Der US-Präsident hofft, Teheran vom Bau einer Atombombe abhalten zu können
Es ist eines der ganz wenigen Hoffnungszeichen in der internationalen Politik. Und ausgerechnet der große Disruptor Donald Trump spielt eine maßgebliche Rolle dabei. Seit dem 12. April verhandeln Washington und Teheran über eine drastische Beschränkung des iranischen Nuklearprogramms. An diesem Samstag steht die dritte Runde der Gespräche im Golfstaat Oman an. Es geht um eine Schicksalsfrage für den Nahen Osten und die Welt: Kann das Mullah-Regime durch diplomatischen Druck davon abgehalten werden, die Atombombe zu bauen und damit die gesamte Region in einen gefährlichen Rüstungswettlauf zu stürzen?
Schon einmal war ein Versuch in diese Richtung unternommen worden. 2015 hatte sich der Iran verpflichtet, in einem internationalen Vertrag sein Nuklearprogramm deutlich zu begrenzen. Der Atombombenbaustoff Uran sollte nur noch auf maximal 3,67 Prozent angereichert werden. Damit ist Stromerzeugung durch Kernkraft möglich, jedoch kein Nuklearwaffenbau. Auch wurden internationale Kontrollen vereinbart. Im Gegenzug bekam Teheran eine Lockerung der Sanktionen.
Das Problem: Trump ging das unter seinem Vorgänger Barack Obama ratifizierte Papier nicht weit genug. Er wollte das Mullah-Regime durch eine Politik des „maximalen Drucks“ in die Knie zwingen. Deshalb kündigte er 2018 die Übereinkunft und legte neue Sanktionen auf. Ein Jahr später stieg auch Teheran aus und reicherte Uran sukzessive an.
Laut Internationaler Atomenergiebehörde (IAEA) besitzt das Land heute rund 275 Kilogramm Uran, das auf 60 Prozent angereichert ist. Für eine Nuklearwaffe muss das Metall auf 90 Prozent angereichert werden, was nach Einschätzung von Experten in wenigen Wochen technisch möglich wäre. „Die Iraner haben genug spaltbares Material, um sechs Atombomben zu bauen“, sagt Ali Fathollah-Nejad, Direktor der Berliner Denkfabrik Center for Middle East and Global Order. Für Nuklearwaffen sind zwar noch andere Komponenten wie Trägersysteme (Artilleriegeschütze, Raketen, U-Boote) oder nukleare Sprengköpfe nötig. Es gibt allerdings Spekulationen, dass der Iran eine „dirty bomb“, eine „schmutzige Atombombe“, herstellen könnte.
Aus Washington kamen kürzlich gemischte Signale. Trump hatte zunächst eine martialische Drohkulisse aufgebaut: Der Iran dürfe „niemals“ eine Nuklearbombe haben. Sollte das Mullah-Regime sein Atomprogramm nicht herunterfahren, stehe ihm eine Bombardierung bevor, „die die Welt so noch nie gesehen hat“, so Trump. Teheran hatte in der Vergangenheit immer wieder angekündigt, Israel vernichten und die US-Truppen aus ihren Militärbasen im Nahen Osten vertreiben zu wollen.
Danach brachte Trumps Sondergesandter Steve Witkoff überraschend ein Modell ins Spiel, das dem alten Nuklearabkommen von 2015 ähnelte: Wie damals sollte Teheran Uran auf maximal 3,67 Prozent anreichern dürfen. Doch kurz darauf pochte Witkoff darauf, dass das Land die Urananreicherung komplett einstellt. Damit folgte er den Iran-Hardlinern im inneren Zirkel um Trump.
Aber selbst diese Variante geht Israel nicht weit genug. Premierminister Benjamin Netanjahu will einem Atomvertrag nur zustimmen, wenn die Nuklearanlagen unter US-Aufsicht gesprengt und demontiert werden. Andernfalls sei ein Angriff „unvermeidlich“. Allerdings kann sich Netanjahu derzeit nicht auf die militärische Rückendeckung durch die Amerikaner verlassen. Trump habe israelische Pläne für gemeinsame Attacken auf iranische Nuklearstätten, die für Mai vorgesehen waren, vom Tisch gewischt, schreibt die „New York Times“.
Für Trump hat ein harter Atomvertrag mit dem Iran derzeit oberste Priorität. Er hat kein Interesse an einer großen militärischen Konfrontation im Nahen Osten. Auch, weil er seinen Anhängern versprochen hat, Amerikas „endlose Kriege“ zu beenden. Trump baut darauf, dass der Iran geschwächt ist wie seit Jahrzehnten nicht: Alliierte wie die Hisbollah, die Hamas oder die Huthis sind stark dezimiert. Die Wirtschaft des Landes liegt darnieder. Komme zu dieser miserablen Lage der hohe diplomatische Druck der Amerikaner, steige die Wahrscheinlichkeit, dass die Mullahs ihr Nuklearprogramm weitestgehend zurückschrauben oder gar dichtmachen, so das Kalkül des Präsidenten. Eine Lockerung der US-Sanktionen könnte als Katalysator wirken. Es ist Trumps große Iran-Wette.