Der designierte US-Präsident droht mit der Zollkeule – ein Risiko für alle
Donald Trump und Deutschland: Das ist keine Liebesgeschichte. Wenige Tage vor der US-Präsidentschaftswahl sprach der Republikaner über sein schwieriges Verhältnis zum Land seiner Vorfahren. „Mich haben sie nicht geliebt, und ich habe dort Wurzeln“, sagte er. Sein Großvater Friedrich Trumpf war 1885 aus dem rheinland-pfälzischen Winzerstädtchen Kallstadt nach Amerika ausgewandert.
Trump holte bei dem Wahlkampfauftritt in Lititz im Bundesstaat Pennsylvania zum großen Lamento aus. Die Deutschen hätten seinen Vorgänger im Weißen Haus, den Demokraten Barack Obama, ins Herz geschlossen, nicht ihn. „Wisst ihr warum? Weil sie unser Mittagessen gegessen haben“, klagte er. Darin schwang der Vorwurf mit, dass Deutschland angeblich auf Kosten der USA wirtschaftlich erfolgreich gewesen sei.
Was Trump damit meinte, hatte er bereits beim Besuch des französischen Staatschefs Emmanuel Macron 2018 in Washington deutlich gemacht. Er werde seine Handelspolitik verschärfen und schmerzhafte Zölle einführen, bis keine Mercedes-Modelle mehr auf der Fifth Avenue in New York fahren, schimpfte der damalige US-Präsident. Die „Millionen“ verkauften deutschen Autos in den USA seien „fürchterlich“, ätzte er an anderer Stelle.
Verletzte Eitelkeit über nicht erfahrene Zuwendung aus Germany sowie ein bisschen Neid auf den coolen Obama, der auch in Deutschland Massen elektrisieren konnte, sind das eine. Der tieferliegende Grund für Trumps Rundumschlag ist jedoch, dass die Vereinigten Staaten viel mehr Waren importieren als exportieren.
So betrug das US-Handelsbilanzdefizit im Jahr 2023 insgesamt 1153 Milliarden Dollar. Aus dieser Summe entfielen 201 Milliarden Dollar auf den Handel mit der EU. Rund ein Drittel davon – gut 63 Milliarden Euro – stammen aus dem Warenaustausch mit Deutschland. Noch mehr Schlagseite hatte Amerikas Handel mit China, wo sich das Defizit auf 280 Milliarden Dollar belief. Weiteres Ärgernis für Trump: Viele US-Unternehmen wanderten in Billiglohnländer ab, wo die Produktionskosten viel günstiger sind.
Trump zückt nun die große Zollkeule, um Importe zu verteuern. Viele amerikanische Firmen sollen so zurückgeholt werden und Zuhause Arbeitsplätze schaffen. Es ist der Kern von Trumps Slogan „America First – Amerika zuerst“. So hat der designierte Präsident angekündigt, die Einfuhren generell mit einer Abgabe von zehn bis 20 Prozent zu belegen. Dies würde auch europäische und deutsche Betriebe treffen. Importen aus China droht Trump gar mit Zöllen zwischen 60 und 100 Prozent. Was der neue Chef im Weißen Haus freilich unter den Tisch fallen lässt: Die US-Importeure müssten Zollabgaben bezahlen. Die Gelackmeierten wären aber die amerikanischen Verbraucher, die höhere Preise zu entrichten hätten.
Insbesondere mit Blick auf die Volksrepublik fährt Trump schwere Geschütze auf. So hatte er im Wahlkampf erklärt, innerhalb von vier Jahren „die Importe aller wesentlichen Güter aus China schrittweise zu beenden“ – einschließlich „elektronischer Produkte, Stahl oder pharmazeutischer Artikel“.
Wenn Trump die Zölle wie avisiert hochfährt, zieht für deutsche Firmen ein perfekter Sturm auf. Die deutsche Wirtschaft ist exportorientiert wie kaum eine andere. Die USA sind der größte Absatzmarkt. Aus China kommen die meisten Importe. Viele deutsche Betriebe fertigen auch in der Volksrepublik und führen ihre Waren von dort in die Vereinigten Staaten aus. Sie würden durch Trumps 100-Prozent-Abgaben ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Es wäre ein multipler Angriff auf die Gewinnmargen der Unternehmen.
Zu befürchten ist, dass China und möglicherweise auch die EU Gegenzölle auf amerikanische Einfuhren erheben, was einen Handelskrieg auslösen könnte. Bundesbank-Chef Joachim Nagel warnt bereits vor einer Zoll-Preis-Spirale. „Wenn ein Land die Zölle stark erhöht und die betroffenen Länder Vergeltungsmaßnahmen ergreifen, könnte es zu einem deutlichen Anstieg des Inflationsdrucks kommen“, sagt Nagel. Würden Trumps Drohungen Realität, wäre dies mit gravierenden Folgen für die deutsche Wirtschaft verbunden. „Sollten die Zollpläne umgesetzt werden, könnte uns das in Deutschland durchaus ein Prozent der Wirtschaftsleistung kosten“, so Nagel. Verlierer wäre aber nicht nur Deutschland, sondern die gesamte Weltwirtschaft.