Die Bilder von den Hamburger Ausschreitungen haben weltweit Entsetzen ausgelöst. Es war ein höchst riskanter Einsatz für Journalisten. FORUM-Fotograf Laszlo Pinter war mittendrin. Er kam, wie etliche Kollegen, verletzt zurück.
Herr Pinter, Sie haben als Fotoreporter bereits einiges miterlebt, waren beispielsweise bei den gewalttätigen "Blockupy"-Auseinandersetzungen in Frankfurt 2015 mit dabei. Was war in Hamburg jetzt anders?
Was ich in Hamburg erlebt habe, war mit Frankfurt nicht vergleichbar. So etwas wie in Hamburg habe ich bis dato nicht gekannt. Es gab eine extreme Aggression, ich habe blanken Hass gegen alle in den Augen gesehen, nicht nur gegen die Polizei, auch gegen andere Menschen und uns Medienvertreter. Das war in Frankfurt nicht der Fall. In Frankfurt hatte ich schon mit allem gerechnet. Aber hier habe ich mehr als einmal um mein Leben gefürchtet.
Sie sind selbst auch verletzt worden. Wie kam es dazu?
Das war, als ich vor einer Gruppe geflüchtet bin, die mich verfolgt und auch mit Flaschen nach mir geworfen hat. Ich bin mit meiner schweren Fotografentasche umgeknickt und habe mir eine Bänderdehnung am Fuß zugezogen. Später habe ich dann noch einen Schlag von einem Polizisten ans Knie abbekommen, als ich versuchte, mich hinter die Polizeilinie in Sicherheit zu bringen.Kann man nach dem, was Sie erlebt haben, noch von Demonstranten reden, die von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit und Demonstration Gebrauch machen?
Bei denen, die dort vermummt aufgetreten sind, definitiv nein. Denen war es egal, ob da ein G20-Gipfel stattfindet oder etwas anderes. Bei den Vermummten habe ich übrigens kaum ein Wort Deutsch gehört. Was ich rausgehört habe war polnisch, russisch und auch andere osteuropäisch klingende Sprachen. Und das nicht nur vereinzelt, sondern an etlichen Stellen. Für mich machte das den Eindruck eines durchorganisierten Krawall-Tourismus, der nur auf Gewalt und Zerstörung aus war. Das hat sich dann auch gegen uns Medienvertreter gerichtet. Für die waren wir nicht nur die Lügenpresse, sondern ein Instrument der Politik und damit auch ein Feindbild. Das war bei den friedlichen Demonstranten ganz anders, die haben das offene Gespräch mit uns Medienvertretern gesucht.
Wie konnten Sie sich in diesem Chaos als Fotograf überhaupt bewegen?
Wir haben uns natürlich vorher ordentlich akkreditiert, hatten unsere Presseausweise dabei. Aber wir waren ja auf ziemlich viel eingestellt und vorbereitet, mit Schutzausrüstung, Helm, Weste, das war absolut notwendig. Ich stand dann mittendrin, sozusagen zwischen den Fronten von verängstigten Anwohnern, Polizei und Krawallmachern und habe dann auch die Druckwellen von "Polenböllern" zu spüren bekommen.
Es ist viel über den Einsatz der Polizei diskutiert worden. Wie haben Sie ihn erlebt?
Was ich gesehen habe, war eine völlig überstrapazierte Polizei. Die waren völlig an ihren Grenzen, zum Teil weit darüber. Ich habe Polizisten gesehen, die fassungslos und weinend am Straßenrand saßen und sich, wie auch die Anwohner, fragten: Warum? Warum eine solche Veranstaltung in dieser Stadt?
Mit dem kurzen Abstand danach: Was empfinden Sie nach den Erlebnissen?
Ich fühle mich noch völlig leer, platt gesagt wie ausgekotzt und immer noch fassungslos.
Kollegengespräch von Oliver Hilt
POLITIK

Laslo Pinter
G20: "Ich stand zwischen den Fronten"
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