Peking hat sich vorbereitet und verfolgt einen langfristigen Plan
Es ist noch nicht die ganz große Zollkeule gegenüber China. Aber US-Präsident Donald Trump baut zumindest mal eine kleine Druckkulisse auf. „Wir haben eine sehr große Macht über China, nämlich die Zölle“, sagte Trump wenige Tage nach seinem Amtsantritt. Er sprach von Zusatzzöllen in Höhe von zehn Prozent auf alle chinesischen Importe. Während des Wahlkampfs hatte er gar mit bis zu 60 Prozent gedroht.
Was Trump zur Weißglut bringt, ist das amerikanische Handelsbilanz-Defizit mit der Volksrepublik, das 2024 auf 361 Milliarden Dollar angewachsen ist. Trump packt nun die Folterwerkzeuge aus, um Unternehmen zur Produktion in den Vereinigten Staaten zu zwingen. Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte er Waren wie Solarmodule oder Waschmaschinen aus China mit Abgaben belegt – die Chinesen verteuerten daraufhin den Import von Flugzeugen und Sojabohnen aus den USA.
In den Jahren nach 2017 war Peking mit Trumps erratischem Regierungsstil offensichtlich überfordert – wie viele Regierungen weltweit. „China hat in den vergangenen acht Jahre getan, was die Europäer nicht geschafft haben: Es hat sich intensiv auf den ersten Tag einer zweiten Amtszeit Trumps vorbereitet“, sagt Janka Oertel, die das Asien-Programm des European Council on Foreign Relations leitet. Die politische Führung habe Antwortmöglichkeiten für mögliche Zölle und Zwangsmaßnahmen der Amerikaner entwickelt.
Peking hat Erfahrung mit handelspolitischer Vergeltung. Als die Amerikaner ein Exportverbot für hochwertige Halbleiter-Technologie verhängten, konterte China mit Ausfuhrbeschränkungen für Gallium und Germanium – Materialien, die für die Batterie- und Chipindustrie wichtig sind. So könnte der Wirtschaftsriese aus Fernost künftig die Lieferung von Elektronik- oder Medizinprodukten einschränken.
Andererseits ist die Volksrepublik in der Lage, flexibel zu reagieren. „China könnte zu Deals bereit sein, um das massive Handelsbilanzdefizit Amerikas zu verringern. Die Volksrepublik würde dann mehr Güter aus den USA kaufen. Allerdings ist vieles vom Potenzial vor allem im Agrarsektor bereits ausgeschöpft“, so Oertel. Nach Ansicht des China-Experten Klaus Larres von der University of North Carolina in Chapel Hill geht es um eine Zuckerbrot-und-Peitsche-Taktik: „Xi Jinping wird versuchen, Trump etwas entgegenzukommen – und wenn dieser nicht entsprechend reagiert, werden die Chinesen wieder auf eine harte Linie umschwenken.“
Ein Name, der in Peking immer wieder fällt, ist Elon Musk. Der Trump-Berater und Tech-Unternehmer, der in Shanghai für seine Firma Tesla Elektroautos fertigen lässt, könnte als Brückenbauer zum Weißen Haus fungieren, heißt es. Doch Musk symbolisiert wie kein anderer die Doppelbödigkeit des chinesisch-amerikanischen Verhältnisses. Für Musk ist China gleichzeitig Partner und extremer Konkurrent.
Peking weiß, dass ein unkontrollierter Handelskrieg die eigene Export-Maschinerie beschädigen könnte. Denn Chinas Firmen befinden sich derzeit in schwierigem Fahrwasser. Zwar ist die Wirtschaft nach Angaben des Pekinger Statistikamts im Jahr 2024 um fünf Prozent gewachsen. Westliche Experten halten dies jedoch für eine geschönte Zahl.
Um sich beim Export weniger von Amerika abhängig zu machen, hat die Volkrepublik jedoch längst die Schalter umgelegt. So wurden neue Märkte in Südostasien, Lateinamerika und Afrika erschlossen. „Durch die weltweite Abhängigkeit von Lieferketten aus China kann die Volksrepublik den Preis für andere Staaten, US-Sanktionen mitzutragen, in die Höhe treiben“, hebt die Chinaforscherin Oertel hervor.
Die Führung in Peking denkt jedoch nicht nur taktisch, sie verfolgt einen langfristigen Plan. China will bis 2049 – dem 100. Geburtstag der Volkrepublik – wirtschaftlich und im Bereich der Innovation weltweit an der Spitze stehen. In Schlüsselbranchen wie Elektromobilität, Robotertechnologie oder Luft- und Raumfahrttechnik wird die globale Marktführerschaft angestrebt.
China hat sich strategisch auf Präsident Trump eingestellt. Europa erschöpft sich hingegen in Beschwörungsformeln, Beschwichtigungsappellen und einem aus der Verzweiflung geborenen Loblied auf die eigene Stärke als Wirtschafts- und demokratische Wertemacht. Die entscheidende Frage ist jedoch: Was ist dein Zukunftsplan, Europa?