Drei Fragen
Aggression im Straßenverkehr nimmt zu
Grund dafür ist der weiterhin zunehmende Verkehr auf allen Ebenen, der Straßenraum wird immer begrenzter, das führt zu einer weiteren Belastung, so der Geschäftsführer der Unfallforschung der Versicherer, Siegried Brockmann.
Herr Brockmann, in Ihrer Studie zum Verkehrsverhalten 2023 stellen Sie eine weiter steigende Aggressivität im Straßenverkehr fest. Wie ermittelt man so was?
Genau das ist das Problem bei unserer Umfrage unter den Verkehrsteilnehmern. Wenn Sie losgehen und fragen, wie ruppig sich jemand im Straßenverkehr verhält, werden Sie kaum Antworten bekommen. Kein Auto- oder Lkw-Fahrer, aber auch kein Radfahrer wird zugeben, dass er aggressiv ist. Dafür haben wir einen Fragenkatalog erarbeitet, in dem wir nur die Verhaltensweisen im Straßenverkehr abfragen. Also zum Beispiel: „Benutzen Sie öfter die Lichthupe, oder drängeln Sie sich auch einfach mal an einem Stau vorbei?“ Diese Fragen stellen wir seit Jahren und in unserer Bestandsaufnahme für das vergangene Jahr mussten wir feststellen, dass die Bereitschaft zu solchen Verhaltensweisen 2023 zugenommen hat.
Woran liegt das?
Was wir aus unserer jüngsten Studie interpretieren können, ist der weiterhin zunehmende Verkehr auf allen Ebenen und der immer begrenztere Straßenraum. Das führt zu einer weiteren Belastung und daraus resultieren dann die zunehmenden Aggressionen. Es werden nicht weniger, sondern mehr Verkehrsteilnehmer. Nehmen sie den Radverkehr, der beansprucht auch seinen Platz. Dafür mussten Radstreifen geschaffen werden, die dann wiederum dem Fahrzeugverkehr fehlt. Und da, wo Radfahrer regulär nicht durchkommen, wird dann auch gern mal auf die Fußgängerzone ausgewichen. Also die Verkehrsteilnehmer werden mehr, aber nicht der verfügbare Raum für die individuelle Fortbewegung.
Was ist Ihre Empfehlung?
Im Umgang miteinander etwas entspannter werden. Ich habe das in den Niederlanden oder gerade erst in den USA erlebt. Auch dort nimmt der Verkehr zu und die Fläche dafür ist begrenzt. Doch die Menschen gehen anders miteinander um. Und da hilft dann tatsächlich auch mal ein Lächeln, wenn es im Verkehr stockt und da müssen wir hier in Deutschland noch ein bisschen dran arbeiten. Denn der Verkehr wird jetzt im neuen Jahr nicht weniger werden und darum geht es nicht gegeneinander sondern nur miteinander. Interview: Sven Bargel
Längere Schließung von Arztpraxen angedroht
Der Virchowbund der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte hat für das neue Jahr noch längere Praxisschließungen angedroht, falls es keine Annäherung mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gibt. Nach der dreitägigen Protestaktion in der Woche bis Silvester waren die Ärzte ab dem 2. Januar wieder „wie gewohnt für ihre Patienten da“, sagte der Vorsitzende Dirk Heinrich der „Rheinischen Post“. „Sollte sich bei dem Gipfel mit dem Minister am 9. Januar allerdings keine Bewegung abzeichnen, werden die Praxen danach für eine ganze Woche schließen. Das behalten wir uns vor.“ Ärzteverbände hatten für die Zeit zwischen den Jahren dazu aufgerufen, Praxen aus Protest bundesweit geschlossen zu halten. Die Aktion war Teil der Kampagne „Praxis in Not“. Zu den Forderungen gehört, für alle Fachgruppen, Schluss mit „Budgets“ mit Höchstsummen bei den Honoraren zu machen. Außerdem solle eine aufgehobene Regelung mit Extra-Honorierungen für neue Patienten in Praxen wieder eingeführt werden. Beklagt werden auch Überlastung und zu viel Bürokratie. Der Virchowbund rechnete mit mehreren Zehntausend geschlossenen Praxen. Sie waren dazu aufgerufen, für Vertretung für Notfälle zu sorgen. Die gesetzlichen Krankenkassen lehnen die Forderung der niedergelassenen Ärzte nach mehr Geld ab.
Rendezvous mit der Wirklichkeit
Wolfgang Schäuble ist kurz nach Weihnachten im Alter von 81 Jahren gestorben. Ein Verlust für die deutsche Politik, dessen Bedeutung sich an den Würdigungen unschwer ablesen lässt. Schäuble war nicht nur wegen seiner über 50-jährigen Mitgliedschaft im Bundestag einer der erfahrensten und einflussreichsten Politiker Deutschlands und Europas, reich auch an Erfahrungen aller Höhen und Tiefen eines Politikerlebens. Eine Würdigung nennt Schäuble den „besten Kanzler, den wir nie hatten“.
Im Kanzleramt regierte er tatsächlich „nur“ als Kanzleramtsminister (1984 – 1989), organisierte die Mehrheiten für Bundeskanzler Helmut Kohl, bevor er zunächst Innenminister unter Kanzler Kohl und später auch unter Kanzlerin Angela Merkel und anschließend auch Finanzminister (bis 2017) wurde.
Seit 1990 saß Wolfgang Schäuble im Rollstuhl, Folgen eines Schusswaffenattentats eines psychisch kranken Menschen. Schäuble kämpfte sich zurück ins Leben und auf die politische Bühne. Er galt als einer, der sich selbst viel abverlangte, vor allem ein Höchstmaß an Disziplin, das er aber auch von anderen erwartete.
Schäuble war ein Machtpolitiker, der es nicht in die höchsten Schaltstellen geschafft hat. Er galt als möglicher Kanzlerkandidat der CDU, ebenso als Kandidat für das Bundespräsidentenamt, war auch als möglicher EU-Kommissar im Gespräch. Auch ohne diese Ämter hat Schäuble die Politik und Geschicke des Landes und seiner Partei wie nur wenige andere nachhaltig geprägt. „Er hat sich um Deutschland und Europa verdient gemacht“, sagt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Drei Punkte durften dabei in keiner Würdigung fehlen: Schäuble hat den Einigungsvertrag entscheidend ausgehandelt, hat in einer denkwürdigen Rede die Entscheidung für Berlin als Bundeshauptstadt maßgeblich beeinflusst und er hat als Finanzminister Deutschland die „Schwarze Null“ beschert (samt einer bis heute ungebrochen anhaltenden Debatte darüber).
Fehlen darf auch nicht sein Scheitern im Zusammenhang mit der CDU-Spendenaffäre, in deren Folge er als Partei- und Fraktionsvorsitzender zurücktrat.
Kontroversen hat er nie gescheut, bei politischen Kontrahenten und Gegnern war er gefürchtet, nicht nur wegen seiner rhetorischen Fähigkeiten, sondern mehr noch wegen seiner Fähigkeit zu messerscharfen Analysen und Argumentationen, aber auch wegen seines bisweilen bissigen, trockenen Humors.
2012 wurde Schäuble mit dem Karlspreis, der bedeutendsten europäischen Auszeichnung gewürdigt. Laudator Jean-Claude Juncker betonte dabei: „Mit den Nationalstaaten allein ist im 21. Jahrhundert kein Staat mehr zu machen. Nur mit Europa ist Staat zu machen. Deswegen brauchen wir, wie Wolfgang Schäuble immer sagt, mehr Europa, nicht weniger.“
Von 2017 bis 2021 war Schäuble Bundestagspräsident, und bis zuletzt Graue Eminenz in der CDU mit (fast) ungebrochenem Einfluss.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) würdigte Schäuble als „Glücksfall für die deutsche Geschichte“. Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete Schäuble als „scharfen Denker“. Eine prägende politische Instutition war er allemal.
Regionalverband baut Ganztagsschulen aus
Die Regionalversammlung hat in ihrer letzten Sitzung zwei Beschlüsse gefasst, die den Bereich der gebundenen Ganztagsschulen betreffen, teilte der Regionalverband Saarbrücken mit. Es wurde grundsätzlich zugestimmt, zum Schuljahr 2025/26 die Peter-Wust-Gemeinschaftsschule in Püttlingen zu einer gebundenen Ganztagsschule umzuwandeln. Eine Machbarkeitsstudie soll zwei Bauvarianten ergeben haben, die jetzt weiter ausgearbeitet werden. Eine grobe Schätzung geht von rund zehn Millionen Euro aus. Der zweite Beschluss bezieht sich auf die Gemeinschaftsschule Quierschied. Dort sollen ab Herbst 2024 Errichtungs-, Ausbau- und Sanierungsmaßnahmen starten. Beim ersten Bauabschnitt wird mit einer Bauzeit von voraussichtlich zwei Jahren gerechnet. Daran schließen sich Sanierungsmaßnahmen im bestehenden Schulgebäude an. Die Kosten hierfür sollen rund 26 Millionen Euro betragen.
Nachbarschaftshilfe wird erleichtert
Das saarländische Sozialministerium teilte mit, dass die Registrierungsvoraussetzungen für die Nachbarschaftshilfe vereinfacht und das Leistungsspektrum erweitert werden sollen. Seit 2020 können Angebote zur Unterstützung im Saarland, die sogenannte Nachbarschaftshilfe, für Pflegebedürftige mit bis zu 125 Euro monatlich vergütet werden. Nachdem im Februar 2023 der Abrechnungsweg verkürzt und die Gebühren für die Beantragung eines polizeilichen Führungszeugnisses gestrichen wurden, soll jetzt auch die Nachweispflicht eines Erste-Hilfe-Kurses wegfallen. „Außerdem können künftig auch regelmäßige Botengänge im Rahmen der Nachbarschaftshilfe abgerechnet werden. Damit bauen wir die Hürden bei der Antragsstellung ab und erweitern außerdem das vergütete Angebot. Die Nachbarschaftshilfe muss ein bürgernäheres Angebot sein, von dem möglichst viele Menschen profitieren können“, sagte Sozialminister Magnus Jung (SPD).
Reformen beim Bürgergeld
Finanzminister Christian Lindner (FDP) unterstützt den Vorstoß von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Jobverweigerern vorübergehend das Bürgergeld zu streichen. „Damit setzt der Arbeitsminister nicht nur seinen Beitrag zum Haushaltskonzept 2024 um. Vor allem wird die Akzeptanz des Sozialstaats gestärkt, wenn auch Gegenleistungen gefordert werden“, sagte Lindner. Er sei überzeugt, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler das zu Recht erwarten. Im kommenden Jahr müsse weiter in diese Richtung gedacht werden. „Das System unserer Sozialleistungen muss daraufhin geprüft werden, dass sich Arbeit stets mehr lohnt als der Verzicht auf einen Job.“ Laut den Plänen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sollen Menschen, die sich immer wieder weigern, einen Job anzunehmen, für bis zu zwei Monate kein Bürgergeld mehr bekommen. Der Staat soll aber weiter die Kosten für Unterkunft und Heizung übernehmen. Innerhalb der Bundesregierung ist dieser Plan allerdings noch nicht abgestimmt, da es daran vor allem von der SPD-Parteispitze massive Kritik gibt.
Saarland übernimmt Vorsitz der Kultusministerkonferenz
Die saarländische Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot hat in diesem Jahr den Vorsitz der Kultusministerkonferenz (KMK). Zuletzt hatte das Saarland 2008 die Leitung dieses für die Bildungspolitik zentralen Gremiums der Bundesländer inne. Die Präsidentschaft 2024 steht unter der Leitidee „Bildung in Zeiten des Wandels – Transformation mutig gemeinsam gestalten“. Der neuen Vorsitzenden geht es vor allem darum, den Bildungserfolg und die Teilhabe junger Menschen zu verbessern. Die jüngste Pisa-Studie habe gezeigt, dass herkunftsbezogene Ungleichheiten weiterhin stark ausgeprägt sind. Themen für dieses Jahr sind Lehrkräftegewinnung und -qualifizierung, die digitale Transformation des Lehrens und Lernens und die pädagogische Weiterentwicklung von digital gestützten Lehr- und Lernprozessen, auch im Umgang mit Künstlicher Intelligenz an Schulen.
E-Krankmeldungen etabliert
Laut den gesetzlichen Krankenkassen hat sich das Verfahren mit verpflichtenden elektronischen Krankmeldungen für den Job 2023 etabliert. Im ersten Jahr des Regelbetriebs riefen Arbeitgeber knapp 82 Millionen E-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für ihre Beschäftigten ab, wie der Kassen-Spitzenverband mitteilte. Pro Monat waren es demnach auf der Basis von Daten für Januar bis November im Schnitt 6,8 Millionen, am meisten E-Krankmeldungen abgerufen wurden im November mit 9,1 Millionen. Das elektronische Verfahren erfasse Krankmeldungen auch vollständiger als bisher möglich und schaffe so einen realistischeren Blick auf den Krankenstand, erläuterte der Verband. Allgemein sei man bisher von 70 Millionen bis 80 Millionen Bescheinigungen pro Jahr ausgegangen. Diese Zahl sei nun schon im ersten Jahr des E-Verfahrens übertroffen worden. Die Gesamtsumme für 2023 bilde jetzt den Ausgangspunkt für exaktere Vergleiche und Auswertungen in künftigen Jahren. Das Verfahren sieht vor, dass Ärztinnen und Ärzte Krankmeldungen auch direkt an die Kassen der Patienten senden, ein Schritt in Richtung Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens.
Renten steigen um 3,5 Prozent
Trotz der geplanten Kürzungen im Sozialetat des Bundeshaushalts, können sich die rund 21,5 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland auf steigende Bezüge ab dem 1. Juli freuen. Nach letzten Berechnungen werden die Renten um rund 3,5 Prozent angehoben. Hauptgrund dafür ist die positive Lohnentwicklung des letzten Jahres. An den ausgehandelten Lohnsteigerungen 2023 ist im Verhältnis auch die Erhöhung der Rentenbezüge gekoppelt. Bei einer Rente von 1.000 Euro dürfte die Steigerung etwa 35 Euro betragen. Wie hoch die Steigerung genau ausfällt, wird allerdings erst im Frühjahr anhand der dann feststehenden Daten festgelegt. Auch für die kommenden Jahre sind Rentensteigerungen zu erwarten und zwar in Höhe von 2,6 bis 3 Prozent, wie die Rentenversicherung in einer aktuellen Erhebung prognostizierte. Trotz der Steigerung soll der Beitragssatz für Arbeitnehmer allerdings in den kommenden drei Jahren stabil bei 18,6 Prozent bleiben.
Rekordverkäufe von Gasheizungen
Vor dem Start des neuen Heizungsgesetzes 2024 haben sich viele Hauseigentümer eine neue Gasheizung gekauft. Wie der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie mitteilte, gehe man in der Prognose für das Gesamtjahr 2023 in Deutschland von rund 1,3 Millionen verkauften Heizungen aus. Bis Ende Oktober 2023 seien mehr als 1,16 Millionen Geräte verkauft worden – im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Plus von 43 Prozent. Bei Gasheizungen gab es demnach bis Ende Oktober ein Absatzplus von 38 Prozent, bei Ölheizungen ein Plus von 107 Prozent. Der Absatz von Heizungs-Wärmepumpen stieg um 75 Prozent. Das Interesse an der Wärmepumpe habe als Effekt der GEG-Debatte, unter anderem wegen der lange unklaren Fördersituation nachgelassen, sagte der Verband. Die Unternehmen gingen von einem rückläufigen Markt im ersten Quartal 2024 aus.
Hochwasserschutz im Saarland
Laut einer Pressemitteilung des saarländischen Umweltministeriums haben 48 Kommunen im Saarland ein ganzheitliches Hochwasser- und Starkregen-Vorsorgekonzept oder sind dabei es zu erstellen. Dabei werden sie vom Ministerium mit Mitteln aus dem Wasserentnahmeentgelt unterstützt. Im Haushalt 2024/25 sind mehr als 950.000 Euro für kommunale Starkregen- und Hochwasser-Vorsorgekonzepte eingestellt. „Durch Starkregen können selbst kleine Rinnsale zu reißenden Sturzfluten werden. Zwar können wir solche Ereignisse nicht gänzlich verhindern, allerdings können durch bestmögliche Vorsorge größere Verluste und Schäden durchaus minimiert werden“, erklärte Umweltministerin Petra Berg (SPD). Die Erfahrungen von Bürgerinnen und Bürgern seien wichtig, um konkrete Lösungen und Anpassungsmaßnahmen umzusetzen.
Verbraucher
Weiter Preissteigerungen
Die Verbraucherzentralen warnen trotz einer zuletzt schwächeren Inflation vor weiterhin hohen Preisbelastungen. Die Chefin des Bundesverbands (VZBV), Ramona Pop, warnt: „Energie wird für viele private Haushalte im neuen Jahr noch einmal deutlich teurer.“ Nach dem Aus für die staatlichen Energiepreisbremsen, kommen neue Belastungen, wie höhere Netzentgelte und eine steigende CO2-Bepreisung auf Verbraucherinnen und Verbraucher zu. Die Menschen erwarteten hier zu Recht einen von der Koalition versprochenen Ausgleich über ein Klimageld. „Ansonsten droht die Bundesregierung das Vertrauen der Menschen zu verspielen, vor allem für die dringend notwendige Energiewende“, sagte Ramona Pop. Ein Haushalt mit einem Gasverbrauch von 20.000 Kilowattstunden muss seit dem ersten Januar 162 Euro statt wie im letzten Jahr 110 Euro für den CO2-Preis zahlen. Doch auch die galoppierenden Preise für Lebensmittel machten weiterhin vielen Menschen zu schaffen, mahnte Pop.