In den USA dreht es sich nicht mehr um Klima. Noch bevor US-Präsident Donald Trump dieses in mehrfacher Hinsicht zerstört, vermeiden Wissenschaftler das Thema. Wie nachhaltig droht Trumps Klimawandel-Leugnungs-Politik Umwelt, Wissenschaft und Wirtschaft zu schaden?

Der schöne Schein Hollywoods feierte sich auch in diesem Jahr in den Bergen von Los Angeles. Merkwürdig schweigsam, angesichts der verheerenden Brände, die auch vor den Grundstücken wohlhabender US-Prominenz nicht Halt machten.
Flashback zum Pariser Klimaabkommen: Wie rühmten Staatschefinnen und Umweltschutzverbände 2015 die Vereinbarung, gemeinsam die Welt zu retten. Noch bevor Syrien als letzter Staat der Erde im November 2017 erklärte, dem Übereinkommen der UN-Klimakonferenz in Paris (COP 21) beizutreten, steuerte Trump schon das erste Mal auf die Ausgangstür des Abkommens zu.
Parisaustritt soll Milliarden einsparen
Das war im Juni 2017. Wobei die USA faktisch erst 2020 den Vertrag der Klimarahmenkonvention UNFCCC, mit ursprünglich 195 Staaten und der Europäischen Union, verließen. Was Joe Biden als Präsident 2021 sofort rückgängig machte. John Kerry, der unter Biden für Klimafragen zuständig war, sagte vor vier Jahren: „Wir kommen in Demut zurück.“
Donald Trump neigt eher zum Übermut, um es freundlich zu formulieren. Mit der Ankündigung, „Milliarden“ einzusparen, riss er die Vereinigten Staaten noch im Januar 2025 hinaus auf die Zuschauertribüne der weltweiten Umwelt- und Existenzzerstörung. Wenige Stunden, nachdem er die Geschäfte vom weitsichtigeren Demokraten Biden übernommen hatte.
Auf „deutlich unter“ zwei Grad Celsius wollte Biden die Erderwärmung gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzen. Er bemühte sich und sein Land, das Damoklesschwert der Erhitzung bei 1,5 Grad Celsius festzuhalten. Mit dem „Inflation Reduction Act“ investierte der Demokrat rund 370 Milliarden Dollar in den Klimaschutz sowie in die zugehörige, grüne Transformation und in Klimafolgenkosten. So viel Geld war in den USA zuvor noch nie fürs Klima in die Hand genommen worden. Donald Trump will dieses Klimaschutzprogramm beenden.
Dabei ist besonders die Energiewende ein guter Deal. Beispielsweise der erzkonservative Bundesstaat Texas profitiert enorm von Solar- und Windkraft. Stichwort: Zukunftstechnologien. Wo einst Ölbarone ihr Glück machten, zieht nun billige, erneuerbare Energie viele Unternehmen an und tut der Umwelt gut.
„Die Biden-Administration hat in großem Stil in klimafreundliche, technologische Innovation ‚Made in USA‘ investiert. Auch und insbesondere in republikanischen Bundesstaaten wie Texas“, sagt Professor Dr. Carl-Friedrich Schleussner, Leiter einer Forschungsgruppe zu klimabedingten Verlusten und Schäden an der Humboldt-Universität zu Berlin. Der Wissenschaftler prognostiziert: „Dreht Trump die Uhr zurück, wird das langfristig dem amerikanischen Wirtschaftsstandort schaden. Der Markt für fossile Energieträger wird global weiter schrumpfen.“ Die Risiken für Vermögenswerte, die dauerhaft von Wertverlusten bis hin zum Totalverlust gekennzeichnet sind, seien erheblich. „Die schrecklichen Brände in Los Angeles sind das jüngste Beispiel, was die US-amerikanische Bevölkerung erwartet, wenn nicht entschlossen gehandelt wird. Leugnen der wissenschaftlichen Realität des Klimawandels wird ihr Schaden sein“, so Schleussner.

Die angestrebte Reform der Entwicklungsfinanzierung weltweit wäre ohne die USA nicht mehr durchsetzbar, befürchtet Professor Dr. Reimund Schwarze, Leiter AG Klimawandel und Extremereignisse, am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. „Auch innovative Finanzierungsalternativen durch private Unternehmen würden blockiert“, sagt Schwarze.
Veränderung braucht Zeit, bis sie überall greift. Länger, als eine Legislaturperiode währt. Während Bidens Administration flossen einerseits Gelder in den Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos. Andererseits exportierten die USA mehr fossile Energieträger: Kohle sogar mit einem Sechsjahresrekord im Juni 2024. Flüssiges Erdgas, das in der EU russisches Gas ersetzte. Mengenweise Treibhausgas-relevante, unzeitgemäße Energieformen. Trotz Bidens Bemühungen.
Ziele liegen nicht mehr vor
Die USA rangieren gleich hinter China, wenn es um die Weltführerschaft im Ausstoß klimaschädlicher CO2-Emissionen geht. Die Ambitionen von Trumps Nachfolger und Vorgänger, sie bis 2030 deutlich zu senken und die Vereinigten Staaten zur Klimaneutralität 2050 zu führen, sind Vergangenheit. Alle angestoßenen und vereinbarten Fortschritte der glorreichen Nation in Richtung Klimaneutralität will Trump nun mit dem Brecheisen zunichtemachen.
Die Erderwärmung rast indes schneller als erwartet. Bereits 2024 ist die 1,5-Grad-Marke gerissen worden. Kohle, Öl und Gas feuerten die globalen Treibhausemissionen sogar auf einen zusätzlichen Anstieg an. Verstärkt wurden negative Klimaeffekte durch eine Hitzewelle der Ozeane.
Und es wird noch schlimmer kommen, nach dem, was Bidens Nachfolger Trump bereits in den ersten Monaten seiner zweiten Amtszeit angekündigt beziehungsweise umgesetzt hat. Trump riss die USA ein zweites Mal aus dem Pariser Klimaschutzabkommen. Die Abkehr von Paris wirkt diesmal bereits nach einem Jahr Kündigungsfrist und brüskiert die nationalen sowie internationalen Klimaschutzanstrengungen, nicht nur aufgrund seiner abwertenden Wortwahl „Abzocke“. Während sich die anderen Staaten um eine Begrenzung der Klimakatastrophe bemühen, wollen die USA keine Anstrengungsziele mehr vorlegen.
Auch die psychologische und politische Breitenwirkung ist fatal: Nachahmer der Ignoranz fühlen sich bestärkt. Diejenigen, die besonders unter der Erderwärmung leiden, werden von Klimaleugnern als Simulanten vorgeführt, während ihr Leben wegbricht. Die Beschlüsse von UN-Klimakonferenzen könnten leichter in Frage gestellt, Klimatransformationen gebremst, Präventionsinvestitionen beschnitten werden sowie fossile Lobbys leichter Gehör finden. Analog zu seiner Wahlkampfparole „Drill, Baby, Drill“ hat der US-Präsident die Förderung von Öl, Gas und Kohle neu angeheizt und produziert damit Treibhausgasemissionen in großem Stil. Forscher befürchten, dass Ökosysteme und Biodiversität stark unter dem „Drill“ leiden könnten, insbesondere in Alaska.
Neben dem, was der Präsident selbst anordnet, scheint die US-Umweltbehörde EPA Trump noch übertrumpfen zu wollen: Sie selbst will Vorschriften, deren Sinn es ist, die Umwelt zu schonen, überprüfen oder gar abschaffen. Darin geht es etwa um Abgaswerte bei Autos oder Wasserverschmutzungsgrenzwerte für Kohlekraftwerke.

Die EPA verfasste während der Obama-Jahre den Basis-Leitsatz für die meisten amerikanischen Klima-Gesetze, demzufolge Kohlendioxid-Ausstoß der Gesundheit schade. Nun soll diese Orientierungshilfe nihiliert werden. Auch wenn die Wissenschaft es besser weiß. Die Trump-Administration hat in ihren ersten Wochen im Amt bereits damit begonnen, Dutzende von Gesetzen zur Klimaanpassung oder zur Bekämpfung des Klimawandels zurückzunehmen.
Eine nie dagewesene Kehrtwende im Umweltschutz ist in den USA zu beobachten: Ausgerechnet der neue Leiter der Umweltbehörde, Lee Zeldin, kommentierte im „Wall Street Journal“: „Wir stoßen einen Dolch durch das Herz der Klimawandelreligion und läuten das Goldene Zeitalter Amerikas ein.“ Dabei reduzieren die Rückschritte im Klimaschutz und in der Klimaforschung die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft gegen katastrophale Wetter- und Klima-Ereignisse.
Zudem fordert die Trump-Administration vor allem von Forschenden bei staatlichen Institutionen, die Arbeiten am siebten Sachstandsbericht des Weltklimarates IPCC für 2029 einzustellen: Einer unverzichtbaren Synthese wissenschaftlicher Klimabeobachtung und Basis fürs internationale Klimahandeln.
Klimaforschung wird eingestellt
Die Regierung Trump hat bereits mehr als 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Wetter- und Ozeanografie-Behörde Noaa entlassen. Obwohl ein Bundesrichter zuvor die Massenentlassungen gestoppt hatte. Etats werden gekürzt. Die Forscher geben trotz des politischen Drucks aus dem Trump-Lager nicht so leicht klein bei. Statt „Klimawandel“ verwenden sie als Behelfsbegriff „Extremwetter“.
Obwohl Trumps Leute die Wissenschaft und deren Institutionen massiv attackieren, hatte die Website „Climate Backtracker“ Ende März schon 74 Klimaschutzrücknahmen festgestellt und festgehalten. Diese Website der Columbia University dokumentiert in einer Liste, mit Quellenverweisen, den Rückschritt bei Klimagesetzen und Regelungen.
Am 12. März kündigte die EPA 31 Maßnahmen an, die die Agentur zu ergreifen gedenkt: Darunter die Überprüfung Dutzender bestehender Klimaregelungen, die Überprüfung der Gefährdungsfeststellung von 2009, die Beendigung der Bemühungen der Agentur um Umweltgerechtigkeit und die Neuausrichtung der Durchsetzungsprioritäten. Am 14. März unterzeichnete Präsident Trump, laut Columbia University, eine gemeinsame Missbilligungsresolution, um die endgültige EPA-Regelung zu Methanabfall-Emissionen im Rahmen des Congressional Review Act für ungültig zu erklären.

Öl- und Gasförderung haben gravierende Folgen: „Die stärksten unmittelbaren Auswirkungen ergeben sich voraussichtlich durch die angekündigte Rücknahme der Methan-Abgabe, die unter der Biden-Administration durch die Umweltschutzbehörde EPA eingeführt beziehungsweise ausgeweitet wurde und deutlich hätte steigen sollen“, sagt der Leiter des Forschungszentrums Global Commons und Klimapolitik am Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel, Professor Dr. Wilfried Rickels. „Methan-Emissionen haben sehr schnelle Auswirkungen auf die Temperaturen, und diese Maßnahmen haben daher das Potenzial, die Geschwindigkeit des Klimawandels zu beschleunigen und daher bereits bis 2030 spürbar werden zu lassen“, skizziert Rickels. Zudem befürchtet der Forscher, dass Extremereignisse durch die Erderhitzung in den USA Trump veranlassen könnten, solares Geoengineering zu forcieren, um die Sonnenstrahlung zwischen Atmosphäre und Erdoberfläche zu reduzieren. Die Idee dieser Weltraumtechnologie ist es, den Treibhauseffekt auszugleichen oder gar umzukehren.
Die Unterzeichner des Pariser Abkommens müssen innerstaatliche Minderungsmaßnahmen angehen, um die Ziele ihrer Nationalen Beiträge zu erreichen. Im Dezember 2024 legte die Biden-Administration, kurz vor Ende ihrer Amtszeit, den neuen Nationalen Beitrag mit verschärften Klimaschutzzielen für 2035 bei der UN Klimarahmenkonvention UNFCCC vor. Trump kehrt diesen Ambitionen nun auf Gesamtstaatsebene den Rücken. Der Columbia University zufolge kann dieses NDC-Papier allerdings weiterhin ein Leitdokument für die rund 50 Prozent der US-Bundesstaaten sein, die weitere Klimaschutzmaßnahmen unterstützen. Mit einer ambitionierteren, eigenen Klimapolitik könnten sie das Ziel für 2035 in Reichweite halten.
Immerhin: „Bisher wurde seitens der Trump-Regierung kein Austritt aus der Klimarahmenkonvention UNFCCC angekündigt, was einen deutlich größeren Einschnitt darstellen würde“, betont Ole Adolphsen vom Forschungscluster Klimapolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. „Da ein Wiedereintritt politisch fast unmöglich ist, wären in diesem Fall langfristig die CO2-Emissionen der USA – 13 Prozent der globalen Emissionen – der internationalen Regulierung entzogen.“
Der Klimapolitik-Forscher warnt davor, dass durch eine Machtverschiebung die Klimaminderung im UNFCCC zunehmend hinter Finanzierung und Anpassung zurücktreten könnte. Das auf der COP29 in Baku beschlossene neue Klimafinanzierungsziel – 300 Milliarden US-Dollar ab 2035 – sei nicht unmittelbar gefährdet, da der Ausstieg der USA in den Verhandlungen einkalkuliert war. „Sollte die Trump-Administration aber Druck auf die multilateralen Entwicklungsbanken ausüben, ihre Klimafinanzierung zurückzufahren, stände auch dieses Ziel in Frage“, warnt Adolphsen.
Andere Staaten in der Verantwortung
Trumps Klimaleugnung ist fatal: Denn die Erderhitzung könnte in den nächsten tausend Jahren noch stärker ausfallen als bisher angenommen. Das zeigt eine neue Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Wenn der Permafrost taut, könnte das daraus entweichende Treibhausgas die Erde auf über zwei Grad Celsius miterwärmen. Die Pariser Ziele zu erreichen, wird dadurch schwieriger. Dem Forschungspapier zufolge könnten selbst kleine Veränderungen in den Emissionen eine viel stärkere Erderhitzung auslösen als aktuell erwartet. „Das unterstreicht die Dringlichkeit, Emissionen schneller zu reduzieren und CO2 aktiv aus der Atmosphäre zu entfernen“, analysiert PIK-Wissenschaftlerin Christine Kaufhold, Hauptautorin der jüngst in „Environmental Research Letters“ veröffentlichten Studie.

„Das Pariser Abkommen ist nicht nur ein politisches Ziel, sondern eine physikalische Grenze“, betont ihr Mitautor und PIK-Direktor, Johan Rockström. Unser heutiges Handeln werde das Leben auf diesem Planeten für Jahrhunderte prägen, so Rockström. – Ziehen die USA nicht mehr mit, müssen die anderen Staaten umso schneller Emissionen reduzieren.
Wenn die Böden und Ozeane sogar weniger Kohlendioxid und Methan aufnehmen können als in der Vergangenheit, müssen die Menschen umso schneller schädliche, fossile durch klimaneutrale, erneuerbare Energien ersetzen. Bis September erwarten die Vereinten Nationen von allen Ländern neue Ziele, um Treibhausgase zu reduzieren.
Von „Togetherness“ war beim Petersberger Klimadialog, zu dem Minister und Diplomaten zusammenkamen, die 190 Staaten repräsentierten, die Rede. In jener Woche, in der Olaf Scholz noch geschäftsführender Bundeskanzler war, fand er in Berlin deutliche Worte angesichts von Trumps Ausstieg aus klimapolitischen Notwendigkeiten: „Durch Bestreiten und Ignorieren der Fakten verschwinden weder die Folgen des Klimawandels noch die Verantwortung der USA als historisch größter Emittent von Treibhausgasen.“
Doch Trump geht als schlechtes Beispiel voran: In der Europäischen Union wird nun sogar diskutiert, ob die Mitgliedsstaaten daran festhalten, bis 2040, im Vergleich zu 1990, 90 Prozent weniger Treibhausgase auszustoßen.
Auf Trumps Spuren zu wandeln, bedeutet katastrophale Aussichten fürs Klima. Wenn die Menschheit insgesamt, gezogen von den USA, die physikalische Grenze jetzt überschreitet, hilft auch kein Ausweichen in andere Begriffe und kein Leugnen des Klimawandels mehr.