CVP blockiert wurde. Am Ende stand nach heftigem Machtkampf zwischen den Blöcken dann doch ein Kompromiss. Die neue Kommission kann somit am 1. Dezember die Arbeit aufnehmen. Zentrale Rolle dabei spielen unter anderem die frühere Ministerpräsidentin Estlands, Kaja Kallas, als neue Hohe Kommissarin (quasi Außenministerin) und der ehemalige Regierungschef von Litauen, Andrius Kubilius, der für Verteidigung und Raumfahrt zuständig sein wird, damit quasi erster EU-Verteidigungsminister wird. Das knifflige Thema Migration übernimmt der ehemalige österreichische Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Eine entscheidende Rolle wird auch Maroš Šefcovic spielen. Der Slowake wird zuständig für Handel und wirtschaftliche Sicherheit, und kann sich damit auf Auseinandersetzungen mit den USA und China einstellen.
Diskussion um Kindergeld
Durch die vorgezogenen Neuwahlen drohen nach Ansicht der SPD die geplanten Erhöhungen von Kindergeld und Kinderfreibeträgen zu scheitern. Die Saar-SPD fordert die CDU im Land auf, dafür zu sorgen, dass die Blockadehaltung der Union auf Bundesebene aufgegeben wird. Familien bräuchten Verlässlichkeit, so CDU-Fraktionschef Commerçon. Die Saar-CDU argumentiert dagegen auf der Linie der Bundespartei. Zunächst müsse Bundeskanzler Olaf Scholz die Vertrauensfrage stellen. Danach könne man darüber reden, welche Projekte der Minderheitsregierung von der Union mitgetragen werden könnten.
Gegen Grenzkontrollen
Die Kontrollen an den deutschen Außengrenzen stoßen immer mehr auf Kritik. Das Luxemburger Parlament hatte die Regierung aufgefordert, eine Klage dagegen in Brüssel zu prüfen.
Auch der Verein „Via Democartia Europa“ hat sich nun vehement für ein Ende der stationären Kontrollen eingesetzt. „Landesweite stationäre Grenzkontrollen, wie sie Deutschland als schlechtes Beispiel seit Längerem praktiziert, widersprechen der Grundidee eines vereinten und demokratischen Europas, wie sie in den europäischen Verträgen und der historischen Vereinbarung von Schengen festgelegt wurde“, heißt es in einer Erklärung des Vereins. Eine „extreme Ausnahmesituation“, die eine solche Maßnahme rechtfertigen würde, sei „nicht gegeben“.
Der Verein „Via Democratia Europa“ hat eine eine „Straße der Demokratie“ initiiert, die von Straßburg über Metz, Saarbrücken, Schengen, Luxemburg, Aachen, Maastricht und Brüssel bedeutende Stationen auf dem Weg zu einem Europa ohne Grenzen verbindet.
Wahlkampf
Grüne Spitzenkandidatin
Die Saar-Grünen gehen mit Jeanne Dillschneider an der Spitze in den Wahlkampf für die vorgezogene Bundestagswahl. Die 28-jährige Juristin und Grünen-Landesparteichefin wurde auf einem Parteitag in Orscholz klar mit 89 von 94 Delegiertenstimmen auf Platz eins der Landesliste gewählt. In ihrer Rede bekannte sie sich klar für weitere Unterstützung der Ukraine. Die Haltung der Grünen sei „die moderne Interpretation einer Friedenspartei“, weil die Ukraine für Demokratie und Freiheit kämpfe. Zudem warnte sie davor, dass es Putin auf eine gesellschaftliche Destabilsierung angelegt hätte. Nachdem die Grünen wegen innerparteilicher Streiterei für die letzte Bundestagswahl keine gültige Landesliste zustande gebracht hatten, verlief die Aufstellung der Landesliste diesmal in großer Einigkeit. Auf den Plätzen hinter der Spitzenkandidatin wurden der Grüne Co-Vorsitzende Volker Morbe, sowie Barbara Klein-Braun und Hanko Zachow gewählt. Morbe erteilte einer Koalition mit der „Merz-CDU“ nach der Bundstagswahl eine Absage. Vorher müsste sich die CDU „in grundlegenden Fragen ändern“.
Ein Jahr Regierung
Seit einem Jahr ist Luc Frieden Premierminister von Luxemburg. Sein Vorgänger Xavier Bettel ist in der schwarz-blauen Koalition aus konservativer CVP und liberaler DP Außenminister. Das erste Jahr der neuen Koalition war vor allem geprägt von vielen Maßnahmen gegen die drängende Wohnungsnot in Luxemburg. Mit einem Zehn-Punkte-Plan (Steuerermäßigung, schnellere Verfahren, Zuschüsse) will die Regierung gegen den Mangel an vor allem bezahlbarem Wohnraum vorgehen. Auf der Haben-Seite stehen ebenso viel Maßnahmen für die Innere Sicherheit. Dazu gehören beispielsweise bessere Ausstattung (auch mit Bodycams ab 2025) und eine Werbekampagne für mehr Nachwuchs mit dem Ziel, 200 neue Polizisten einzustellen. Was bislang fehlt ist eine Strategie gegen Armut, die Luc Frieden als „nationale Herausforderung“ bezeichnet hatte.
Heftig umstritten war ein „Bettelverbot“ gleich zu Beginn der Amtszeit. Ebenso umstritten ist der Vorstoß der Armeeministerin Yuriko Backes zu einem verpflichtenden Wehrdienst. Für heftige Diskussionen hatten auch die Frage nach LGBTQ+-Themen in der Schule gesorgt. Dazu gibt es gegensätzliche Petitionen, die in der Chamber (Parlament) behandelt werden müssen. Außenpolitisch bleibt Luxemburg bei seinem Kurs (Unterstützung der Ukraine).
Schulreform umstritten
Gemeinschaftsschulen im Saarland sollen künftig mehr Berufsorientierung, mehr Sprach- und Demokratieförderung anbieten und flexibler werden. Das sieht die neue Schulverordnung vor, mit der die Gemeinschaftsschulen modernisiert und den Bedürfnissen der jungen Menschen besser angepasst werden sollen. Wie jede Reform an Schulen trifft das sowohl auf Zustimmung und Kritik. Die Bildungsgewerkschaft GEW und die Arbeitskammer begrüßen die Reformen. Der CDU-Opposition kommt der Leistungsgedanke zu kurz. Lehrerverbände kritisieren den „automatischen Aufstieg in höhere Klassenstufen“ und stellen teilweise „erhebliche Defizite“ fest.