Bei der zweiten Auflage der Premier League Darts in Berlin fordert Max Hopp als sogenannter Contender eine Legende heraus, den fünfmaligen Weltmeister Raymond van Barneveld.
Wenn die Premier League der Professional Darts Corporation (PDC) am Donnerstag, 21. März, zur zweiten Visite in die Berliner Mercedes-Benz-Arena kommt, werden wieder 12.000 Darts-Fans nicht nur großartigen Sport sehen, sondern auch eine riesige Party feiern wollen. Generell ist bei den immer zahlreicheren Veranstaltungen auf deutschem Boden die Stimmung im Zuschauerraum im Vergleich zu Großbritannien und anderen Austragungsorten am besten. Bei der sogenannten European Tour, etwas kleineren Events der PDC, treten die Darts-Stars auch in Leverkusen (22. bis 24. März), Hildesheim (29. bis 31. März), München (20. bis 22. April), Saarbrücken (26. bis 28. April), Sindelfingen (10. bis 12. Mai), Mannheim (6. bis 8. September) und Riesa (13. bis 15. September) an. Auf dieser Tour bewähren sich seit Jahren deutsche Darts-Größen wie Robert Marijanović, Gabriel Clemens, Martin Schindler und Max Hopp. Hier holten sie sich die Wettkampfhärte, die sie bis zur WM-Teilnahme führte. Vielleicht kommt bald der Münchener Michael Unterbuchner dazu, der bei der BDO-WM 2018 und 2019 das Halbfinale erreichte und 2020 zur PDC wechselt.
Max „The Maximiser" Hopp, 22, in Idstein bei Wiesbaden geboren, in Kottengrün/Vogtland lebend, hat als derzeitiger deutscher Klassenprimus noch eine große Zukunft vor sich. Doch einen sehr großen Triumph hat er schon verbuchen können: den Gewinn der Jugend-Weltmeisterschaft der PDC 2015 gegen Nathan Aspinall. Feierte Hopp zuvor einige Erfolge beim kleineren Konkurrenz-Verband BDO, nahm nach dem Coup bei der PDC seine Karriere langsam, aber sicher Fahrt auf. Sechs PDC-WM-Teilnahmen bei den „Erwachsenen" stehen seit 2013 zu Buche, dem Jahr, als der große Phil Taylor seinen letzten, den 16. WM-Titel errang. Damals war Hopp erst 16 Jahre alt. Nach 2013 brach in der PDC endgültig die Zeit der Jüngeren an, insbesondere die des inzwischen als genauso unschlagbar wie früher Taylor geltenden Niederländers Michael van Gerwen, kurz MVG. Hopps Fortschritte bei der PDC seit dem Jugendtitel 2015 waren keineswegs so kometenhaft wie die von van Gerwen. Ein paar überstandene Runden hier, ein paar Viertelfinals dort, sogar ein vermeintlicher Rückschritt in die deutsche Super League, nachdem er sich für die WM Anfang 2018 nicht qualifiziert hatte. Im Laufe des Jahres 2018 erfolgte aber die Leistungsexplosion. Völlig unerwartet gewann Hopp die German Darts Open gegen den brillanten englischen Youngster Michael Smith. Hopp siegte in der Folge auch bei der Players Championship in Dublin im Endspiel gegen den Letten Madars Razma und kam bei der European Darts Championship 2018, der Darts-EM, ins Halbfinale. Hier musste er dem Engländer James Wade, vielfacher Major-Champion und Ex-Premier-League-Gewinner, knapp mit 10:11 den Endspieleinzug überlassen.
Gewinner der PDC-Jugend-WM 2015
Ein erheblicher Unterschied zwischen den kleineren Turnieren und einer Veranstaltung wie einem Major-Turnier oder gar der Premier League liegt in der Spielsituation. Bei den sogenannten Floor-Turnieren reiht sich auf ebener Erde Dartscheibe an Dartscheibe, Match an Match – beobachtet von nur jeweils wenigen Dutzend Zuschauern. Somit entsteht außer dem Druck, den sich jeder Spieler selbst macht, nur wenig äußerer Zwang zum Erfolg. Wenn überhaupt, werden nur Finals auf einer Bühne ausgespielt, vor Hunderten, ja Tausenden Beobachtern, Kameras, die das Spiel im Internet oder Fernsehen übertragen. Dafür braucht es starke Lampen, deren fast 50 Grad Celsius heiße Strahlen an Kondition und Konzentration der Präzisionssportler nagen.
Der frühe Max Hopp brach öfter auf der großen Bühne unter dem Gewinndruck, dem Spielen in Hitze und unter Adrenalin, förmlich zusammen, gab Matches noch scheinbar leichtfertig aus der Hand und brach darob manches Mal gar in Tränen aus. Da Hopp Darts seit jeher als Profi betreibt, eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann wieder abbrach, ist jede Niederlage ein empfindlicher Einnahmeverlust – nicht für ihn allein, sondern für die gesamte Familie. Christin Jahn, die Frau in seinem Leben, ist ebenfalls Darts-Spielerin, brachte einen Sohn mit in die Beziehung. Hopp ist viel auf Achse, bei Turnieren, kann dort seine ausgezeichneten Kenntnisse in fünf Sprachen anwenden. Im Vogtland aber findet er Ruhe von dem ganzen Trubel.
Und nun die große Chance, einen weiteren Entwicklungsschritt zu machen. Die Premier League der PDC ist ein Einladungsturnier an 16 Abenden und einem Finalevent. Die ersten vier der Weltrangliste, die eine Preisgeldrangliste ist, und sechs weitere Spieler mit Wildcards treten gegeneinander an. In der Saison 2019 hieß das geplante Teilnehmerfeld: Michael van Gerwen, Rob Cross, Peter Wright, Gary Anderson, Daryl Gurney, Michael Smith, Gerwyn Price, Mensur Suljović, James Wade und Raymond van Barneveld. Dann die unerwartete Wendung: Gary Anderson, Weltmeister von 2015 und 2016, musste kurz vor Ligastart aufgrund seiner chronischen Rückenbeschwerden zurückziehen. Was tun? Die PDC entschied sich dafür, in jeder Stadt einem sogenannten Contender anstelle Andersons gegen dessen vorgesehenen Kontrahenten eine Chance zu geben, sich zu präsentieren. In Berlin wird Max Hopp dieser Herausforderer sein. Die Ergebnisse gegen den Contender gehen in die Tabelle für die neun verbleibenden Spieler ein, der Contender selbst nimmt nur ein Preisgeld zwischen 2.500 und 5.000 britischen Pfund (circa 2.900 bis 5.800 Euro) mit, je nach Matchausgang. Insgesamt werden 825.000 Pfund (circa 960.000 Euro) ausgeschüttet, der Sieger nach 16 Wochen und dem Finalabend erhält 250.000 Pfund (circa 290.000 Euro).
Nervenstärke und Match-Härte gefunden
Im vorletzten der fünf Matches in Berlin wird der Österreicher Mensur Suljović, Typ liebenswerter Knuddelbär mit großem Kämpferherz und nach vielen Jahren in den Top Ten angekommen, gegen Michael Smith die ganze Halle hinter sich haben. Im letzten Jahr fuhr der Wiener in Berlin seinen ersten Premier-League-Sieg ein. Zum goldenen Abschluss bekommt es dann Max Hopp mit Raymond van Barneveld zu tun. Der fünffache Weltmeister (4x BDO, 1x PDC) wird mit der WM Anfang 2020 seine Karriere beenden. Die Fans des empfindsamen ehemaligen Postboten aus Den Haag bejubeln auf seiner Abschiedstournee, wie er seine Pfeile immer mit sehr viel Gefühl ins Board setzt. In den letzten Jahren litt er unter Diabetes und Konzentrationsschwächen, die ihn manches Match kosteten.
Die deutschen Fans werden also sicher gespalten sein in ihrer Unterstützung entweder für den aufstrebenden Contender aus Hessen, der im letzten Jahr endlich die nötige Nervenstärke und Matchhärte gefunden hat, oder aber dem „sentimental hero" aus den Niederlanden, dessen Fans, die „Barney Army", immer noch zu Höchstform auflaufen. Deutsche, die Österreichern und Niederländern zujubeln. Wie es auch ausgeht, ein großartiger Darts-Abend ist garantiert.