Ein Apple iPad Pro mit bald zehn Milliarden Transistoren im Prozessor mit den einst gebräuchlichen Elektronenröhren zu bauen wäre undenkbar – ein ganzes Haus dafür noch viel zu klein und ein Atomkraftwerk zur Versorgung zu schwach. Doch vor gut 75 Jahren entstand der erste Transistor, der den Weg zur heutigen Elektronik freimachte.
Das Prinzip des heutigen Feldeffekttransistors, in dem eine Steuerelektrode mit ihrem Feld den Stromfluss steuert, nur nicht im Vakuum wie bei einer Elektronenröhre, sondern einem Halbleiter, wurde bereits in den 20er- und 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts erforscht. Doch ohne Erfolg. Welche Halbleiter für einen Verstärkerbau geeignet sind, wusste man damals noch nicht. Es waren nur Halbleiter geringerer Qualität in Gebrauch, aus denen sich lediglich einfache Kristalldetektoren und Gleichrichter bauen ließen.
Heute sind genau diese Feldeffekttransistoren die kleinen Helferlein, die zu Millionen und Milliarden in jedem Computer und Smartphone, ja selbst schon in einer Kaffeemaschine stecken. Da ihre Steuerung über ein elektrisches Feld ohne Stromverbrauch stattfindet, sind sie sehr sparsam und können in diesen gigantischen Mengen auf einem Siliziumchip verbaut werden, ohne dass dieser nach wenigen Sekunden verglüht. Doch bis dahin war es ein weiter Weg.
Durchbruch am 16. Dezember 1947
Die Technik ging zunächst in eine andere Richtung: Die Elektronenröhre, entstanden aus der Glühlampe, und der Beginn der „Elektronik“, von Radio und Fernsehen, war voluminös, unzuverlässig und energiehungrig. Hier steuerte ein Gitter den Elektronenfluss – daher der Begriff „Elektronik“ – in einem Vakuumglaskolben von einem energieaufwendig zu heizenden Anschluss, der Kathode, zu einem zweiten, der Anode. Wie eine Glühlampe war auch eine Röhre irgendwann verbraucht und musste ausgetauscht werden.
Die Telefongesellschaft Bell in den USA war dringend auf der Suche nach einem verstärkenden Bauelement, das die ineffizienten und unzuverlässigen Röhren ablösen konnte. Besonders problematisch war dies in Unterseekabeln, die Zwischenverstärker benötigten: Hier konnte man Röhren nicht so einfach tauschen, wenn sie ausfielen, und auch die für den Betrieb der Röhren nicht unerhebliche Energiezuführung war über Tausende von Kilometern ein Problem. Ebenso wurde die Computertechnik mit Röhren nicht glücklich: In „Elektronenrechnern“, die nicht mehr mit Relais wie die ersten Rechner von Konrad Zuse, sondern den schnelleren, aber auch anspruchsvolleren Elektronenröhren arbeiteten, waren ständig defekte Röhren zu suchen und auszutauschen.
Der am 10. Februar 1902 geborene Physiker Walter Houser Brattain hatte bereits gemeinsam mit dem am 13. Februar 1910 geborenen William B. Shockley versucht, Feldeffekttransistoren zu konstruieren, und zwar aus dem Halbleiter Kupferoxid, auch als Kupferoxydul bezeichnet. Dafür war dieser Halbleiter jedoch ungeeignet. Allerdings ging man damals davon aus, dass ein elektrisches Feld in einem Feststoff statt im Vakuum zu schwierig zu nutzen sei, weil sich in einem auch nur halbleitenden Material gar kein Feld aufbauen könne. Man versuchte nun auf anderen Wegen, einen verstärkenden Halbleiter zu konstruieren.
Am 16. Dezember 1947 hatte Brattain schließlich mit einer Anordnung von zwei Goldspitzen auf einem p-dotierten Germaniumplättchen, der sogenannten Basis, erstmals Erfolg: Die Spannungs- beziehungsweise Stromschwankung, die am Emitter angelegt wurde, konnte am Kollektor verstärkt wieder abgenommen werden. Daraus resultierte auch die bis heute übliche Bezeichnung der drei Elektroden eines bipolaren Transistors: Emitter, Basis und Kollektor.
Dieser Transistor mit Metallspitzen auf einer Basis als Elektroden, entstanden als Fortentwicklung von Detektor und Spitzendioden, wurde nach Forschungen des am 22. Februar 1913 geborenen Physikers John N. Shive und Shockley bald von solchen mit flächigen, legierten Halbleiterübergängen abgelöst, die stabiler und leistungsfähiger waren. Ebenso wird die beim Versuch Brattains genutzte Basisschaltung heute nur noch selten verwendet, weil die Verstärkereigenschaften eines bipolaren Transistors in Emitter- und Kollektorschaltung für die meisten Anwendungen wesentlich vorteilhafter sind.
Streit um den Ruhm der Entwicklung
Diese erste Anordnung führte aber zur Entdeckung des Transistoreffekts. Walter Brattain war dabei der Experimentator, der die tatsächlichen Versuchsanordnungen aufbaute und so den Transistoreffekt nachweisen konnte. Der am 23. May 1908 geborene Physiker John Bardeen war der Theoretiker, der die Ideen dazu lieferte, und William B. Shockley der Manager, der plante, was man mit den neuen Erfindungen machen könne. Shockley war als Chef und Manager sehr problematisch. Er gründete 1956 sein eigenes Unternehmen Shockley Semiconductor, schikanierte die von ihm zunächst erfolgreich engagierten Forscher jedoch so sehr, dass acht davon kündigten und Fairchild Semiconductor gründeten. Daraus entwickelte sich das heutige Silicon Valley mit vielen weiteren Halbleiter-Unternehmen wie etwa Intel. Niemand, der zuvor bei Bell schon einmal mit ihm zusammengearbeitet hatte, wollte zu Shockley Semiconductors wechseln.
Bei Bell hatte Shockley sich wiederum darüber geärgert, dass er in den Patentschriften zum Spitzentransistor nicht erwähnt war, weil er selbst gar nicht aktiv an den Experimenten mitgearbeitet hatte. Deshalb versuchte er umgekehrt, den Ruhm für die Erfindung des Transistors infolge seiner Gedanken zum zunächst nicht erfolgreichen Feldeffekttransistor und den späteren Weiterentwicklungen zum bipolaren Transistor mit legierten Flächen- statt Punktkontakten allein einzuheimsen.
Schließlich erhielten alle drei Forscher gemeinsam 1956 den Nobelpreis für Physik. John Bardeen erhielt ihn 1972 sogar noch ein zweites Mal mit Leon N. Cooper und John Robert Schrieffer für die BCS-Theorie der Supraleiter.
Erst die Erfindung des Transistors ermöglichte die heutige, miniaturisierte Elektronik ohne Elektronenröhren.