Auch bei den Unruhen im Sudan zieht Russland die Fäden
Er ist Putins Mann fürs Grobe: Jewgeni Prigoschin. Er gibt den Kriegsherrn der Privatarmee Wagner, gefällt sich als Vulgär-Macho und propagandistischer Einpeitscher für russische Aggressionen. Prigoschin erledigt die schmutzigen Geschäfte des Kremlchefs derart effizient, dass er sogar ungestraft scharfe Kritik an der russischen Militärführung im Ukraine-Krieg üben darf.
Der 61-Jährige kämpft mit seinen rund 20.000 Wagner-Söldnern nicht nur in der Ukraine. Die Schlacht um die Stadt Bachmut im Osten des Landes wurde zum Symbol einer Kriegsmaschinerie, die nur Ruinen zurücklässt.
Der Chef eines weit verzweigten Firmen-Imperiums betreibt auch in Afrika seine schmutzigen Geschäfte. Die derzeitigen Kämpfe im Sudan, wo sich zwei Generäle bekriegen, werden ebenfalls von Prigoschin befeuert. Der Mann, der seine Karriere als Gastronomie-Unternehmer („Putins Koch“) begonnen hatte, brachte das zynische Kunststück fertig, beide Konfliktparteien mit Waffen auszustatten. Im Gegenzug erhielt er Goldminen.
Prigoschin macht im Kleinen vor, wie Putin im Großen operiert. Russland ist der wichtigste Rüstungslieferant für Afrika. Rund die Hälfte aller registrierten Waffenverkäufe kommen von dort. Seit 2014 wurden Verträge mit mehr als 20 Staaten geschlossen. Darüber hinaus bilden Russen Militärs aus – auch im Bürgerkriegsland Mali, aus dem sich die Bundeswehr und andere europäischen Kräfte zurückziehen. Russland exportiert Getreide und Dünger und bekommt dafür wertvolle Rohstoffe.
Putins Propaganda-Narrativ vom „hegemonialen Westen“ fällt in Afrika auf fruchtbaren Boden. Ressentiments aus der kolonialen Vergangenheit werden auf diese Weise wieder zum Leben erweckt. Briten und Franzosen – aber auch die westliche Führungsmacht Amerika – geraten schnell in Misskredit. Moskau präsentiert sich als Bannerträger gegen Unterdrückung. Die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine werden zum Auslöser von hohen Energiepreisen und Nahrungsmittel-Engpässen hochstilisiert, unter denen Entwicklungsländer besonders leiden.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow spielte diese Melodie geschickt bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates am Montag in New York. Die „Ukraine-Frage“ könne nicht losgelöst von der geopolitischen Entwicklung betrachtet werden, polterte Lawrow. Die Nato habe die Sicherheit Russlands in der Region über Jahre bedroht. „Es geht darum, wie die internationalen Beziehungen künftig gestaltet werden: Indem ein solider Konsens auf der Grundlage von Interessenabwägungen hergestellt wird, oder indem die Vormachtstellung Washingtons aggressiv und sprunghaft vorangetrieben wird.“
Russland ist in Afrika wegen des Kriegs in der Ukraine keineswegs isoliert. So haben Russland, China und Südafrika kürzlich im Indischen Ozean ein gemeinsames Marinemanöver durchgeführt. Zudem enthielt sich Südafrika im Februar bei der UN-Abstimmung über Russlands Invasion in der Ukraine – wie etliche andere Staaten des Kontinents im Süden.
Das Gleiche gilt für Lateinamerika: Auch dort verkauft sich Russland als Vorkämpfer für die Freiheit (von den Vereinigten Staaten). In vielen Ländern schwingt wegen diverser US-Interventionen (Kuba, Nicaragua, Grenada) ein starker Antiamerikanismus mit. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte dies bei einer Pressekonferenz mit Brasiliens Präsident Lula Ende Januar hautnah mitbekommen. Dieser wollte sich der Putin-kritischen Haltung des Kanzlers nicht anschließen.
Der Westen hat den Kampf um den „globalen Süden“ zu einem Schlüssel für die internationale Isolierung Russlands im Ukraine-Krieg erkoren. Diese Kampagne ist bislang weniger erfolgreich als erhofft. Moskau geht bei der Unterstützung autokratischer Regime in Afrika und anderen Teilen der Welt wenig wählerisch vor. Es liefert Waffen, erhält Rohstoffe und redet herzlich wenig über demokratische Werte.
Die Chinesen machen es ähnlich. Sie bauen Straßen, Brücken und Eisenbahnlinien. Finanziert wird das Ganze durch Kredite aus Peking. Die Arbeiter kommen ebenfalls aus der Volksrepublik. Afrikaner oder Lateinamerikaner profitieren relativ wenig davon und haben am Ende oft eine gewaltige Schuldenlast am Hals. Europäer und Amerikaner haben noch kein passendes Gegenmodell hierzu gefunden. Klar ist: Westliche Werte allein reichen nicht.